Die kleine Hexe
Schneemann und warfen ihn um. Den Suppentopf traten sie mit den Füßen. Den Besenstiel brachen sie mitten entzwei. Und den Kindern, die eben noch fröhlich getanzt hatten, rieben sie die Gesichter mit Schnee ein.
Wer weiß, was sie sonst noch mit ihnen getrieben hätten, wenn nicht die kleine Hexe dazwischenge-fahren wäre.
„He!", rief sie zornig den Bengeln zu. „Wollt ihr die Kinder in Ruhe lassen! Ich verhaue euch mit dem Besen, wenn ihr nicht aufhört!"
Da liefen die großen Jungen davon. Aber der schöne Schneemann war hin. Darüber waren die Kinder sehr traurig und ließen die Köpfe hängen. Das konnte die kleine Hexe verstehen. Sie wollte die Kinder trösten und riet ihnen: „Baut euch doch einen neuen Schneemann! Was meint ihr?"
Da sagten die Kinder: „Ach, wenn wir uns einen neuen Schneemann bauen, dann werden die großen Jungen den neuen Schneemann auch wieder um-werfen. Und außerdem haben wir keinen Besen mehr, den haben sie ja entzweigebrochen!"
„Ich glaube, das hat nur so ausgesehen", sagte die kleine Hexe und bückte sich nach dem zerbrochenen Besen. „Da - schaut ihn euch an!"
Sie zeigte den Kindern den Besen. Da sahen sie, dass er ganz war.
„Baut ihr nur ruhig!", machte die kleine Hexe den Kindern Mut. „Ihr braucht vor den großen Jungen keine Angst zu haben! Wenn sie noch einmal wiederkommen, dann werden sie ihren Lohn kriegen. Verlasst euch darauf!"
Die Kinder ließen sich überreden, sie bauten nun doch einen neuen Schneemann. Der wurde sogar noch viel schöner und stattlicher als der erste, denn diesmal half auch die kleine Hexe mit.
Als aber der neue Schneemann fertig war, dauerte es gar nicht lang und wieder kamen die sieben Bengel mit lautem Geschrei aus dem Wald gestürmt. Da erschraken die Kinder und wollten davonlaufen.
„Bleibt!", rief die kleine Hexe, „und seht, was geschehen wird!"
Was geschah, als die sieben heranstürmten?
Plötzlich begann sich der neue Schneemann zu regen. Er schwang seinen Reisigbesen wie eine Keule und wandte sich gegen die großen Jungen.
Dem ersten haute er eins mit dem Besenstiel über die Pudelmütze. Dem zweiten versetzte er mit der linken Hand einen saftigen Nasenstüber. Den dritten und den vierten nahm er beim Wickel und stieß sie so ungestüm mit den Köpfen zusammen, dass es nur so rumste. Den fünften schleuderte er gegen den sechsten, dass beide der Länge nach hinfielen und auch den siebenten noch mit umrissen.
Als sie nun alle dalagen, packte der Schneemann den Besen und fegte damit einen hohen Schneehaufen über den Kerlen zusammen. Das hatten sie nicht erwartet! Sie wollten um Hilfe rufen, aber sie schluckten dabei nur Schnee. Verzweifelt zappelten sie mit Armen und Beinen. Als sie sich endlich mit vieler Mühe freigestrampelt hatten, suchten sie entsetzt das Weite.
Der Schneemann ging seelenruhig an seinen Platz zurück und erstarrte wieder. Da stand er nun, als ob gar nichts geschehen wäre.
Die Kinder jubelten, weil die großen Jungen nun ganz gewiss nie mehr kommen würden - und die kleine Hexe lachte über den gelungenen Streich so laut, dass ihr die Tränen in die Augen traten und der Rabe Abraxas erschrocken ausrief: „Aufhören, aufhören, sonst platzt du!"
Wollen wir wetten?
Wie kamen die beiden Negerlein auf die verschneite Dorfstraße? Und seit wann gab es Türken und Indianer in dieser Gegend? Türken mit roten Mützen und weiten Pluderhosen - und Indianer, die gräulich bemalte Gesichter hatten und lange Speere über den Köpfen schwangen?
„Sie werden vom Zirkus sein", meinte der Rabe Abraxas.
Aber die beiden Negerlein waren nicht vom Zirkus und ebenso wenig die Türken und Indianer. Auch die kleinen Chinesinnen und der Menschenfresser, die Eskimofrauen, der Wüstenscheich und der Hottentottenhäuptling stammten nicht aus der Schaubude. Nein, es war Fastnacht im Dorf! Und weil Fastnacht war, hatten die Kinder am Nachmittag schulfrei bekommen und tollten verkleidet über den Dorfplatz.
Die kleinen Türken warfen Papierschlangen. Der Hottentottenhäuptling brüllte: „Uaaah! Uaah!" Der Menschenfresser schrie: „Hungärrr! Hungärrr! Wer will sich frrressen lassen?" Die Chinesenmädchen kreischten auf Chinesisch, die Eskimofrauen quietschten in der Eskimosprache und die Cowboys schössen mit Stöpselpistolen in die Luft. Der Schornsteinfeger schwenkte seinen Pappzylinder, der Kas-perl haute dem Wüstenscheich mit der Pritsche eins auf den Turban und der Räuberhauptmann Jaromir schnitt so
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