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Die kleine Hexe

Die kleine Hexe

Titel: Die kleine Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otfried Preußler
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sagte: „Dass ich erbärmlich gefroren habe, will ich ja nicht bestreiten. Aber ich sage dir: Schön war es trotzdem!"
    Sie setzte sich auf die Ofenbank und begann zu erzählen.
    Der Rabe Abraxas hörte ihr schweigend zu.
    Erst nach der Geschichte mit dem Maronimann unterbrach er sie und warf ein:
    „Also weißt du, allmählich verstehe ich überhaupt nichts mehr! Diesem Maronimann hilfst du mit deiner Hexerei gegen die Kälte, aber dir selbst hast du nicht geholfen? Was soll man da als vernünftiger Rabe sagen?"
    „Wie meinst du das?", fragte die kleine Hexe.
    „Wie werde ich das schon meinen! Wenn ich du wäre und hexen könnte, dann brauchte ich ganz gewiss keinen Kräutertee, um mich aufzuwärmen! Ich würde es gar nicht erst so weit kommen lassen!"
    „Aber ich habe doch alles getan, was ich tun konnte!", sagte die kleine Hexe, „Ich habe mir zwei Paar Fäustlinge angezogen, die Winterstiefel, das wollene Kopftuch und sieben Röcke ..."
    „Ach was!", rief Abraxas. „Ich wüsste ein Mittel gegen den Frost, das ist besser als sieben Röcke!"
    „Besser als sieben Röcke?"
    „Viel besser! So wahr ich ein Rabe bin und Abraxas heiße!"
    Die kleine Hexe verstand ihn noch immer nicht. „Sag mir", bat sie ihn, „was ich nach deiner Meinung versäumt habe. Aber du musst es schon deutlicher sagen und darfst nicht immer in Rätseln sprechen. "
    „Spreche ich etwa in Rätseln?", fragte Abraxas. „Die Sache ist doch so klar wie nur was! Wenn du hexen kannst, dass der Maronimann nicht zu frieren braucht - warum kannst du dann, bitte sehr, nicht das Gleiche für dich hexen?"

    „Ach!", rief die kleine Hexe und fasste sich an die Stirn, „das ist wahr! Wie kommt es nur, dass mir das nicht schon früher eingefallen ist? Du hast recht! Wozu bin ich denn eigentlich eine Hexe?"
    „Eben, eben", stimmte Abraxas zu. „Manchmal scheinst du es ganz zu vergessen. Nur gut, dass du
    jemanden hast, der dich ab und zu wieder daran erinnert!"
    Die kleine Hexe nickte zu diesen Worten eifrig und sagte: „Ja, ja, du bist wirklich der weiseste Rabe, der jemals aus einem Ei geschlüpft ist! Selbstverständlich werde ich deinen Rat auf der Stelle befolgen. Und wenn es dir recht ist, so will ich auch dich mit dem Hexenspruch gegen die Kälte besprechen, damit du in Zukunft nicht mehr daheim bleiben musst, wenn ich ausreite."
    „Einverstanden!", sagte Abraxas, „du darfst ruhig auch mir einmal etwas Gutes tun!"
    Da hexte die kleine Hexe, dass sie und der Rabe nicht mehr zu frieren brauchten. Von nun an konnten sie auch bei der grimmigsten Kälte spazieren reiten, ohne dass sie vom Frost etwas spürten. Sie brauchten sich weder besonders dick anzuziehen, noch hatten sie hinterher einen Kräutertee nötig.
    Und Schnupfen bekamen sie auch nicht, obwohl sie von jetzt an fast jeden Tag unterwegs waren.

Schneemann, Schneemann, braver Mann!
    Es war ein schöner, sonniger Wintertag. Der Himmel erstrahlte in klarem Blau. Der Schnee leuchtete weiß und rein wie ein frisch gewaschenes Leintuch. Die kleine Hexe saß mit dem Raben Abraxas am Waldrand und sonnte sich. Auf einmal vernahmen sie Kinderstimmen und fröhlichen Lärm in der Nähe. Die kleine Hexe schickte den Raben Abraxas aus, dass er nachsehe, was es da gäbe. Als er nach einer Weile zurückkehrte, sagte er: „Ein paar Kinder sind es, so kleine Stöpsel von sechs oder sieben Jahren. Die bauen sich auf der Wiese, hinter den Hecken dort, einen Schneemann."
    „Den muss ich mir ansehen!", sagte die kleine Hexe. Und weil es ja bis zu der Wiese hinter den Hecken nicht weit war, ging sie zu Fuß hin.
    Der Schneemann war eben fertig geworden. Er trug im Gesicht eine lange Mohrrübennase und Augen aus Kohlenstückchen. Sein Hut war ein alter, verbeulter Kochtopf. In der rechten Hand hielt er stolz einen Reisigbesen.
    Die Kinder bemerkten die kleine Hexe nicht, als sie hinter der Hecke hervortrat. Sie hielten sich an den Händen gefasst und umtanzten den Schneemann.

    Sie hüpften dabei von einem Bein auf das andere. Dazu sangen sie:
    „ Schneemann, Schneemann, braver Mann, hast ein weißes Röcklein an! Trägst auf deinem dicken Kopf einen alten Suppentopf! Rübennase im Gesicht -Schneemann, Schneemann, friert dich nicht?"
    Die kleine Hexe freute sich über den prächtigen Schneemann und über die Kinder. Am liebsten hätte sie mitgetanzt.
    Aber da kamen mit einem Mal aus dem nahen Wald ein paar große Jungen hervorgestürmt, sieben an der Zahl. Die stürzten sich mit Geschrei auf den

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