Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)
Ruinenstadt Echnatons und der Pyramiden. GP reitet auf einem Kamel, Elvira, weil ihr das eine Etage zu hoch ist, auf einem Esel. Abends speisen sie im Hotel Savoy , auf höchstem europäischem Niveau. Elvira findet das alles wenig erquicklich, viel zu anstrengend und fremd. Giacomo schreibt an Fosca, ihre Mutter sei kaum zu ertragen, er habe gute Lust, sie auf dem Markt gegen ein Kamel einzutauschen, fürchte aber, für sie nur ein halbes zu bekommen, das er mühsam mitschleppen müsse, womit sich an seiner momentanen Lage nichts grundlegend ändern würde.
Ein Brief an Ramelde erschöpft sich in der assoziativen Aufzählung von sechzig Begriffen, die er von nun an mit Ägypten verbindet.
GP an die Schwester Ramelde, Kairo, 18. Februar 1908
Die Pyramiden, das Kamel, die Palmen, die Turbanträger, die Sonnenuntergänge, die Schreine, die Mumien, die Skarabäen, die Kolosse, die Säulen, die Gräber der Könige, die Fellachen auf dem Nil, der nichts anderes ist als die vergrößerte Freddana, die Fez, die Tarbuk, die Schwarzen, die Mischlinge, die verschleierten Frauen, die Sonne, der gelbe Sand, die Straußen, die Engländer, die Museen, die Tore aus der Aida-Kulisse, die Ramses I., II., III. usw., der fruchtbare Schlamm, die Katarakte, die Moscheen, die Hotels, das Niltal, die Ibis, die Büffel, die langweiligen Kleinhändler, der Gestank von Fett, die Minarette, die koptischen Kirchen, der Baum der Madonna, die Cookschen Dampfschiffchen, die Eselchen, das Zuckerrohr, die Baumwolle, die Akazien, die Maulbeerbäume, der türkische Kaffee, die Pfeifenspieler- und Trommlergruppen, die Prozessionen, die Bazare, der Bauchtanz, die Krähen, die schwarzen Falken, die Tänzerinnen, die Derwische, die Levantiner, die Beduinen, der Khedive, Theben, die Zigaretten, die Wasserpfeife, das Haschisch, Bakschisch, die Sphingen, der riesige Ftà, sowie Isis und Osiris – gehen mir auf die Eier, und übermorgen fahre ich ab, um mich zu erholen. Ciao, Dein Ägyptengeschädigter.
Am 20. Februar tritt die Reisegruppe die Rückfahrt an. Puccini verbringt in Mailand und Torre del Lago zwei Wochen mit der Niederschrift flüchtiger Notenskizzen. Doria bittet ihn bei erster Gelegenheit darum, ihr künftig keine so großen Geschenke mehr zu machen, aber das hält er für eine bloße Phrase der Bescheidenheit und nickt gerührt.
Das gehe nämlich nicht, insistiert das Mädchen.
Jaja, gibt Giacomo ihr recht und ignoriert den Unterton in ihrer Stimme, er habe auch nicht vor, dergleichen zur Gewohnheit werden zu lassen. Ob sie sich Mailand angesehen habe?
Ach, Sor Giacomo, nein, das gehe einfach nicht.
Sie besteht wieder auf der förmlichen Anrede. Das fällt ihm nun doch auf.
Warum denn nicht?
Das Mädchen zögert. Zuviel Arbeit, sagt sie.
Geht mir genauso.
Wirklich muß er gleich nach Rom, wo die Butterfly aufgeführt wird. Die Internationale Künstlerische Gesellschaft gibt ein Festbankett für Puccini, an dem zweihundert Personen von Rang teilnehmen. Er schreibt stolz an Sybil, nur der Papst habe gefehlt.
Er schreibt traurig an Sybil, nur der Papst habe gefehlt. So könnte sie es auch gelesen haben.
In Anwesenheit des Königspaars findet Ende März noch ein Gala-Abend statt, danach, endlich, ist wieder Muße für die Arbeit. Mit dem ersten Akt kommt Giacomo gut voran, es wird einer seiner besten werden. Die Ideen sprühen, sie haben sich in den bald vier Jahren des bitteren far niente angestaut. Im Mai beginnt die Reinkomposition des ersten Aktes, und der neue Co-Autor Guelfo Civinini kommt nach Torre del Lago, wo er alle Wünsche des Meisters gehorsam und mustergültig erledigt. Innerhalb weniger Tage liegt das endgültige Libretto der beiden nächsten Akte vor. Giacomo schwelgt enthusiasmiert, das Leben sei wunderbar, wäre da nicht sein Diabetes, aber gut, alles könne man nicht haben bzw. loswerden.
Guelfo Civinini ist ein Abenteurertyp, der später Kriegsberichterstatter für den Corriere della Sera werden und 1919 sogar D’Annunzios Freischärler-Abenteuer in Fiume mitmachen wird.
Die mit dem Impresario Salvatore Leonardi (immerhin Sohn einer Baronessa und eines Gerichtspräsidenten, aber für Puccini dennoch nicht gut genug) verheiratete Fosca, die eben die Villa Grottinelli gekauft hat und für ein paar Monate im Jahr dort auch lebt, nicht weit entfernt vom Anwesen ihres Stiefvaters, wird Guelfos Geliebte, unter der Bedingung, er solle den Mund halten. Die Affäre, die ohnehin nicht lange dauert, findet,
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