Die Klinge der Träume
sollte«, sagte Astrelle angespannt. »Außerdem muss das auf den Einfluss des Schattens hinweisen…«
Tesan unterbrach sie, die mit Holzperlen geschmückten Zöpfe klickten, als sie den Kopf schüttelte. »Der Schatten, ja, aber Raduns Standard, der ist veraltet. Ihr müsst Covanens Erste Regel der Mittellinie benutzen und bereits verdorbenes und verderbendes Fleisch separat berechnen. Die korrekte Antwort ist, wie ich gesagt habe, dreizehn und neun. Ich habe sie noch nicht auf Mehl oder Bohnen oder Linsen angewendet, aber es erscheint intuitiv offensichtlich…«
Astrelle plusterte sich auf, und da sie eine mollige Frau mit einer formidablen Oberweite war, konnte sie sich auf beeindruckende Weise aufplustern. »Covanens Erste Regel?«, sprudelte sie hervor. »Das ist noch nicht richtig bewiesen worden. Korrekte und bewiesene Methoden sind immer schlampigen vorzuziehen…«
Beinahe hätte Alviarin gelächelt, während sie weiterging. Also war endlich jemandem aufgefallen, dass der Große Herr seine Hand auf die Burg gelegt hatte. Aber das Wissen würde ihnen nicht helfen, die Dinge zu ändern. Vielleicht hätte sie gelächelt, aber sie unterdrückte es, als jemand sprach.
»Ihr würdet auch das Gesicht verziehen, Ramesa, wenn man Euch jeden Morgen vor dem Frühstück den Riemen zu spüren geben würde«, sagte Norine viel zu laut, damit Alviarin es auch ja hören konnte. Ramesa, eine hochgewachsene schlanke Frau, deren Kleiderärmel mit silbernen Glöckchen verziert waren, wirkte überrascht, dass sie angesprochen wurde, und vermutlich war sie es auch. Norine hatte wenige Freunde, vielleicht auch gar keine. Sie fuhr fort, ihr Blick huschte zu Alviarin, um zu sehen, ob sie es gehört hatte.
»Es ist irrational, eine Bestrafung privat zu nennen und dann so zu tun, als würde nichts geschehen, wenn die Amyrlin sie angeordnet hat. Andererseits ist ihre Rationalität meiner Meinung nach immer überschätzt worden.«
Glücklicherweise hatte es Alviarin nur noch ein kurzes Stück bis zu ihrem Gemach. Sorgfältig verschloss sie die Außentür und legte den Riegel vor. Nicht dass jemand sie stören würde, aber sie hatte nicht überlebt, indem sie Risiken einging, wenn sie es nicht unbedingt musste. Die Lampen waren entzündet, ein kleines Feuer brannte in dem weißen Marmorkamin, um die Kühle eines frühen Frühlingstages fern zu halten. Wenigstens die Diener erfüllten noch immer ihre Pflichten. Aber selbst die Diener wussten Bescheid.
Stumme Tränen der Demütigung fingen an, ihr die Wangen hinunterzuströmen. Sie wollte Silviana umbringen, aber das hätte nur bedeutet, dass eine neue Oberin der Novizinnen sie jeden Morgen mit dem Riemen schlug, bis sich Elaida erweichen ließ. Aber Elaida würde sich niemals erweichen lassen. Sie zu töten wäre sinnvoller gewesen, aber solche Morde mussten sorgfältig rationiert werden. Zu viele unerklärte Todesfälle würden Fragen aufwerfen, möglicherweise gefährliche Fragen.
Und dennoch, sie hatte gegen Elaida getan, was sie konnte.
Katerines Mitteilungen über diese Schlacht verbreiteten sich in der ganzen Schwarzen Ajah und darüber hinaus. Alviarin hatte gehört, wie Schwestern, die nicht zu den Schwarzen gehörten, detailliert über die Quellen von Dumai sprachen, und wenn die Einzelheiten bei der Verbreitung ausführlicher geworden waren, umso besser. Bald würde sich auch die Nachricht über die Schwarze Burg hier verbreitet haben, vermutlich auf die gleiche Weise. Eine Schande, dass beides nicht ausreichen würde, damit Elaida entehrt und abgesetzt wurde, standen diese verfluchten Rebellen doch praktisch vor den Brücken, aber die Quellen von Dumai und die Katastrophe in Andor, die über ihr schwebten, würden sie davon abhalten, das wieder rückgängig zu machen, was Alviarin geschafft hatte. Sie hatte den Befehl erhalten, die Weiße Burg von innen zu vernichten. In jeder Ecke der Burg Chaos und Unfrieden zu stiften. Einen Teil von ihr hatte dieser Befehl geschmerzt, tat es immer noch, aber der größere Teil ihrer Loyalität lag bei dem Großen Herrn. Elaida selbst hatte die erste Bresche in die Burg geschlagen, aber sie hatte die Hälfte so zerschlagen, dass sie nicht mehr zu reparieren war.
Unvermittelt wurde ihr bewusst, dass sie wieder ihre Stirn berührte, und sie riss die Hand nach unten. Dort war kein Zeichen, nichts, das man sehen oder fühlen konnte. Bei jedem Blick in den Spiegel kontrollierte sie es, obwohl sie es besser wusste. Und doch, manchmal
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