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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Absichten, in diese furchtbaren Düsternisse durch den Augenschein volle Klarheit dringen zu lassen.
    »Sehen Sie nur, Doktor,« sagte inzwischen Lydia, während sie die Windeln abwickelte und die Nadeln, mit denen sie befestigt waren, in den Mund nahm, »wie sie zusehends abmagert!«
    La Peyrade vermochte nicht zu antworten; das Gesicht in sein Taschentuch vergraben, ließ er ein keuchendes Stöhnen vernehmen, das ihm nicht erlaubte, auch nur ein Wort zu sprechen.
    Da wurde sie von einer fieberhaften Ungeduld, einer Begleiterscheinung ihres Geisteszustands, ergriffen, und rief:
    »Aber sehen Sie sie doch an, Doktor!« Dabei faßte sie Theodosius so heftig am Arm, daß er genötigt war, ihr sein Gesicht zu zeigen ... »Oh, mein Gott«, stieß sie hervor, als sie den Provenzalen ansah.
    Und das Wäschebündel, das sie in den Armen gehalten hatte, fallen lassend, wich sie eiligst zurück. Ihr Blick wurde verstört, mit ihren weißen Händen faßte sie sich an die Stirn und ins Haar, daß es in Unordnung geriet, und schien in ihrem eingeschlummerten und widerstrebenden Gedächtnis angestrengt nach einer Erinnerung zu suchen. Dann näherte sie sich, wie ein scheues Pferd, das den Gegenstand, der es erschreckt hat, beschnuppert, langsam wieder und beugte sich halb vor, um das Gesicht des Provenzalen, das er gesenkt hielt und abzuwenden versuchte, genauer zu betrachten, und verweilte in bedrückendem Schweigen mehrere Sekunden bei dieser Prüfung. Plötzlich stieß sie einen furchtbaren Schrei aus, flüchtete in die Arme Corentins und preßte sich mit eiserner Gewalt an ihn:
    »Retten Sie mich! Retten Sie mich!« rief sie aus, »das ist er! Der Bösewicht, der Elende! Das ist er, der alles getan hat ...«
    Und mit ausgestrecktem Finger schien sie den jammervollen Gegenstand ihres Schreckens auf seinem Platze festzubannen.
    Nach diesem Ausbruch stammelte sie noch einige zusammenhangslose Worte, dann verschleierten sich ihre Augen; Corentin fühlte, wie alle ihre Muskeln, mit denen sie ihn wie mit einem Schraubstock an sich gepreßt hatte, nachgaben, und in seinen Armen hielt er die besinnungslos gewordene Lydia, ohne daß der fassungslose la Peyrade auch nur daran gedacht hätte, sich ihm zu nähern und ihm zu helfen, sie zu stützen und auf das Sofa zu legen.
    »Sie dürfen hier nicht bleiben«, sagte Corentin zu ihm. »Gehen Sie in mein Arbeitszimmer; ich komme gleich nach.«
    Und einige Minuten später, nachdem er die Kranke der Sorge Kates und Bruneaus überlassen und Perrache eiligst nach dem Doktor Bianchon geschickt hatte, fand sich Corentin bei la Peyrade ein.
    »Sie sehen, mein Herr,« sagte er feierlich, »daß ich, wenn ich mit einem gewissermaßen leidenschaftlichen Bemühen dem Gedanken an diese Heirat nachgegangen bin, den Absichten Gottes nachzukommen suchte.«
    »Mein Herr,« sagte la Peyrade zerknirscht, »ich muß in der Tat gestehen ...«
    »Das ist unnötig,« unterbrach ihn Corentin, »Sie brauchen mir nichts zu erklären, aber ich habe Ihnen vieles mitzuteilen. Der alte Peyrade, Ihr Onkel, hatte sich in der Hoffnung, für seine angebetete Tochter eine Mitgift zu gewinnen – was Sie, wenn Sie auf meinen Rat hören wollen, niemals tun sollten – in gefährliche Machenschaften von Privatgeschäften eingelassen. Hierbei traf er auf jenen Vautrin, von dem Sie gestern sprachen, der damals, wie es inzwischen geschehen ist, noch nicht von der Polizei in Anspruch genommen war. Ihr Onkel war bei aller seiner Gewandtheit doch nicht stark genug, einen Kampf gegen diesen Mann bestehen zu können, dem ja auch jedes Mittel recht war: Mord, Gift, Vergewaltigung. Um die Tatkraft Ihres Onkels lahmzulegen, wurde Lydia, wenn auch nicht entführt, so doch aus ihrer Wohnung in ein anscheinend anständiges Haus gelockt, wo sie zehn Tage lang eingeschlossen blieb, ohne sich allzusehr über ihre Gefangenschaft und die Abwesenheit ihres Vaters zu beunruhigen: man hatte sie zu überzeugen vermocht, daß alles auf seinen Befehl geschehe; und deshalb, mein Herr, sang sie auch, wie Sie sich erinnern werden!«
    »Oh«, stöhnte la Peyrade und bedeckte sein Gesicht mit den Händen.
    »Das unglückliche Mädchen,« fuhr Corentin fort, »sollte, wenn ihr Vater nicht binnen zehn Tagen das geforderte Lösegeld bezahlt hätte, eine entsetzliche Behandlung zu gewärtigen haben. Ein Narkotikum und ein junger Mann sollten dieselbe Rolle spielen, wie der Henker bei der Tochter Sejans ...«
    »Gnade, mein Herr, Gnade!« rief la

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