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Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)

Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)

Titel: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
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zusammenreimen, rechnet sie einer von Elviras gelegentlichen Gemütsaufwallungen zu und dringt auf keine Erklärung. Ende August, deprimiert durch den Dauerregen, kehrt er nach Torre del Lago zurück, wo anscheinend alles ist, wie es sein soll. Doria putzt, kocht, erledigt den Haushalt inzwischen praktisch allein und, soweit zu sehen ist, vorbildlich. Ihre Cousine Alice hat man vor einiger Zeit entlassen, weil man unzufrieden mit ihr war, ansonsten sind für die Puccinis noch der Majordomus Giulio Giovannoni (genannt Nicché) tätig, der Chauffeur Silvio Peluffo sowie der Förster Arnaldo Gragnani. Aber alle drei übernachten nicht in der Villa.
    Sobald sich eine Gelegenheit bietet, fragt er Elvira, ob es Grund zur Klage gebe. Ob Doria sich Extravaganzen geleistet habe. Oder was der Grund dafür sei, daß sie sie brieflich in die Nähe eines Straßenmädchens gerückt habe. Seiner Meinung nach muß etwas vorgefallen sein, er fragt, ob Doria einen Freund habe und deswegen ihre Pflichten vernachlässige.
    Elvira sieht ihn an wie jemanden, an dem entweder ein großer Schauspieler oder ein eiskalter Lügner verloren gegangen ist.
    Ob er sie noch liebe, fragt sie ihn.
    Selbstverständlich, warum?
    Ob er etwas mit ihr habe?
    Habe? Er? Mit wem?
    Das frage er noch?
    Mit Doria?
    Genau. Mit Doria.
    Du spinnst.
    Ich möchte, daß du beim Leben deines Kindes schwörst!
    Was? Was soll ich schwören?
    Du zögerst also?
    Welcher Dämon dich da reitet, weiß ich nicht, aber …
    Du weichst aus! Wie immer!
    Nein, ich schwöre. Was du willst. Alles! Das ist doch verrückt!
    Es ist dir also einerlei, du schwörst alles, Hauptsache, du hast deine Ruhe! Aber ich habe dir immer gesagt, treib deine Liederlichkeiten woanders, niemals in diesem Haus!
    Elviras Stimme hat wieder diesen Ton bekommen, der ein vernünftiges Gespräch mit ihr als unwahrscheinlich erscheinen läßt. Weil es draußen wie aus Kübeln regnet, müssen sich alle Dienstboten im Haus befinden und, auch wenn sie es nicht wollen, dem Streit lauschen. Es ist Puccini peinlich.
    Sie habe ihre Informationen, keift Elvira. Gefragt, um was für Informationen es sich handle, schreckt sie davor zurück, ihre Trümpfe auf den Tisch zu legen. Es ist ja auch nicht viel, im Grunde nur ein Indiz, kein Beweis. Man hat ihr von den fünfzig Lire berichtet, die Giacomo aus Mailand an Doria geschickt hat. Nur ein Indiz, an sich, aber für Elvira, den Geiz ihres Mannes gewohnt, Beweis genug, daß er dem Dienstmädchen mehr als nur wohlgesonnen sein muß.
    Hat sie es dir wenigstens gut gemacht dafür?
    Bitte, Elvira, nicht auf diesem Niveau …
    Auf welchem Niveau hat sie’s dir denn gemacht?
    Schluß jetzt! Ich schwöre beim Leben meines Sohnes, daß zwischen mir und Doria nichts je geschehen ist, was deinen Zorn in irgendeiner Weise rechtfertigen würde.
    Das ist eine sehr schwammige Formulierung, findest du nicht? Du bist ja liberal, nicht wahr? Schnell mal eine Dienstmagd flachlegen, das ist ja für dich nur eine natürliche Regung, wie der Harndrang, nicht wahr? Wirst du vielleicht auch leugnen, daß du sie Dori nennst, wie dieses andere Weibsstück, Cori, der Teufel hab sie ewig in seinen Klauen, willst du das leugnen?
    Du bist hysterisch, Evira, du ängstigst mich …
    Willst du leugnen, daß du mit ihr heimlich auf der Jagd gewesen bist, frühmorgens? Daß du mit ihr im Schilf warst?
    Giacomo zuckt zusammen. Jemand hat sie also beobachtet.
    Setz dich! Ja, sie hat einmal mein Gewehr getragen, als ich nach dem Unfall noch kaum laufen konnte, das ist bald fünf Jahre her, fünf Jahre! Und ich habe eine Ente geschossen und sie ihr geschenkt. Sie war so entsetzt über die tote Ente, sie hat mir leid getan, und danach hab ich sie nie wieder mit zur Jagd genommen.
    Aber Champagner hast du mit ihr getrunken! Willst du das leugnen?
    Giacomo fällt die Szene ein, die Elvira ihm auf der Überfahrt nach Ägypten gemacht hat. Das also hat sie gemeint. Er hatte es zwar in Erwägung gezogen, aber für zu abseitig gehalten.
    Nein, das stimmt nicht. Ich habe Champagner getrunken, zur Feier meiner zurückgekehrten Inspiration. Doria hat mir die Flasche aus dem Keller geholt, das stimmt.
    Zwei Gläser! Lüg nicht! Du hast mit ihr getrunken!
    Falsch. Ich habe sie dazu gedrängt, ein Gläschen zu probieren, sie hatte noch nie Champagner getrunken, ich habe es ihr aufgedrängt, das ist alles. Und ich will tot umfallen, wenn ich nicht die Wahrheit sage!
    Sehr geschickt, sehr geschickt! Natürlich sagst

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