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Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung

Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung

Titel: Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kraus Hans von Storch
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folgenlos gehalten wurden; die Aussagen hätte ohnehin kaum jemand zur Kenntnis genommen, wären die Fehler nicht medial groß herausgestellt worden. Diese Einschätzung aber erwies sich als falsch. Es stellte sich heraus, dass nicht nur das heimische Institut des IPCC-Vorsitzenden, sondern auch das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung PIK eben diese Aussage zum Ausgangspunkt eines neuen Projekts nahm, um bei der EU-Kommission mit Bitte um Finanzierung vorgelegt zu werden. Auch wurde der Fall prominent von einem Vizevorsitzenden des IPCC im November 2009 bei einer großen Tagung in Barcelona als ein Beispiel der zu erwartenden zukünftigen Probleme verwendet. In beiden Fällen mit der falschen Jahreszahl 2035.
    Es wurden Stimmen laut, die Rajendra Pachauris Rücktritt verlangten; eine Forderung, der er nicht nachkam. Doch Kritiker in Medien, Blogs und Wissenschaft leckten Blut und ließen kaum eine Gelegenheit aus, um den Inder Pachauri mit eurozentrischen Stereotypen zu diskreditieren. Sie unterlegten ihre Argumente mit kaum belegten oder einfach ehrenrührigen Hinweisen auf seine angeblich unsauberen Geschäfte, seinen angeblich zweifelhaften Charakter, seinen Vegetarismus als praktizierender Hindu, seine vermeintliche sexuelle Schlüpfrigkeit – es wurde kaum eine Gelegenheit in den Blogs, einschlägigen Medien und auch wissenschaftlichen Kreisen ausgelassen, Pachauri auf jede nur erdenkliche Art zu diskreditieren. Dies entschuldigt natürlich nicht seine Fehler, aber es gibt einen Eindruck davon, dass hier jedes Mittel eingesetzt wurde, um einen kurzfristigen Vorteil zu gewinnen.
    Dass das IPCC-Management seitdem nicht viel dazugelernt hat, was den Umgang mit Öffentlichkeit und kritischen Nachfragen angeht, zeigt eine Episode von 2010, als der niederländische Wirtschaftswissenschaftler Richard Tol auf dem Weblog Klimazwiebel bewusst provozierend erklärte, der Vorsitzende der Arbeitsgruppe 3 habe in einem Fernsehbeitrag wissentlich die Unwahrheit über den IPCC-Bewertungsprozess gesagt, also gelogen. 45 Dem IPCC-Büro wurde dies mitgeteilt, in der Erwartung einer Richtigstellung – allein, es geschah nichts, auch nicht auf einen wiederholten Hinweis hin. Man muss dazu sagen, dass Richard Tol IPCC-Leitautor war und ein anerkannter Umweltökonom ist, der sich immer wieder mit dem Thema „Klima und Wirtschaft“ beschäftigt hat. Weder der Vorsitzende der Arbeitsgruppe 3 noch das IPCC-Büro wollten sich herablassen, auf solche Provokationen zu reagieren. Für die Kritiker ein weiterer Beweis der Unfähigkeit des IPCC, auf jeden Fall aber eine Aufforderung, die gemachten Fehler einer Überprüfung zu unterziehen und neue Strategien zu entwickeln.
Der Tag danach: Aufarbeitung
    Eine Art Zwischenbilanz zog die Medienwissenschaftlerin Irene Neverla im WDR am 29.12.2009:
    „Die Medienmacher werden sich sagen, jetzt haben die Leute erstmal genug von Klimapolitik, jetzt müssen wir mal sehen, was es sonst noch an interessanten Dingen gibt. Große Themen sind generell Zyklen unterworfen, die Aufmerksamkeit dafür ist mal hoch und mal geringer, sie unterliegt Schwankungen. Aber der Klimawandel ist mit Sicherheit ein Thema, dass immer wieder auf die Tagesordnung kommen wird.“
    Der Klimawandel blieb auf der Tagesordnung, aber weniger prominent, und mit neuen Akzenten. Zunächst ging es um die Aufarbeitung der Ereignisse und Versäumnisse um die Jahreswende 2009/10. Von Climategate betroffene Universitäten in den USA und in Großbritannien richteten Kommissionen zur Untersuchung und Bewertung der Verhaltensweisen ein, die durch die E-Mails offenbar wurden. Ein direktes Fehlverhalten im Sinne wissenschaftlichen Betruges wurde von allen diesen Kommissionen ausgeschlossen; sie räumten aber ein, dass sich Wagenburgmentalitäten entwickelt hatten und dass mehr kooperatives Verhalten wünschenswert gewesen wäre. Kurz, alles nicht schön, aber irgendwie menschlich verständlich. Mehr als ein Schönheitsfehler war allerdings, dass diejenigen, die sich in ihrem Auskunftsbegehren nach dem Freedom of Information Act in den USA oder in Großbritannien ausmanövriert sahen, von den Kommissionen nicht gehört wurden, was auf eine gewisse Einseitigkeit der Untersuchung schließen lässt. Der Autorität der Schlussfolgerungen, die aus diesen Untersuchungen gezogen wurden, hat dies jedenfalls nicht gedient.
    Es wurden dann auch Kommissionen eingesetzt, die sich mit dem IPCC beschäftigten, davon eine in den Niederlanden speziell

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