Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)
einigermaßen. Vorgestern hatte ich meine üblichen Kopfschmerzen. Ich mußte im Bett bleiben, aber es ist besser geworden. Trotzdem möchte ich mich von einem guten Arzt untersuchen lassen.
Schreib also an Minetti. Mit Dir wird er deutlicher sprechen – und rüffele ihn ein bißchen! Ich habe Lust, anzufangen und mir mein eigenes Brot zu verdienen. Schreib mir bald und ausführlich und nicht wie gestern …
Aus Rom schreibt GP an Bettolacci, 12. Februar 1909
Du solltest eine Möglichkeit finden, diesen Conte ( gemeint ist mit dieser Bezeichnung nicht etwa der alte Märchenerzähler Conte Ottolini, sondern niemand anderes als Toto Leonardi – wie bereits erwähnt Sohn einer Baronessa und eines Gerichtspräsidenten ) aus Torre zu entfernen und noch eine andere Person. Eine Dame, die soviel Böses getan hat! Giulia kann Dir sagen, von wem ich spreche – es ist eine gewisse noch junge Dame ( ragazza ).
Es fällt GP schwer, seine Stieftochter schriftlich zu denunzieren, er zieht es vor, Andeutungen zu machen. Fosca befindet sich nicht in Mailand, sondern nach wie vor im Brennpunkt Torre. Spaziert seelenruhig durch die Katastrophenlandschaft und genießt das Resultat ihrer Rache. Sie ist es, die er im letzten Brief an Bettolacci die böse Spionin Clorinda genannt hat – er muß, fast zwanghaft, allen Menschen Spitz- oder Tarnnamen geben. An diesem Beispiel zeigt sich, wie er dabei oft, wohl unterbewußt, eine Art akustisches Scrabble spielt, eine Buchstabenverschiebung. Das C, das aus FosCa blieb, muß man nur gegen ein E ersetzen und man bekommt Elorinda – ein Anagramm von Leonardi.
Inzwischen haben auch die außeritalienischen Zeitungen (während die regionalen Blätter erstaunlich diskret bleiben) den Skandal dankbar adaptiert. Bis nach Berlin dringen die Nachrichten, wo Ervin Lendvai, der Budapester Freund und Komponist (man könnte ihn GP s einzigen Schüler nennen), auf rührende Art Puccini ein Asyl in seiner Charlottenburger Wohnung anbietet.
Ervin Lendvai an GP , 12. Februar 1909
Liebster Maestro, was für Neuigkeiten aus Torre del Lago? Lieber Himmel, die ganze Welt liest diese fürchterliche Geschichte. Ich wußte von jeher, daß die Signora sehr eifersüchtig ist und daß eines Tages in Ihrem Haus ein Erdbeben bevorsteht, aber so etwas hätte ich mir nie vorstellen können. (…) Sie haben mir in Wien einst gesagt, daß die Signora alle Fotografien Blankas weggeworfen und die so unschuldigen Briefe meiner Schwester nicht, wie man auf Ungarisch sagt, mit gütigem Auge betrachtet habe. ( Er ahnt immer noch nichts davon, daß jene Briefe keineswegs so ›unschuldig‹ waren .) Liebster Maestro, kommen Sie nach Berlin. Hier finden Sie ein wunderschönes Appartement, wo Sie in der größten Ruhe komponieren könnten. Nun, Sie lächeln darüber nur, ich weiß es. Dennoch: Hier würden Sie all Ihren Ärger vergessen. (…)
GP an Sybil, 22. Februar 1909
Morgen fahre ich nach Torre zurück. ( Tut er aber erst am 25. ) Die Trennung ist noch nicht offiziell, ich erwarte jeden Augenblick neue Nachrichten. Das Verfahren gegen Elvira ist noch nicht eingestellt – ich hoffe, daß der Prozeß verschoben wird, und sei es nur deswegen, damit die Zeitungen nicht mehr über die scheußliche Sache schreiben. Die Gedanken an diese Tragödie lassen mich noch immer nicht los …
Wieder daheim in seinem geliebten Torre del Lago, empfindet Puccini die Villa als riesig und kalt. Er verbarrikadiert sich darin, wagt kaum, sich auf der Straße zu zeigen, ist sich nicht sicher, ob es nicht doch Ressentiments gegenüber seiner Person gibt. Erst nach und nach stellt er fest, daß er nichts zu befürchten hat, daß ihm vielmehr eine Welle des Mitgefühls entgegenschlägt, selbst seitens der Manfredis. Seine Schwester Nitteti hat sich bereit erklärt, ihm für einige Zeit den Haushalt zu führen. Wenigstens haben die Leonardi das Weite gesucht, das Pflaster ist ihnen zu heiß geworden. Es spricht sich schnell herum, welche Rolle Fosca in dem Drama gespielt hat. Dafür hat GP s Freund Bettolacci gesorgt. Wie es ihm aufgetragen worden war.
Sybil, die nicht recht weiß, mit welchen Worten sie ihren Freund aus der Ferne trösten soll, bietet Giacomo an, zu ihm zu stoßen. Er lehnt dankend ab, das könne nur weitere Mißverständnisse provozieren. Sosehr er sich auch nach ihr sehne, nein, sie müsse sich aus der Angelegenheit heraushalten.
Alfredo Caselli macht seinem alten Freund ein mutiges Geständnis, bevor der es von
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