Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)
dem er allerdings weiß, daß dieser ein glühender Verehrer Puccinis ist. Was den Prozeß gegen die Manfredis betrifft, sagt er ihr seine Unterstützung zu, natürlich erst, nachdem er GP um Erlaubnis gefragt hat. Leider wird Elvira diesem so fähigen Anwalt nicht immer trauen, unterstellt ihm, vielleicht nicht zu Unrecht, Giacomos Interessen mehr als ihre zu verfolgen.
GP an Ramelde, Mitte März 1909
Liebe Ramelde,
ja, ich bin allein, traurig und ohne Zuversicht. Elvira handelt wie eine bösartige und unheilbare Geisteskranke. Tonio, den hat sie auf ihrer Seite. Sie wechselt ständig ihre Anwälte, und ich muß das alles bezahlen. Sie hat alle mit ihren falschen Überzeugungen angesteckt, und mir glaubt fast niemand mehr. Ich überlege sogar, aus Torre wegzuziehen. Ach! Als Du mir vor Jahren geschrieben hast, diese Frau würde einmal mein Ruin sein, hattest Du so recht.
GP an Sybil, 15. März 1909
Ich bin immer noch im Bett, aber diesen Nachmittag habe ich vor aufzustehen. Was man Berthe erzählt hat – daß Doria vor Jahren Arsenlösung geschluckt haben soll, weil ich sie getadelt hätte – ist unwahr, ich denke, ich hätte davon schon einmal gehört haben müssen. Egal, es ist eine der üblichen Lügen, um die Wahrheit zu verschleiern … Ich bin inzwischen nicht mehr ganz so traurig, vielleicht werde ich bald meine vernachlässigte Arbeit wieder aufnehmen können, aber ich weiß nicht, ob ich in Torre bleiben soll. Es ist sicher, daß Elvira nicht herkommen kann, von dieser Seite her habe ich meinen Frieden, aber werde ich es ertragen, allein zu sein? Wir werden sehen. Wenn es nicht um meine Arbeit ginge, würde ich Ihre Nähe suchen – aber ich kann in einem Hotel nicht arbeiten.
Wiederum an Sybil schreibt er aus Mailand (wo er im Hotel de Ville wohnt) am 20. März 1909 , Elvira solle sehr abgemagert sein, daß sie elend und unglücklich sei, aber daß nichts ihn in seinem Entschluß umstimmen könne, und daß er zum ersten Mal in seinem Leben darum bete, kein Mitleid zu empfinden.
Er überlege, nach Paris oder London zu gehen, gegen letztere Option spreche nur, daß er kein Englisch könne, aber wenn er nach Paris zöge, würde er London sicher oft besuchen.
7
Bald darauf erreicht ihn ein langer Brief Elviras, der an Drastik wenig zu wünschen übrig läßt. Es erscheint wie ein Wunder, daß dieser Brief später nicht vernichtet wurde.
Elvira an GP – Mailand, 25. März 1909
Wie Du immer ein großer Egoist und herzlos gewesen bist, hast Du Dich, um Deine liebe Ruhe zu haben, vom Acker gemacht und kümmerst Dich nicht um die Schläge, die mich gerade treffen, nicht aufgrund meiner Schuld, sondern Deiner. Dein Gewissen, wenn Du eines hättest, müßte gepeinigt sein von dem Gedanken, daß Deine Ehefrau heute für etwas verantwortlich gemacht wird, von dem, wenn es auch geschehen ist, niemand besser als Du den wahren Grund weißt, wieso es dazu kam, und ich kann es Dir, wenn ich will, beweisen.
Jetzt finde ich mich vor einem Tribunal wieder und muß mich für Taten rechtfertigen, die ich nicht begangen habe und für die ich mich rechtfertigen müßte, indem ich den wahren Schuldigen nenne, und Du in deinem Egoismus hast zwei Monate verstreichen lassen, ohne dich darum zu kümmern, die Angelegenheit zu beruhigen, was Du mit großer Leichtigkeit hättest tun können; es ist nichts als eine Erpressung, weil diese Leute wissen, daß ich wegen der Anklagen, die sie gegen mich erhe-ben, nichts zu befürchten habe. Aber was Du nicht hättest zulassen dürfen, ist, daß die Mutter Deines Kindes auf der Anklagebank sitzt, zwischen Polizisten und Wachen, wie irgendeine Verbrecherin.
Ich habe so nicht gehandelt, als es um die Auseinandersetzung mit der Turinerin ging, auch wenn es in diesem Moment entschuldbar gewesen wäre, wenn ich einen gewissen Zorn auf Dich gehabt hätte, nach all den Gemeinheiten, die ich von Dir ertragen mußte, während der drei Jahre Deiner Beziehung zu jener Dame, dennoch blieb ich Dir gut und habe angeboten, nach Mailand zu kommen, um diese Sache niederzuschlagen, wegen der Du das Gefängnis riskiert hast. Ich erinnere mich noch bestens an jenen berühmten Brief, nach dessen Erhalt Du feig, aus Furcht vor einer Bestrafung, in die Schweiz flüchten wolltest. Heute befinde ich mich zwar nicht in derselben Situation (weil die Dinge doch etwas anders liegen), obwohl das nicht ausschließt, daß mein Gehirn sich immer mehr verwirrt und ich nicht weiß, zu welchen Antworten ich
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