Die Klimaprioritaeten
den Wasserverbrauch. Ägypten nutzt fünfmal mehr Wasser, als sich natürlich nachbilden kann. Das gleiche Muster findet sich vielerorts zwischen Marokko und Pakistan. »Viele Staaten verbrauchen in rücksichtsloser Weise weitaus mehr Wasser, als sich erneuern kann«, schreibt ein UNDP-Report. Diese prekäre Situation wird durch den Klimawandel verschärft.
In Marokko, wo der Regen immer weniger ausreicht, die Felder zu bewässern, der Staat sich keine Staudämme leisten kann und die Grundwasserspeicher zur Neige gehen, bleibt den Bauern keine Wahl, als ihre Höfe und Felder aufzugeben. Viele verlassen ihre Familien und suchen Arbeit in Europa. In China bedroht knappes Wasser die Weizenproduktion und damit die Existenz vieler Bauern. Der Grundwasserspiegel sinkt dramatisch in der nordchinesischen Tiefebene, wo der Großteil des Weizens im Land angebaut wird, jährlich um 2 bis 3 Meter. Viele Wasserreservoirs sind nach Angaben der Weltbank nahezu erschöpft, da der Regen ausbleibt. Schlechte Weizenernten drücken auf den ohnehin angespannten Weltmarkt für Getreide, auf dem die Preise seit Monaten in den Höhe schnellen. Wassermangel führt somit auch zu steigenden
Lebensmittelpreisen
und wachsender Armut.
|132| Ein nachhaltiges Wassermanagement ist daher zwingend notwendig. Der Klimawandel verstärkt den Handlungsdruck. Die gute Nachricht: Wasser arbeitet in einem sich permanent erneuernden Kreislauf. Die Menge, die wir gestern hatten, haben wir auch morgen. Viele Wasserspeicher mögen erschöpft oder trocken gefallen sein, die Gesamtmenge bleibt jedoch gleich. »Der Erde geht nicht das Wasser aus. Es gibt genug«, sagt Julia Bucknall, Wasserexpertin der Weltbank. Das Problem sei die Verteilung und das Missmanagement. Bucknall glaubt an einen fundamentalen Wandel in den kommenden Jahren, wie Wasser genutzt wird. Sowohl für die Landwirtschaft als auch für städtische Versorgung.
Ein erster Schritt wären faire und realistische Preise, um sicherzustellen, dass Wasser nicht mehr wie bisher folgenlos verschwendet wird. Weltweit nutzen Bauern massiv direkt oder indirekt
subventioniertes Wasser. Das kostbare Nass ist dadurch für die Landwirtschaft viel zu billig. Bauern in Spanien bezahlen für ihr Wasser schätzungsweise nur 2 Prozent der tatsächlichen Kosten. »Die Subventionen sind pervers«, meinte Nestle-Chef Peter Brabeck-Letmathe in einem Interview mit der Financial Times . Er setzt sich dafür ein, mehr Markt zu wagen. Nur so könne eine Wasserkrise verhindert und der Verschwendung Einhalt geboten werden. Er akzeptiere, das Wasser teurer wird. »Wir werden mehr für unser Wasser zahlen müssen, und das ist richtig so.«
Die nicht-existente Preislenkung hat weltweit zu einem »verdeckten« Einsatz und Handel von Wasser geführt. Es ist im Grunde egal, wie viel Wasser in einem Produkt enthalten ist und zu seiner Herstellung benötigt wird. So produziert Pakistan mit knappen Wasservorräten T-Shirts und Jeans für die Welt. Ein T-Shirt braucht etwa 4 000 Liter Wasser zur Fertigung. Die
Weizenproduktion
in Australien ist enorm wasserintensiv, Dürren und die Abhängigkeit von künstlicher Bewässerung in normalerweise |133| regentrockenen Gebieten zwingen zu hocheffizientem Wassereinsatz. Auch wenn in Israel oder dem heißen Südwesten der USA die gelobte und sparsame Tropfenbewässerung
eingesetzt wird, bezweifeln Fachleute, ob in diesen trockenen Regionen langfristig intensive Landwirtschaft betrieben werden kann und soll. Bekommt Wasser einen realeren Preis, könnte sich dies ändern. Die Widerstände von Bauernverbänden, aber auch in Regierungen dürften allerdings groß sein. Nicht nur hat man es sich bequem eingerichtet in der
Verschwendungsmentalität
, ebenso dürften viele landwirtschaftliche Regionen und Erzeugnisse dann nicht mehr konkurrenzfähig sein – was sie ohnehin längst nicht mehr sind, doch wissen sich Amerikaner und Europäer seit langem mit aberwitzigen
Milliardensubventionen
für ihre Agrarprodukte zu helfen.
Eine andere Möglichkeit, Wasser einen Preis zu geben, der genauer seine Verfügbarkeit abbildet, wäre ein Wasserhandel. Angelehnt an das Prinzip des Emissionshandels, würden Unternehmer und Bauern Wasserquoten zugeteilt bekommen. Nutzen sie weniger als erlaubt, können sie die verbliebene Menge verkaufen. Benötigen sie mehr, müssen sie Wasser zukaufen. In der Schweiz wird bereits ein Wasserhandel erprobt. Hier dürfen Bauern eine festgelegte Menge aus dem
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