Die Klimaprioritaeten
Bewässerungssystem entnehmen und überschüssiges Wasser dann an bedürftige Nachbarhöfe veräußern.
Für solch einen Wasserhandel sind viele Fragen noch offen. Das Verhältnis von Wasser- zu Landrechten zum Beispiel oder ob Wasser hierfür privatisiert werden muss. Ob dem Markt das Wasserproblem anvertraut werden kann –
Nichtregierungsorganisationen
sind naturgemäß skeptisch. Sie sehen Wasser als ein elementares Menschenrecht, fürchten, dass höhere Wasserpreise zuerst die Armen treffen werden und halten Privatisierung ohnehin für ein »never ever«. Sie erkennen allerdings |134| auch an, dass der derzeitige Zustand nicht nachhaltig ist. Manche wie der Environmental Defense Fund in New York, einer der renommiertesten amerikanischen Umweltverbände, unterstützen darum die Idee von Marktpreisen und Wasserhandel. Vorausgesetzt, es gebe ein wasserdichtes Mess- und
Überwachungssystem
, einen verlässlichen Rechtsrahmen und eine funktionierende Verwaltung. »So ein Handelssystem könnte die gleiche Wirkung entfalten wie im Klimaschutz«, meint Direktor Fred Krupp. Das hänge maßgeblich vom Aufbau eines solchen Systems ab, wie es auf Länder und Wirtschaftszweige zugeschnitten ist. »Es muss sicherstellen, dass arme
Bevölkerungsschichten
am Ende nicht die Zeche zahlen.«
Dass der Markt helfen kann, zeigt das Beispiel Manila. In der philippinischen Hauptstadt vergibt die Regierung seit einigen Jahren Wasserkonzessionen an Privatfirmen und beauftragt sie damit, die Wasserversorgung von Elendsvierteln zu garantieren, wo die Bewohner unlängst 20 Prozent ihres Einkommens für Trinkwasser ausgeben mussten, das sie von einer Art Wassermafia erhielten, die das völlige Fehlen einer
Versorgungsinfrastruktur
ausnutzte. Das Unternehmen Manila Water versorgt nunmehr arme Stadtteile rund um die Uhr zu bezahlbaren Preisen.
Was passiert, wenn Wasser einen vergleichsweise hohen Preis hat, lässt sich in Japan beobachten. Keine Toilette, kein Bad und keine Küche ohne ausgetüftelte Wasserspartechniken. Und Japan leidet noch nicht einmal unter Wassermangel, im Gegenteil. Doch wer Wasser spart, spart am Ende Energie und hilft somit dem Klima.
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Der Stadtrat von Barcelona sollte vielleicht nach Japan fahren und sich dort kundig machen über effizienten Wassereinsatz. |135| Die katalanische Hauptstadt ist wohl bislang das dramatischste Beispiel dafür, welche Auswirkungen der Klimawandel auf Europa haben kann, welche Konflikte dies bringt – und wie rasch Wege gefunden werden müssen, sich darauf einzustellen.
Während ich dies schreibe, herrscht seit mehr als 18 Monaten Dürre. Die Wasserreservoirs der Stadt sind nur noch zu einem Fünftel gefüllt. Die Brunnen in den Parks wurden abgestellt, ebenso die Duschen an den Stränden, und Kanalbauer stopfen jedes auffindbare Leck. Im April 2008 entschied die Stadtverwaltung, Wasser per Schiff aus Marseille und
Entsalzungsanlagen
aus Andalusien zu importieren, um zu verhindern, dass Wasser rationiert werden muss. Sechs Monate sollen die Wasserschiffe pendeln, bleibt es auch danach weiter trocken, liefern sie so lange, bis wieder ausreichend Regen fällt. Die Kosten für den Wassertransport: 22 Millionen Euro im Monat.
Klimaforscher warnen seit langem, dass Spanien heißer und trockener werde. Regen bleibt häufiger aus. Die
Grundwasserspeicher
sind durch Bauboom, Wirtschafts- und Stadtwachstum überbeansprucht. Zudem dringt Salzwasser durch den steigenden Meeresspiegel immer leichter in das Grundwasser ein.
Über Wege aus der Wasserkrise wird heftig gestritten. Der katalanische Präsident will einen Nebenfluss des Ebro anzapfen, dies missfällt der Zentralregierung in Madrid. Bauern in Katalonien wollen sich ihr Recht auf Bewässerung nicht einschränken lassen, trotz zunehmendem Durst der
Millionenmetropole
. Wenn Wasser hier einen realen Preis bekommen sollte, erledigen sich viele Swimmingpools von selbst.
Ob Wassermangel Feriendörfer an der Costa de Sol in einigen Jahren zu Investmentruinen macht, wissen wir nicht. Auch nicht, ob Immobilienfirmen ihr Geld demnächst mehr |136| in schwimmende Häuser investieren. Denn wird es in Spanien unerträglicher, könnte es in Holland vielleicht endlich schön werden. Gewiss hingegen ist, dass weiter im Süden, in Marokko, schon jetzt nicht mehr viel zu retten ist: Der Landwirtschaft fehlt das Wasser. Die Weltbank zum Beispiel will darum Bauern helfen, sich daheim andere Einkommensquellen zu erschließen, damit sie
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