Die Klimaprioritaeten
Handel mit Emissionsrechten, desto mehr Geld fließt in diese neue Kasse.
|129| Andere Fonds, die für Anpassungsprojekte aufgelegt wurden, bleiben ansonsten weitgehend zahnlos, da sie auf das Wohlwollen der Geberländer angewiesen sind. Die 49 geringst entwickelten und vom Klimawandel am stärksten betroffenen Länder können aus einem sogenannten Least Developed Countries Fonds, der 2001 geschaffen wurde, Geld erhalten. Voraussetzung: Sie müssen nationale Anpassungsprogramme entwickeln, die dringend notwendige Vorhaben benennen. Doch der Fonds speist sich aus freiwilligen Beiträgen reicher Länder und konnte im April 2006 erst 86 Millionen US-Dollar verbuchen. Von diesem Geld werden jedoch bereits etwa 12 Millionen US-Dollar benötigt, um die Länderprogramme aus der Taufe zu heben. Zum Vergleich: 10 Milliarden US-Dollar werden allein veranschlagt, um an den gefährdetsten
Küstenabschnitten
in Bangladesch taugliche Deiche zu errichten. Für Sofortprojekte sind nach Angaben des Umweltministeriums in Dhaka 100 Millionen US-Dollar nötig.
Wie teuer Anpassung arme Länder zu stehen kommt, zeigen auch Beispiele auf der anderen Seite des Globus: in Ecuador und Peru. Beide Länder spüren verstärkt die Auswirkungen der Gletscherschmelze in den Anden. Viele der niedriger gelegenen Gletscher könnten in den kommenden zehn bis 20 Jahren verschwinden. In der ecuadorianischen Hauptstadt Quito ist die Wasserversorgung gefährdet, es fehlen 30 bis 40 Millionen Kubikmeter Wasser. Um zusätzliche Speicherkapazitäten zu schaffen, rechnet die Weltbank kurzfristig mit Kosten von 13 Millionen US-Dollar. Insgesamt müsse die Stadt in den kommenden 20 Jahren etwa 100 Millionen US-Dollar investieren, um den Ausfall durch das Gletscherwasser zu kompensieren.
Weniger Wasser bedeutet auch weniger Strom. Die Andenstaaten haben mittlerweile massiv ihre Wasserkraft ausgebaut. Sie liefert 50 Prozent des Stromes in Ecuador und 80 Prozent |130| in Peru. Eine Ironie, denn eine Energieversorgungsstruktur, die gut für das Klima ist, wird nun zum Opfer des Klimawandels. Das peruanische Energieministerium prognostiziert, dass die Stromproduktion des großen Kraftwerks Cañón del Pato am Fluss Rio Santa von derzeit 1 540 auf 1 250 Gigawattstunden sinken wird, sollte nur noch die Hälfte des Wassers vom Gletscher abfließen – ein Verlust von 11 Prozent. Versiegt der Abfluss ganz, sinkt die Stromproduktion auf 970 Gigawattstunden, ein Minus von 14 Prozent. Die zusätzlichen Kosten für den Stromsektor in Peru werden auf 1,5 Milliarden US-Dollar geschätzt.
Da die zur Verfügung stehenden Finanzmittel für
Anpassungsvorhaben
bislang völlig unzureichend sind, werden derzeit verschiedene Lösungswege debattiert, die, so die Hoffnung, dann auf der entscheidenden Klimakonferenz in Kopenhagen Ende 2009, auf der ein Nachfolgevertrag für das Kyoto-Protokoll beschlossen werden soll, in einen verbindlichen Rahmen gegossen werden. Eine Idee sieht vor, die bestehende 2-prozentige Gebühr auf 3 bis 5 Prozent zu erhöhen und auch auf innerhalb der EU handelbare Emissionsrechte auszudehnen. Die EU-Kommission schlägt vor, 20 Prozent der Einnahmen aus den in Zukunft zu versteigernden Emissionsrechten für den europäischen Emissionshandel abzuzweigen für einen Anpassungsfonds. 10 Milliarden Euro könnten somit jährlich bereitgestellt werden.
10 Milliarden Euro. Das ist ungefähr die Summe, die vom UNDP veranschlagt wird, um die Zahl jener Menschen, die weltweit keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, zu halbieren. Etwa eine Milliarde.
2,6 Milliarden Menschen verfügen weder über Toiletten noch weitere sanitäre Einrichtungen. 5 000 Kinder sterben täglich an Krankheiten, die durch verunreinigtes Wasser übertragen werden.
Wassermangel ist ein ebenso gravierendes Problem wie der |131| Kampf gegen zu viel Wasser. Letzterer verbindet sich in der öffentlichen Wahrnehmung weitaus stärker mit Klimawandel. Stürme und Fluten taugen mehr für Katastrophenszenarien, während sich Wasserknappheit über einen längeren Zeitraum sozusagen durch Ausbleiben von Ereignissen akkumuliert, was weniger spektakulär ist und sich schlechter filmen lässt. Doch in den sozial und ökonomisch schwachen Staaten Nordafrikas und des Nahen Ostens fehlen bereits heute zwischen 20 und 40 Prozent Wasser. Dies ist ein seit Jahren existierendes Problem. Die Gründe: mehr Menschen, mehr Fabriken, mehr zu bewässernde Äcker, doch vor allem keine staatliche Kontrolle über
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