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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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erst mal auf die Probe stellen sollten, aber ich wußte, daß der Tag bald kommen würde, wo Sie mir Gerechtigkeit widerfahren lassen müßten. Bei diesem Herrn lassen die Schlechtigkeiten niemals lange auf sich warten.«
    »Gestatten Sie,« sagte Thuillier, »in dem Aufgeben der Heiratspläne vermag ich eine solche Schlechtigkeit nicht zu erblicken; die Sache hat sich gewissermaßen durch gütliche Vereinbarung erledigt.«
    »Und die Verlegenheit, in die er Sie bringen will,« entgegnete Cérizet, »wenn er jetzt plötzlich seine Chefredakteurstellung verläßt, und die Schuld, die er Ihnen aufgeladen hat, halten Sie das auch für eine Freundlichkeit?«
    »Herr Cérizet,« sagte Thuillier noch immer zurückhaltend, »ich habe einmal zu la Peyrade gesagt, daß es keinen unersetzlichen Menschen gibt, und wenn die Chefredaktion meiner Zeitung vakant werden sollte, so bin ich überzeugt, daß mir sofort sehr viele schleunigst ihre Dienste anbieten werden.«
    »Soll das für mich gesagt sein?« fragte Cérizet; »da kämen Sie an den Unrechten, denn wenn Sie mir die Ehre erweisen wollten, meine Mitarbeit zu wünschen, so wäre es mir unmöglich, darauf einzugehen. Der Journalismus ist mir schon seit langem verleidet; ich weiß nicht, wie ich mich von la Peyrade beschwatzen lassen konnte, es mit Ihnen noch einmal zu wagen, aber diese letzte Erfahrung ist ja auch keine angenehme gewesen, und ich habe mir gelobt, daß man mich niemals wieder dazu bringen würde; ich bin auch wegen einer ganz anderen Angelegenheit als einer Pressesache zu Ihnen gekommen.«
    »Ah«, ließ sich Thuillier vernehmen.
    »Ja,« begann Cérizet wieder; »da ich mich daran erinnerte, wie glatt Sie das Geschäft mit dem Hause, bei welcher Gelegenheit ich die Ehre hatte, von Ihnen empfangen zu werden, erledigt haben, so dachte ich, daß ich mich bei einer ähnlichen Sache, die ich augenblicklich an der Hand habe, an niemanden besser wenden könnte als an Sie. Aber ich pflege nicht so zu handeln wie la Peyrade. Ich werde Ihnen nicht erzählen, daß ich Ihr Mündel heiraten will, und daß ich das, was ich mache, aus Freundschaft und Ergebenheit für Sie tue. Es ist ein Geschäft, und zuerst will ich mir meinen Gewinnanteil sichern; dann glaube ich, daß das Fräulein die Verwaltung eines solchen Grundstücks als etwas recht Schwieriges erkannt haben wird, denn ich habe eben gesehen, daß alle Ihre Läden noch leer stehen. Nun, wenn sie dem Gedanken an eine Gesamtvermietung, den la Peyrade damals unterdrückt hat, nähertreten wollte, so könnte das bei unserer Gewinnverteilung in Rechnung gestellt werden. Das war der Anlaß für meinen Besuch, mein Herr; Sie sehen, daß die Zeitungsangelegenheit nicht das geringste damit zu tun hat.«
    »Aber zunächst muß man doch wissen,« sagte Brigitte, »was das für ein Geschäft ist.«
    »Es ist«, antwortete Cérizet, »gerade das Gegenteil dessen, das Sie mit la Peyrade gemacht haben. Sie haben dieses Haus beinahe umsonst bekommen, aber Sie sind durch den Höherbietungstermin beunruhigt worden. Heute handelt es sich nun um ein Pachtgut in der Beauce, das soeben für ein Butterbrot verkauft worden ist, und das Sie bei einer geringen Preiserhöhung unter fabelhaft günstigen Bedingungen an sich bringen könnten.«
    Und Cérizet setzte ihnen auseinander, in welcher Weise vorzugehen sei, und zwar mit allen Einzelheiten, auf die einzugehen der Leser uns erlassen wird, zumal ihn das allem Anschein nach weniger interessieren dürfte als Brigitte. Die Auseinandersetzung war recht klar und deutlich, sie machte einen sehr starken Eindruck auf die alte Jungfer; und selbst Thuillier mußte, trotz seines vorsichtigen Mißtrauens, zugestehen, daß das vorgeschlagene Geschäft anscheinend eine sehr gute Spekulation war.
    »Nur muß man sich die Sache erst ansehen«, sagte Brigitte.
    Man wird sich erinnern, daß sie auch bei dem Hausgeschäft la Peyrade gegenüber sich auf nichts einlassen wollte, bevor sie nicht an Ort und Stelle gewesen war.
    »Nichts leichter als das,« sagte Cérizet, »ich selbst muß mich auch von der Sache, falls wir gemeinsam darauf eingehen wollen, überzeugen; ich hatte die Absicht, in diesen Tagen einen kleinen Ausflug dorthin zu machen; wenn Sie wollen, fahre ich sofort mit einem Postwagen bei Ihnen vor; morgen ganz früh sind wir dort, sehen es uns an, frühstücken und können morgen abend zur Essenszeit wieder hier sein.«
    »Aber die Post,« sagte Brigitte, »das ist etwas für die

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