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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Hauseigentümer bei Gesamtvermietungen als Sicherheit zu verlangen pflegen. Cérizet hatte daher eine sehr frohe Nacht verbracht; er hatte einen schönen Traum gehabt, er sah sich auf dem besten Wege, einen anständigen Beruf ergreifen zu können, und ein ehrsamer Bürger, wie Thuillier, Minard und so viele andere, zu werden.
    Er verzichtete deshalb auf den Erwerb des im Bau befindlichen Hauses in der Rue Geoffroy-Marie. Aber beim Erwachen bot sich ihm ein Anblick, auf den er nicht gerüstet war; vor ihm stand das Glück, das seine goldenen Füllhörner über ihn ausschüttete, und zwar in der Gestalt der Frau Cardinal.
    Er hatte immer eine Vorliebe für dieses Weib gehabt und ihr immer, besonders im letzten Jahre, das erforderliche Geld versprochen, um sich einen Esel und einen kleinen Wagen anzuschaffen, ihr Geschäft en gros zu betreiben und auch in die Vororte gehen zu können. Frau Cardinal, die Witwe eines Lastträgers der Markthallen, hatte eine einzige Tochter, deren Schönheit Cérizet von den andern Klatschweibern gerühmt worden war. Olympia Cardinal war ungefähr dreizehn Jahr alt, als Cérizet im Jahre 1837 sein Wuchergeschäft in dem Viertel anfing, und mit den niederträchtigen Hintergedanken eines Wüstlings erwies er der Cardinal besondere Aufmerksamkeiten; er hatte sie aus der größten Armut gezogen, in der Hoffnung, Olympia zu seiner Mätresse zu machen; im Jahre 1838 aber hatte die Tochter ihre Mutter verlassen und führte ein »vergnügtes Leben«, um einen Ausdruck zu gebrauchen, mit dem das Pariser Volk den Mißbrauch der kostbaren Gaben bezeichnet, mit denen die Natur die Jugend beschenkt hat.
    Ein Mädchen in Paris suchen, das bedeutet dasselbe, wie einen Stichling in der Seine suchen wollen; nur ein Zufall kann ihn ins Fischernetz führen. Dieser Zufall hatte sich hier ereignet. Mutter Cardinal, die eine Nachbarin freihalten wollte, hatte sie ins Theater Bobino mitgenommen; da erkannte sie in der jugendlichen Liebhaberin ihre Tochter, die der erste Komiker seit drei Jahren in seiner Gewalt hatte. Die Mutter hatte sich zuerst ziemlich geschmeichelt gefühlt, als sie ihre Erbin in einem schönen golddurchwirkten Kleide, mit einem Kopfputz wie eine Herzogin, in durchbrochenen Strümpfen und seidenen Schuhen erblickte, und hörte, wie sie gleich bei ihrem Erscheinen mit Beifall begrüßt wurde; dann aber hatte sie ihr von ihrem Platze aus zugerufen:
    »Na warte, du sollst von mir zu hören bekommen, du Muttermörderin! ... Ich will doch mal sehen, ob diese schmierige Komödiantenbande das Recht hat, sechzehnjährige Mädchen zu verführen.«
    Sie wollte ihre Tochter am Ausgang abwarten, aber die jugendliche Liebhaberin und der erste Komiker waren jedenfalls in den Zuschauerraum geflüchtet und hatten mit der Masse des Publikums das Theater verlassen, statt den Schauspielerausgang zu benutzen, vor dem die Witwe Cardinal und die Mutter Mahoudeau, ihre liebe Freundin, einen Höllenlärm machten, den die beiden Polizisten zu beruhigen versuchten. Diese heilsame Institution, vor der die beiden Weiber ihre Stimme mäßigten, machte der Mutter bemerklich, daß ein Mädchen mit sechzehn Jahren beim Theater engagiert werden darf, und daß sie, statt an der Tür gegen den Direktor zu zetern, ihn ja nach Belieben vor dem Friedens- oder dem Zuchtpolizeigericht belangen könne.
    Am nächsten Morgen beschloß Frau Cardinal, Cérizets Rat einzuholen, da er ja auf dem Friedensgericht beschäftigt war; bevor sie sich aber in seine Höhle in der Rue des Poules begab, war sie von einer Nachricht wie vor den Kopf geschlagen, die ihr der Portier des Hauses, in dem der alte Toupillier, ihr Onkel, wohnte, gebracht hatte, der ihr erzählte, daß dieser Mann keine zwei Tage zu leben habe und in den letzten Zügen liege.
    »Nun, und was soll ich dabei tun?« hatte die Witwe Cardinal geantwortet.
    »Wir zählen auf Sie, liebe Frau Cardinal; Sie werden an uns denken, die wir Ihnen diese gute Nachricht gebracht haben. Die Sache verhält sich so: in der letzten Zeit konnte Ihr Onkel nicht mehr gehen und hat mir das Vertrauen geschenkt, die Mieten in seinem Hause, in der Rue Notre-Dame de Nazareth für ihn einzuziehen und die Zinsen seines Kapitals, das er ins Staatsschuldbuch eingetragen hat, einzukassieren, achtzehnhundert Franken.. .«
    Bei diesen Worten vergrößerten sich die Augen der Witwe Cardinal, und ihr unsteter Blick wurde starr.
    »Jawohl, meine Gute,« hatte der Herr Perrache, der kleine bucklige Portier weiter

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