Die Kleinbürger (German Edition)
dem Publikum nichts.«
Da er sah, daß Phellion sich anschickte, Einwendungen zu machen, entschloß sich Thuillier, der Eile hatte, mit dem Provenzalen handgemein zu werden, energisch vorzugehen.
»Mein lieber Phellion,« sagte er daher, »ich bitte Sie sehr um Entschuldigung, daß wir nicht länger das Vergnügen Ihrer Unterhaltung genießen können, aber ich habe mit la Peyrade über einen sehr wichtigen Artikel zu sprechen, und bei den Journalisten vergeht die Zeit so verdammt schnell! Wenn es Ihnen recht ist, dann verschieben wir die Behandlung der Frage auf einen andern Tag ... Frau Phellion befindet sich doch wohl?«
»Ganz wohl«, erwiderte der große Mitbürger, der sich erhob, ohne über die Verabschiedung beleidigt zu sein. »Wann erscheint denn die erste Nummer?« fragte er. »Man wartet in unserem Bezirk schon sehnsüchtig darauf.«
»Ich denke, morgen,« sagte Thuillier indem er ihn hinausbegleitete; »es ist die höchste Zeit, denn mit diesem alten Vorrat von Makulatur, was wir im Journalistenstil ›Bären‹ nennen, würden wir die Abonnenten in die Flucht schlagen. Übrigens wird Ihnen die Zeitung zugeschickt werden; also auf baldiges Wiedersehn, nicht wahr? Bringen Sie uns nur jedenfalls das Manuskript; vielleicht ist la Peyrades Standpunkt ein wenig zu streng.«
Mit diesem Balsam auf der Wunde entfernte sich Phellion, und Thuillier klingelte nach dem Bureaudiener.
»Werden Sie den Herrn, der eben fortgegangen ist, wiedererkennen?« fragte Brigittes Bruder.
»Gewiß, Herr, dafür hat er ja einen genügend komischen Schädel; aber es ist ja Herr Phellion; ich habe ihm doch mehr als zweihundertmal die Tür geöffnet.«
»Also, wenn er wiederkommt, dann sind weder ich noch Herr de la Peyrade jemals anwesend. Denken Sie an diese Anordnung, sie gilt ganz streng; und jetzt lassen Sie uns allein.«
»Donnerwetter!« sagte la Peyrade, als die beiden Sozien allein waren, »wie du mit unbequemen Leuten umspringst! Sei aber etwas vorsichtig! Es könnten sich Wähler darunter befinden; jedenfalls hast du wohl getan, Phellion zu sagen, daß man ihm die Zeitung zuschicken wird, er ist ein Mann von Bedeutung in seinem Viertel.«
»Laß nur!« sagte Thuillier, »sollen wir uns von solchen Querköpfen, die kommen und uns ihre Mitarbeiterschaft anbieten, unsere Zeit stehlen lassen? Ich habe übrigens bei Phellion keine Ausrede gebraucht, wir haben tatsächlich miteinander zu reden, und zwar sehr ernsthaft: also nimm Platz und höre mir zu!«
»Weißt du, mein Lieber,« sagte la Peyrade, »der Journalismus gibt dir förmlich einen feierlichen Anstrich. ›Nimm Platz, Cinna!‹ Augustus hätte sich nicht anders ausdrücken können.«
»Leider sind die Cinnas,« sagte Thuillier, »weit mehr verbreitet, als man denkt.«
Er stand noch unter dem Eindruck des Entschlusses, den er mit Brigitte zusammen gefaßt hatte, und nahm sich vor, von beißender Ironie zu sein; der Kreisel befand sich noch in der schnellen Umdrehung, in die ihn der Peitschenschlag der alten Jungfer versetzt hatte.
La Peyrade setzte sich an den runden Tisch. Da er dauernd in Unruhe war, so ergriff er, um seine Haltung zu bewahren, eine der großen Scheren, deren sich die Redakteure aller Zeitungen zu gegenseitigen Anleihen bedienen, und fing an, ein Stück Papier zu zerschneiden, auf dem von Thuilliers Hand ein Artikel begonnen worden war, der nie fortgesetzt wurde.
Obwohl der Provenzale dasaß, fing Thuillier noch nicht an zu sprechen; er erhob sich und ging auf die halb offen gebliebene Tür zu, um sie zu schließen. Statt dessen aber wurde sie breit aufgemacht und Coffinet erschien wieder.
»Will der Herr,« sagte er zu la Peyrade, »zwei Damen empfangen, die ihn zu sprechen wünschen?«
»Was sind das für Damen?« fragte der Advokat. »Sehr fein angezogene Damen; sie sehen aus wie Mutter und Tochter; die Tochter, die ist nicht zu verachten.«
»Willst du, daß sie hier hinein geführt werden?« fragte la Peyrade Thuillier, »oder soll ich sie im Vorzimmer empfangen?«
»Da ihnen schon gesagt wurde, daß du da bist, mögen sie hereinkommen,« erwiderte Thuillier; »aber sieh zu, daß du sie schnell loswirst.«
Und der Besitzer des »Echos de la Bièvre« schickte sich an, die Hände auf dem Rücken, auf und ab zu gehen: er hatte dabei etwas Napoleonisches in seiner Gebärde.
Coffinets Urteil über die Toiletten der beiden Besucherinnen, die jetzt eintraten, bedurfte einer starken Einschränkung. Eine Frau ist noch nicht gut
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