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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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seinem Bezirk dreißig Stimmen und unterzeichnete für sieben Wähler, die nur ein Kreuz machen konnten. Am 30. April wurde Thuillier zum Mitgliede des Generalrats des Seinedepartements mit imposanter Majorität gewählt; es fehlten nur sechzig Stimmen zur einstimmigen Wahl. Am 1. Mai begab sich Thuillier mit den städtischen Körperschaften in die Tuilerien, um dem Könige die Geburtstagsglückwünsche darzubringen und kehrte strahlend heim! Er war unmittelbar hinter Minard vorgelassen worden.
    Zehn Tage später kündigten gelbe Anklebezettel die freiwillige Versteigerung des Hauses an, das zum Preise von fünfzigtausend Franken angesetzt war; der endgültige Zuschlag sollte gegen Ende Juli erfolgen. In bezug darauf wurde zwischen Claparon und Cérizet ein Abkommen getroffen, wonach Cérizet Claparon eine Summe von fünfzehntausend Franken zusicherte, aber, wohlverstanden, nur mündlich, wenn es ihm gelänge, den Advokaten bis über die für das Höherbieten gesetzte Frist hinaus hinzuhalten. Fräulein Thuillier, von Theodosius darüber verständigt, erklärte zu dieser geheimen Klausel unbedenklich ihr Einverständnis, da sie einsah, daß man die Helfer bei einer so nützlichen verräterischen Handlung entschädigen müsse. Das Geld sollte durch die Hände des würdigen Advokaten gehen. Mitten in der Nacht hatte Claparon auf der Place de l'Observatoire eine Zusammenkunft mit seinen Spießgesellen, dem Notar, dessen Amt, obgleich es nach der Entscheidung der Disziplinarkammer der Pariser Notare verkauft werden sollte, noch nicht zum Verkauf gelangt war.
    Dieser junge Mensch, der Nachfolger von Leopold Hannequin, hatte ein Vermögen, statt Schritt für Schritt, im Sturm erwerben wollen; da er noch andere Aussichten hatte, mußte er jeden Anstoß vermeiden. Bei der Besprechung war er mit seinen Ansprüchen bis auf zehntausend Franken heruntergegangen, um sich bei dieser unsauberen Angelegenheit in Sicherheit zu bringen: Claparon sollte er sie erst übergeben, nachdem der Erwerber des Grundstücks einen Revers ausgestellt hatte. Der Notar wußte, daß dieser Betrag das einzige Kapital darstellte, mit dem Claparon wieder zu Vermögen gelangen hoffte, und er hielt sich deshalb für sicher vor ihm.
    »Wer in ganz Paris könnte mir eine solche Provision bei einem derartigen Geschäft zahlen?« sagte Claparon zu ihm mit gespielter Harmlosigkeit. »Sie können ganz beruhigt schlafen; der nominelle Steigerer wird einer von diesen Ehrenmännern sein, die zu dumm sind, um solche Absichten dabei zu haben, wie Sie ... Es ist ein alter pensionierter Beamter; Sie werden ihm das Geld zum Bezahlen geben, und er wird Ihnen einen Revers ausstellen.«
    Als der Notar Claparon klargemacht hatte, daß er die zehntausend Franken von ihm nicht bekommen könne, bot Cérizet seinem früheren Genossen zwölftausend Franken und verlangte dann von Theodosius fünfzehntausend, wobei er sich vorbehielt, Claparon jedenfalls nur zwölftausend zu geben. Alle Verhandlung zwischen den Vieren wurden mit den schönsten Versicherungen der Freundschaft und der Ehrlichkeit ausgeschmückt und darüber, daß Leute, die zusammenarbeiten und künftig sich wieder zusammenfinden müßten, einander das schuldig wären. Während dieser unterirdischen Bemühungen zu Gunsten Thuilliers, den Theodosius darüber auf dem laufenden erhielt, wobei er seinen Abscheu bezeigte, daß er sich mit so unsauberen Machenschaften befassen müsse, dachten die beiden Freunde über das Werk nach, das »Freundchen« publizieren sollte, und das Mitglied des Generalrates des Seinedepartements gewann die Überzeugung, daß es nie etwas werden könne ohne die Unterstützung dieses genialen Mannes, dessen Geist er bewundern mußte, und dessen Gefälligkeit ihn täglich so in Erstaunen setzte, daß er die Notwendigkeit einsah, ihn zu seinem Schwiegersohn zu machen. Daher speiste seit dem Monat Mai Theodosius einmal in der Woche bei seinem »Freundchen«.

Theodosius beherrschte jetzt die Familie ohne Widerspruch; und auch die Freunde des Hauses hatten nichts gegen ihn einzuwenden. Man wird gleich sehen, weshalb. Die Phellions, die von Brigitte und Thuillier ein Loblied auf Theodosius singen hörten, fürchteten, diese beiden mächtigen Persönlichkeiten zu verstimmen, und stimmten daher mit ein, selbst wenn diese ewigen Lobgesänge ihnen unangenehm waren oder übertrieben schienen. Ebenso verhielt es sich mit der Familie Minard. Übrigens war das Benehmen La Peyrades, der »Hausfreund«

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