Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)
Elvira erfährt. Er, niemand sonst, habe ihr, allerdings spaßeshalber , wie er betont, dazu geraten, sich als ihr Mann zu verkleiden. Das sei nicht ernst gemeint gewesen, wie er überhaupt, zu seiner tiefsten Zerknirschung, die ganze Angelegenheit nicht so bierernst genommen habe. Er bitte um Vergebung, er sei nun mal ein verrückter Hund, der manchmal nicht wisse, was er tue.
GP an Alfredo Vandini,
3. März 1909
Ich bin extrem traurig, und im Moment kann keine Rede davon sein, die Arbeit wieder aufzunehmen, alles langweilt mich, nichts interessiert mich. Ich habe erfahren, daß es Caselli war, der meiner Frau geraten hat, sich zu verkleiden, um mir nachzustellen!!! Das ist grandios, was?
Erstaunlicherweise kommt es zu keinem endgültigen Zerwürfnis mit Caselli, seinem jahrzehntelang beinahe brüderlichen Freund. Sofern es nicht um Angriffe gegen seine Kunst geht, ist Puccini in den meisten Fällen schnell bereit zu verzeihen.
GP an Sybil, aus Torre del Lago, 3. März 1909
Meine Frau ist in Mailand, Tonio ist hier bei mir. Ich bin unfähig zu arbeiten. Vielleicht werde ich nie wieder arbeiten. Ich glaube, mein Leben ist zu Ende, vorüber. Ich möchte nur sterben. Welch schreckliche Dinge sind passiert, welche Grausamkeiten wurden begangen! Auch Elvira verdient Mitleid, denn der Hauptfehler war nicht ihrer, sondern der ihrer Entourage .
Giacomo ist nahe daran, Sybil die ganze Wahrheit (Fosca/Giulia) zu gestehen. Diesmal, angesichts einer Toten, schreckt er davor zurück. Sybil merkt natürlich, daß ihr etwas vorenthalten wird, aber ihr Taktgefühl läßt sie vor aufdringlichen Nachfragen zurückscheuen.
Illica macht ihm den Vorschlag, doch das Weite zu suchen, im denkbar wörtlichsten Sinn, und nach Amerika zu fahren, um dort die Fanciulla fertigzukomponieren, das sei doch eigentlich der logische Ausweg.
Es ist, aus rein künstlerischer Sicht, ein sehr vernünftiger Vorschlag, aber GP bringt es nicht fertig, seine Familie sich selbst zu überlassen.
GP an Sybil, 6. März 1909
Ich kann nicht mehr arbeiten! Ich bin von Dämonen gefoltert und mutlos! Meine Nächte sind entsetzlich; ich weine – und bin ver-zweifelt. Immer sehe ich das arme Opfer vor mir. Das Schicksal des armen Kindes war zu grausam, sie hat sich selbst getötet, weil sie die unablässigen Verleumdungen (…) nicht mehr ertragen konnte. Wie kann Elvira behaupten, sie habe mich mit ihr in flagranti überrascht – das ist die gemeinste Lüge von allen! Ich möchte den sehen, der behaupten kann, ich hätte mit Doria auch nur die unschuldigste Zärtlichkeit getauscht! Man hat sie so sehr gequält, daß sie lieber gestorben ist – und dabei waren ihre Stärke und ihr Mut groß. Wenn Elvira auch nur ein wenig Gefühl besitzt, muß sie Reue empfinden! Verzeihen Sie mir, daß ich dauernd von denselben Dingen rede.
GP an Sybil, 10. März 1909
Ich liege seit vier Tagen mit Influenza im Bett, aber heute geht es mir etwas besser. Zwei meiner Schwestern kümmern sich um mich. Tonio war hier, ist dann nach Mailand gefahren, weil es Elvira nicht gutgeht, er kommt morgen zurück. Man sagt, Elvira sei in sehr schlechter Verfassung. Das tut mir leid, aber es wird sich bessern. Ich halte an meinem Vorschlag der Trennung fest. Es muß keine Trennung für immer sein, aber für jetzt muß man auf der Bestrafung bestehen.
Tonio ist längst noch nicht von der Unschuld seines Vaters überzeugt. Immerhin sieht er die Angelegenheit leidlich pragmatisch. Man solle die Tote ruhen lassen und die Lebenden unterstützen. Mit aller Kraft versucht er die Eltern zu einem Übereinkommen zu bewegen. Er beschwört den Vater, im Sinne der Familie zu handeln.
Du mußt meiner Mutter helfen.
Deiner Mutter kann niemand mehr helfen. Sie hat eine tragische Seele.
Du kannst sie doch nicht ins Gefängnis gehen lassen!
Es ist mir ganz egal, wo sie hingeht. Nur weit weg.
Dann gehe ich auch!
GP überredet ihn nicht etwa zu bleiben. Tonios entschiedenes Eintreten für die Mutter empfindet er als illoyal, wenn nicht gar als Erpressung.
Auf eine zaghafte Annäherung Elviras reagiert er brüsk. Er habe seinen Anwalt Carlo Nasi damit beauftragt, die Trennung in die Wege zu leiten. Es könne kein Zusammenleben mehr geben, noch könne er ihr je verzeihen: Eine Leiche steht zwischen uns .
Elvira hat ihrerseits Carlo Nasi gebeten, als ihr Anwalt zu fungieren. Er bedauert, in dieser Sache nicht zwei Parteien dienlich sein zu können, und empfiehlt Elvira einen anderen Advokaten, von
Weitere Kostenlose Bücher