Die Klimaprioritaeten
Rekorde. Momentan kostet eine Tonne 790 Euro. Zum Vergleich: Ein Fass Erdöl kostete im Sommer 2008 über 130 US-Dollar (rund 84 Euro), eine Tonne Erdöl damit etwa 686 US-Dollar (zirka 443 Euro). Brinkmann ärgert sich über die EU-Kommission mit ihren
kontraproduktiven
Zielgrößen für Biokraftstoffe, die mitgeholfen hätten, dass der Preis explodiert sei. »Eine gute Absicht, aber schlecht ausgeführt«, meint er.
Trotz Kritik an der EU, der Sorge vor weiteren Umweltschäden und sozialen Verwerfungen durch die Biosprit-Ralley, es gebe auch gute Nachrichten, berichtet Brinkmann. Das Jahr 2008 markiert für ihn einen wichtigen Etappensieg, da ab Mitte 2008 endlich ein Qualitätsnachweis für nachhaltig hergestelltes Palmöl auf den Markt kommt. »Ein großer Schritt nach vorn.« Dann könnte Brinkmann Palmöl kaufen, das von |107| den Plantagen des Dänen Carl Bek-Nielsen in Malaysia stammt. Wenn dieser nicht so vehement gegen Speiseöl für Motoren wäre.
Auch der WWF, der den Round Table on Sustainable Palm Oil maßgeblich mit initiiert und die Qualitätsstandards mit entwickelt hat, erteilt solchen Importen nunmehr seinen Segen. »Bei Malaysia haben wir ein gutes Gefühl«, erklärt Martina Fleckenstein vom WWF-Büro in Berlin. Das Problemkind hieße Indonesien. Das Land ist berüchtigt dafür, Zertifikate zu fälschen. Seit Jahren. Vor allem beim Handel mit Tropenholz und gefährdeten Tierarten. Es tauchten bereits die ersten Gütesiegel für Palmöl auf, als es diese noch gar nicht gab.
Umweltorganisationen
und manche Experten fordern deshalb ein Verbot von Palmöleinfuhren aus Indonesien. Wie effektiv ein solcher Bann ist, bleibt umstritten. Oft verlagert sich der Markt nur in andere Länder. Eine Kennzeichnungspflicht mitsamt strengen Qualitätskontrollen bleibt für viele die erfolgversprechendere Lösung.
Ironischerweise sind die ökologischen und sozialen Standards des Round Table on Sustainable Palm Oil europäischen Politikern zu streng. Das ist selten für eine freiwillige
Selbstverpflichtung
der Unternehmen. Die Bereitschaft von Firmen, sich auf strenge Nachhaltigkeitskriterien einzulassen, sei aufgrund des öffentlichen Druckes momentan sehr groß, beobachtet Martina Fleckenstein vom WWF.
Dieses Momentum muss von politischer Seite genutzt werden. In Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland entwickeln Arbeitsgruppen in den zuständigen Ministerien verbindliche Standards für eine nachhaltige
Biokraftstoffproduktion
und Verfahren, wie diese Qualitätsanforderungen kontrolliert und für Käufer belegt werden können. Sie sollten nicht hinter den freiwilligen Ansprüchen der Wirtschaft zurückbleiben |108| . Am Ende soll dann ein Gütesiegel stehen wie es für Holz- und Papierprodukte oder Kaffee längst existiert. Es wird alle Biospritrohstoffe – Ölpalmen, Soja, Mais, Raps, Weizen, Zuckerrohr – umfassen. Derzeit wird es gemeinsam mit den wichtigen Erzeugerländern erprobt.
Um ein solches Qualitätssiegel so wasserdicht wie möglich zu machen, muss es letztlich von Biokraftstoffen auf die gesamte Agrarwirtschaft ausgedehnt werden. Nur so lässt sich vermeiden, dass Palmöl für Biosprit zwar nachhaltig produziert wird, Palmöl für Speisen und Kosmetik jedoch nicht.
Plantagenbetreiber
könnten in einem solchen Fall munter weiter
Regenwaldgebiete
roden. Ein »Metazertifikatssystem« nennen Fachleute diesen Versuch, ein Instrument, das alle Ausreißer wieder einfangen hilft. Und vermeiden soll, dass Lieferanten mehrere kostspielige Prüfverfahren durchlaufen müssen.
Federführend in Deutschland ist das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, in dessen Auftrag die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe und die Kölner Unternehmensberatung Meo Consulting in Wiesbaden derzeit in einem zweijährigen Pilotprojekt dieses »Dach-Gütesiegel« entwickeln. Am Ende soll ein funktionsfähiges
Überwachungssystem
stehen, das unter anderem Palmöl aus allen Erzeugerländern auf allen Etappen von der Plantage bis zur Zapfsäule kontrolliert und zertifiziert. Der Anspruch ist enorm. Der globale Markt für Biokraftstoffe ist ein unübersichtlicher Dschungel. Und die Zeit drängt, will man die
klimastabilisierenden
Waldgebiete in den Tropen erhalten.
Der Qualitätsnachweis vom Roundtable of Sustainable Palm Oil sei ein lobenswerter Anfang, räumt Andreas Feige von Meo Consulting ein. Er müsse jedoch eingebettet werden in einen übergeordneten Rahmen.
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