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Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)

Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)

Titel: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
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metaphorisch gesprochen, unterm Teppich statt. Und findet doch irgendwie einen Schleichweg ans Licht. Danach wird Civinini nie mehr für Puccini arbeiten.
    Die Episode hat eine Vorgeschichte. Fosca erklärte sich 1901 in einen schwachbezahlten Orchester-Cellisten verliebt, den sie sich als Gatten vorstellen könne. Puccini schäumte, das sei unter ihrer, vielmehr seiner Würde, er könne sich das absolut nicht vorstellen, da wäre ja Leonardi noch akzeptabler gewesen. Den Fosca dann auch, folgsam und kompromißbereit, am 16. Juli 1902 geheiratet hat. Als habe sie mit jenem Cellisten ihrem Stiefvater nur verdeutlichen wollen, daß es auch eine ihm noch viel unangenehmere Wahl gegeben hätte.
    Für GP war Foscas Heirat ein schwerer Verlust. Ihr war die Mittlerrolle zwischen Giacomo und Elvira zugefallen, sie hatte ausgleichend zwischen den Eheleuten gewirkt; nach ihrem Auszug nahmen deren Konflikte deutlich zu.
    Fosca empfand die Heirat mit Leonardi zuerst als Befreiung. Ihrem Stiefvater hatte sie die Affäre mit ›Corinna‹ oft und erfolglos vorgeworfen, eigentlich weniger die Affäre an sich als die während jener Zeit mehrmals in Erwägung gezogene Trennung von Elvira.
    Im Grunde war Foscas Heirat eine Flucht gewesen, just zu dem Zeitpunkt, als ihr Stiefvater von der Piemontesin nicht mehr loszukommen – und sein Verhältnis zu Elvira dauerhaft zerrüttet schien.
    Leider ist Fosca mit Toto Leonardi (dessen Verhältnis zu Puccini ein stets reserviertes bis feindliches genannt werden muß) bald nicht mehr glücklich, die Ehe verläuft krisenreich. Fosca wird dies ihrem Stiefvater stets zum stillen, wenn auch etwas irrationalen Vorwurf machen; die Affäre mit Civinini kann sogar Züge einer kleinen Rache getragen haben.
    Ende September 1906 war es zu einem auf lange Sicht folgenreichen Eklat gekommen. Fosca, seit ihrer Heirat in Mailand seßhaft, verbrachte während des Sommers immer mehr Zeit in besagter Villa Grotinelli, um Abstand von ihrem Gatten zu gewinnen. Ihre erste Tochter, die 1903 geborene Franka, läßt sie in Mailand beim Vater zurück, und während sie die zweite Tochter, die gerade vier Monate alte Elvira jun., stillt, wohnt ein junger englischer Journalist bei ihr. Die beiden haben eine kurze, leidenschaftliche Affäre – und werden eines Abends – in flagranti – beobachtet von der am See flanierenden Doria Manfredi, die prompt, zutiefst irritiert, ihrem Sor Giacomo davon Meldung macht. Sie petzt. Kann man ihr das zum Vorwurf machen? Man könnte. Aber in Dorias schlichtem, moralisch engem Weltbild ist Foscas Verhalten völlig unmöglich. Eine zweifache Mutter, die erst vor kurzem entbunden habe, dürfe sich nicht so gehen lassen. An der einen Brust das Kind, an der anderen ein Mann, ein Ausländer dazu – Doria hat etwas ähnlich Verworfenes nie zu Gesicht bekommen. Bestimmt spielt in ihre Empörung auch hinein, sich vor ihrem umschwärmten Giacomo wichtig machen zu können. Der hört die Denunziation und schreitet sofort ein, stellt Fosca zur Rede. Was sie da treibe, Herrgott, an seinem See? Ob sie den Verstand verloren habe? Sich vor Dienstboten zu entblößen! Im Freien! Ihr Liebhaber solle Fersengeld geben, sonst werde er ihm Beine machen. Und auch noch ein Schreiberling! Das setze allem die Krone auf!
    Fosca, konfrontiert mit handfesten Drohungen, schickt den englischen Journalisten zum Teufel, wehrt sich aber auch gegen die Einmischung und erhält Beistand und Zuspruch ausgerechnet von ihrem Gatten Toto. Der eilt aus Mailand herbei und spricht Giacomo das Recht ab, sich in ihre Ehe zu mischen, die gehe ihn nichts an. Nein, wirklich nicht. Diese Zeiten seien vorüber.
    Giacomo und Toto sind kurz davor, sich zu prügeln. Elvira stemmt sich zwischen die beiden und verhindert das Schlimmste.
    Zwei Jahre gehen hin, bevor Fosca ihren Schwur umsetzt, sich an Doria zu rächen. Sie ist es, die Elvira nach und nach einredet, das Dienstmädchen habe zuviel Einfluß auf Giacomo, oder sollte man im physischen Sinne besser sagen: umgekehrt? Offensichtlich sei Doria mit ihrem Brotherrn verbandelt, die Spatzen pfiffens von den Dächern, das sei sonnenklar. Elvira, die mit Doria sehr zufrieden, ja auf ihre Dienste inzwischen geradezu angewiesen ist, hält den maliziösen Einflüsterungen noch eine Zeitlang stand. Zuletzt fällt sie doch darauf herein – und agiert fortan als verlängerter Arm von Foscas Intrige.
    Nach außen hin wird die Form halbwegs gewahrt. Über Jahrzehnte hinweg. Erst nach Leonardis

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