Die Kleinbürger (German Edition)
dir in dieser Sphäre eine Protektion zu sichern.« »Dann will ich dir meine Bedingungen nennen, über die ich aber keine Diskussion dulde; es heißt hier: annehmen oder ablehnen. Du wirst dafür sorgen, daß ich das Haus Thuilliers als Gesamtmieter bekomme, mit einem Mietkontrakt auf achtzehn Jahre, dann gebe ich dir einen der fünf Wechsel quittiert zurück. Ich werde dir dann nicht mehr in den Weg treten und du sollst wegen der andern vier Wechsel nur mit Dutocq zu tun haben ... Und wenn es dir gelungen ist, mich hineinzulegen ... Dutocq kann sich mit dir nicht messen ...«
»Ich akzeptiere das, wenn du einen Mietzins von achtundvierzigtausend Franken zahlen willst, das letzte Jahr pränumerando, und wenn der Kontrakt am nächsten Oktober in Kraft tritt.«
»Ja, aber ich gebe nur dreiundvierzigtausend Franken bar, dein Wechsel wird die achtundvierzig vollmachen. Ich habe das Haus gesehen und genau geprüft, es gefällt mir.«
»Eine letzte Bedingung,« sagte Theodosius, »wirst du mir gegen Dutocq helfen?«
»Nein,« antwortete Cérizet, »du wirst ihm schon genügend einheizen, ich brauche ihm nicht auch noch den letzten Stoß zu versetzen: er würde dann alle seine Brühe von sich geben. Man muß vernünftig sein. Der arme Kerl weiß noch nicht, womit er die letzten fünfzehntausend Franken, die er noch für seine Stelle schuldet, bezahlen soll, und du könntest sehr zufrieden sein, wenn du dir mit diesen fünfzehntausend Franken deine Wechsel zurückkaufen kannst.«
»Schön, dann laß mir zwei Wochen Zeit, daß ich dir den Mietkontrakt verschaffe ...«
»Nicht länger als bis nächsten Montag! Am Dienstag ist dein Wechsel über fünftausend Franken in Louchards Händen, wenn du ihn nicht am Montag einlösest, oder Thuillier mir das Haus vermietet.«
»Also schön, am Montag! ...« sagte Theodosius.
»Sind wir wieder Freunde? ...«
»Montag werden wir es sein«, antwortete Cérizet.
»Also gut, Montag; wirst du mich zum Essen einladen?« sagte Theodosius lachend.
»Wenn ich den Kontrakt bekomme, ja, in den ›Rocher de Cancale‹. Dutocq wird auch dabei sein ... wir wollen lustig sein ... Es ist recht lange her, daß ich mal vergnügt gewesen bin ...«
Theodosius und Cérizet reichten sich die Hand und sagten beide:
»Also auf baldiges Wiedersehn!«
Cérizet hatte seine Gründe, warum er sich so schnell beruhigt hatte. Zunächst deshalb, weil, wie Desroches gesagt hatte, »Galle die Geschäfte nicht erleichtert«, und der Wucherer hatte die Richtigkeit dieses Ausspruchs zu klar eingesehen, als daß er nicht den kühlen Entschluß gefaßt hätte, aus seiner Lage Nutzen zu ziehen und den schlauen Provenzalen, wie der Fachausdruck lautet, »zu quälen«.
»Sie haben Revanche zu nehmen«, sagte Desroches zu ihm. »Sie haben den Mann ja in der Hand ... Sie können ihn auspressen.«
Cérizet hatte seit zehn Jahren beobachtet, wie verschiedene Leute bei dem Beruf eines Gesamtmieters reich geworden waren. Ein Gesamtmieter ist für die Hausbesitzer in Paris dasselbe wie der Pächter für die Gutsbesitzer. Ganz Paris weiß, wie einer der berühmtesten Schneider für seine Rechnung auf dem schönen Terrain von Frascati ein prachtvolles Haus gebaut und als Gesamtmieter fünfzigtausend Franken Miete für das Haus gezahlt hat, das dann nach Ablauf des auf neunzehn Jahre geschlossenen Mietvertrages Eigentum des Terrainbesitzers werden sollte. Trotz der Baukosten, die ungefähr siebenhunderttausend Franken betrugen, wird nach Ablauf der Mietzeit noch ein sehr schöner Nutzen übrig bleiben.
Cérizet, immer auf der Lauer nach derartigen Geschäften, hatte die Chancen, die ihm das Mieten des von Thuillier »gestohlenen« Hauses, wie er sich zu Desroches ausdrückte, genau ausgerechnet und festgestellt, daß er aus der Weitervermietung nach sechs Jahren sechzigtausend Franken herausholen könne. Das Haus hatte vier Läden, an beiden Fassaden – es lag an der Boulevardecke – je zwei.
Cérizet rechnete darauf, zwölf Jahre lang wenigstens tausend Franken jährlich dabei zu verdienen, nicht gerechnet eventuelle Nebeneinnahmen, Provisionen bei jeder Neuvermietung der Geschäftsläden, wobei er diesen Mietern zunächst nur einen Kontrakt auf sechs Jahre zu bewilligen gedachte. Er beabsichtigte deshalb, sein Wuchergeschäft an die Witwe Poiret und Cadenet für etwa zwölf tausend Franken zu verkaufen; sein Vermögen betrug jetzt dreißigtausend, er war also imstande, ein Jahr Miete vorauszubezahlen, was die
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