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Die Klinge der Träume

Die Klinge der Träume

Titel: Die Klinge der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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sonst nicht versuchten, die Sul'dam zu befreien. Man erlaubte auch nicht, dass sich Kara mit einer Sul'dam allein in einem Raum aufhielt, das Gleiche galt für Lemore, eine junge tarabonische Adlige, die man nach dem Fall Tanchicos an die Leine gelegt hatte. Allein würden sie wohl nicht auf die Idee kommen, aber keiner vermochte zu sagen, was sie wohl tun würden, wenn eine Sul'dam ihnen befahl, jemanden zu befreien. Sowohl in Kara wie auch Lemore war die Gewohnheit des Gehorsams stark verwurzelt.
    Jillaris Augen weiteten sich beim Anblick Elaynes, und sie ließ sich mit einem dumpfen Aufprall auf die Knie fallen. Sie wollte sich auf den Boden kauern, aber Kara griff nach ihren Schultern und drängte sie sanft zurück auf die Füße. Elayne bemühte sich, sich ihren Abscheu nicht anmerken zu lassen. Und hoffte, dass, wenn man ihn doch sehen konnte, man ihm dem Niederknien und Zusammenducken zuschreiben würde. Zum Teil stimmte das auch. Wie konnte nur jemand wollen, an die Leine gelegt zu werden? Sie vernahm wieder Linis Stimme und erschauderte. Du kannst die Beweggründe einer anderen Fran nicht kennen, solange du nicht ein Jahr lang in ihren Kleidern gelebt hast. Sollte man sie doch zu Asche verbrennen, sollte sie je das Verlangen verspüren, das zu tun!
    »Dazu besteht keine Notwendigkeit«, sagte Kara. »Wir machen das so.« Sie vollführte einen Knicks, auch wenn der nicht besonders anmutig war. Vor der Gefangennahme durch die Seanchaner hatte sie nie eine Stadt mit mehr als ein paar hundert Einwohnern gesehen. Nach kurzem Zögern breitete die Rothaarige ihre dunkelblauen Röcke noch unbeholfener aus. Tatsächlich kippte sie beinahe vornüber und errötete stark.
    »Jillari tut es Leid«, flüsterte sie beinahe und faltete die Hände auf Taillenhöhe. Den Blick hielt sie demütig zu Boden gesenkt. »Jillari wird sich bemühen, daran zu denken.«
    »›Ich‹«, sagte Kara. »Erinnert Ihr Euch, was ich Euch gesagt habe? Ich nenne Euch Jillari, aber Ihr bezeichnet Euch als ›ich‹. Oder es heißt ›mir‹. Versucht es. Und seht mich an. Ihr könnt es schaffen.« Sie hörte sich an, als würde sie ein Kind ermuntern.
    Die Seanchanerin befeuchtete sich die Lippen, warf Kara einen Seitenblick zu. »Ich«, sagte sie leise. Und fing prompt an zu weinen, und die Tränen rollten ihre Wangen schneller hinab, als sie sie wegwischen konnte. Kara umarmte sie und machte beschwichtigende Geräusche. Auch sie schien zu weinen. Aviendha trat unbehaglich von einem Bein auf das andere. Es waren nicht die Tränen - Aiel weinten ohne jede Scham, wenn ihnen danach war, ob nun Männer oder Frauen -, aber für sie war die Berührung mit den Händen in der Öffentlichkeit eine große Zurschaustellung von Gefühlen.
    »Warum geht ihr beiden nicht eine Weile allein weiter«, sagte Reanne mit einem tröstlichen Lächeln zu ihnen, das die feinen Fältchen in ihren Augenwinkeln tiefer werden ließ. Ihre Stimme war hoch und lieblich, gut für Gesang geeignet. »Ich hole euch ein, und wir können zusammen essen.« Die beiden machten auch vor ihr einen Knicks; Jillari weinte noch immer und wandte sich mit Karas Arm um die Schulter ab. »Wenn es Euch recht ist, meine Lady«, sagte Reanne, bevor sie zwei Schritte zurückgelegt hatten, » könnten wir uns auf dem Weg zu Euren Gemächern unterhalten.«
    Das Gesicht der Frau war unbewegt, und ihr Tonfall verlieh keinem der Worte ein besonderes Gewicht, und doch biss Elayne die Zähne fester aufeinander. Sie zwang sich dazu, sich zu entspannen. Es war albern, aus reiner Sturheit stur zu sein. Sie war klatschnass. Und fing an zu frösteln, obwohl man den Tag kaum als kalt bezeichnen konnte. »Ein ausgezeichneter Vorschlag«, sagte sie und raffte die mit Wasser vollgesogenen Röcke. »Kommt.«
    »Wir könnten etwas schneller gehen«, murmelte Birgitte, und zwar nicht leise genug.
    »Wir könnten auch rennen«, schlug Aviendha vor, ohne den Versuch zu unternehmen, die Stimme zu senken. »Die Anstrengung könnte uns trocknen.«
    Elayne ignorierte sie und rauschte angemessenen Schrittes daher. Bei ihrer Mutter hätte man das als majestätisch bezeichnet. Sie war keineswegs davon überzeugt, dass ihr das gelang, aber sie würde nicht durch ihren Palast rennen. Oder sich gar beeilen. Der Anblick, sie rennen zu sehen, würde ein Dutzend Gerüchte in die Welt setzen, wenn nicht sogar Hunderte, und jedes würde ein noch schlimmeres Ereignis vorhersagen als das vorherige. Es gingen bereits zu viele

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