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Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)

Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)

Titel: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
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gewaltsamem Tod am 21. Dezember 1938 – er wird Opfer eines nie ganz geklärten Raubüberfalls – heiratet Fosca ihren langjährigen Geliebten, Mario Crespi, den Herausgeber des Corriere della Sera . Sie stirbt am 23. Januar 1967. Ihre zweite Tochter, Elvira junior, genannt Biki , (1906–1999) macht als gefeierte Mailänder Modeschöpferin Karriere, berühmt vor allem als engste Beraterin der Callas, was deren Garderobe betrifft.

Drittes Buch: Doria

1
    Kurz vor Ende des Semesters erhält Antonio am 12. März 1908 ein Telegramm seiner Mutter, er solle wegen einer schweren Erkrankung seines Cousins Carlo sofort nach Hause kommen.
    ELVIRA PUCCINI, MAILAND,
AN ANTONIO PUCCINI, MITTWEIDA
Telegramm aus Milano 0 W[örter].
1908 den 12.3. um 3 Uhr 30 Min.
    Puccini, 15 Albertstraße, Mittweida .
    Carlo ammalato gravemente vieni subito [Carlo schwer erkrankt komm sofort] Mamma
    Es handelt sich um einen Vorwand, um den Antonio seine Mutter gebeten hat, mit dem einzigen Ziel, der Semester-Abschlußprüfung zu entgehen. Elvira, viel weniger streng als Giacomo, hilft ihrem Sohn, bedingt sich aber das Versprechen aus, er möge künftig ernsthafter bei der Sache sein. Antonio wiederholt das Semester; sein Versprechen zu halten gelingt ihm jedoch nicht. Seine Leistungen fallen ständig ab. Seine nur mäßigen Kenntnisse der deutschen Sprache machen ihm den Unterricht zur Qual, hinzu kommen etliche unglückliche Liebschaften und der Hang, mit fragwürdigen Freunden die Nacht zum Tag zu machen. Sein Vater ist zu beschäftigt, um die Entwicklung richtig abzuschätzen, er komponiert. Immer im Zweifel, ob das gewählte unerhört neue Sujet ihn eher über- oder unterfordert.
    Toscanini, der neue Chefdirigent, und Gatti-Casazza, der neue Intendant der Metropolitan Opera in New York, besuchen Giacomo Anfang Juni 1908 in Torre und wünschen sich nach der stark deutsch geprägten Ägide des Direktors Conried eine Puccini-Premiere als spektakulären Einstand, was sonst?
    So schnell gehe das nicht, aussichtslos, leider. GP flucht auf die vertane Zeit, nennt sich einen Esel, all die Ehrungen mitgemacht zu haben, die einem Künstler nur hinderlich seien. Währenddessen fällt ihm auf, daß Doria nicht wie früher üblich eine Weile im Zimmer bleibt, nachdem sie den Mitternachtskaffee serviert hat. Kann sie mit der neuen Musik nichts anfangen?
    Es dauert ein paar Wochen, bis er sie schüchtern, en passant, danach fragt. Sie weicht ihm aus, flüstert nur, es sei nun mal alles nicht mehr so wie früher.
    Wie meinst du das?
    Wie früher, als sie unbefangen gewesen sei und nicht nachgedacht habe, wie grundverschieden die Dinge seien von dem, was die Menschen darin sehen wollten.
    Entschuldigung? Sie rede in Rätseln.
    Aber Doria hat keine Lust, auf etwas näher einzugehen, das sich ja gar nicht in nachweisbaren Fakten manifestiert. Wie kühl die Hausherrin ihr gegenüber geworden ist – soll sie das erwähnen? Es steht ihr nicht zu, findet sie. Weil Giacomo aber auf eine Erklärung drängt, redet Doria davon, daß sie sich bald verheiraten müsse, wenn sie nicht als alte Jungfer enden wolle. Es sei aber kein Bräutigam in Sicht.
    Du bist doch noch jung, das ist albernes Gerede, rät Giacomo, laß dir Zeit. Wenn er sich in manchen Liebesdingen soviel Zeit gelassen hätte wie bei seiner jüngsten Oper, so scherzt er – und verstummt prompt, der Scherz geht gegenüber einer Dienstbotin zu weit.
    Doria seufzt und möchte gerne darüber reden, daß zwar manch ein Bräutigam in Sicht sei, aber keiner, der wenigstens Klavier spielen könne. Sie wagt es nicht, seufzt statt dessen noch einmal, in der Hoffnung, Giacomo könne ihr Seufzen deuten und verstehen. Für einen kurzen Augenblick versteht Giacomo tatsächlich und tätschelt ihre Wange. Das gebe sich schon alles, ein weiser Mann aus dem Morgenland habe dereinst gesagt –
    Was denn?
    Für jeden Topf gibt es einen Deckel.
    Doria dankt leise für den klugen Ratschlag und will das Zimmer verlassen, als Giacomo sie noch einmal zurückruft.
    Sag deiner Mutter, wenn es dir an einer anständigen Aussteuer fehlt, soll sie sich an mich wenden, hörst du? Wenn es nur darum geht, wirst du eine attraktive Braut sein, dafür sorge ich.
    Danke, Sor Giacomo.
    Mitte Juni begibt sich Puccini mehrere Wochen mit Elvira und Doria in die Abgeschiedenheit Chiatris. Erneut verlangt er von den Behörden, daß eine Straße gebaut werden müsse zu seinem Haus, aber erfolglos. Seine Komposition des Girl gerät ins

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