Die Klinge der Träume
gehörte einer Fremden. »Ich glaube, Ihr habt ihr zu viel Spaltwurzel gegeben«, fuhr die Frau fort.
Ein eisiger Schrecken durchfuhr Egwene. Das also hatte man ihr eingeflößt! Sie zermarterte sich das Hirn, was ihr Nynaeve über diesen widerlichen Tee erzählt hatte, aber ihre Gedanken flössen noch immer träge. Auch wenn es anscheinend besser ging. Nynaeve hatte gesagt, dass es eine Zeit lang dauerte, bis die Wirkung völlig abgeklungen war. Da war sie sich sicher.
»Ich habe ihr genau die richtige Dosis gegeben, Felaana«, erwiderte die Schwester, die sie geschlagen hatte, trocken.
»Und wie Ihr sehen könnt, versetzt sie sie in genau den gewünschten Zustand. Ich will, dass sie allein gehen kann, wenn wir in der Burg eintreffen. Ich habe nicht vor, sie noch einmal zu tragen«, endete sie mit einem bösen Blick auf die Schwester, die zu Egwenes Linken saß, die aber lediglich den Kopf schüttelte. Das war Pritalle Nerbaijan, eine Gelbe, die sich stets nach Kräften bemüht hatte, sich vor dem Unterricht mit Novizinnen oder Aufgenommenen zu drücken, und die ihren Abscheu vor dieser Aufgabe nie besonders verschleiert hatte, wenn man sie dazu zwang.
»Sie von meinem Harril tragen zu lassen wäre äußerst unschicklich gewesen«, sagte sie kalt. Sogar eisig, wenn man es genau nahm. »Ich werde froh sein, wenn sie gehen kann, aber wenn nicht, ist es auch in Ordnung. Auf jeden Fall kann ich es kaum erwarten, sie den anderen zu übergeben. Wenn Ihr sie nicht wieder tragen wollt, Katerine, ich will sie nicht die halbe Nacht in der Zelle bewachen müssen.« Katerine warf abschätzig den Kopf in den Nacken.
Die Zellen. Natürlich, sie war für einen dieser kleinen, dunklen Räume auf der ersten Ebene der Burggewölbe bestimmt. Elaida würde sie beschuldigen, sich fälschlicherweise als Amyrlin-Sitz ausgegeben zu haben. Darauf stand die Todesstrafe. Seltsamerweise erfüllte sie dieser Gedanke nicht mit Angst. Vielleicht lag das an den Kräutern. Würden Romanda oder Lelaine nachgeben und sich damit einverstanden erklären, dass man eine von ihnen nach ihrem Tod zur Amyrlin erhob? Oder würden sie sich weiter bekämpfen, bis die ganze Rebellion scheiterte und die Schwestern eine nach der anderen bei Elaida angekrochen kamen? Eine traurige Vorstellung. Bis ins Mark traurig. Aber wenn sie Trauer fühlen konnte, dann unterdrückte die Spaltwurzel keine Gefühle. Doch warum verspürte sie dann keine Angst? Sie tastete mit dem Daumen nach ihrem Großen Schlangenring. Zumindest versuchte sie es und entdeckte, dass er verschwunden war. Glühendheißer Zorn flammte in ihr auf. Sie konnten sie töten, aber sie würden nicht leugnen können, dass sie eine Aes Sedai war.
»Wer hat mich verraten?«, fragte sie, erfreut, dass ihr Tonfall beherrscht und kühl klang. »Da ich Eure Gefangene bin, kann es ja nicht schaden, mir das zu sagen.« Die Schwestern starrten sie an, als würde es sie überraschen, dass sie eine Stimme hatte.
Katerine beugte sich zwanglos vor und hob die Hand. Die Rote kniff die Augen zusammen, als die blonde Felaana nach vorn schnellte, um den Schlag abzufangen, bevor er Egwene treffen konnte.
»Sie wird zweifellos hingerichtet werden«, sagte die Frau mit der heiseren Stimme ruhig, »aber sie wurde von der Burg aufgenommen, und keine von uns hat das Recht, sie zu schlagen.«
»Weg mit der Hand, Braune«, fauchte Katerine, und schockierenderweise hüllte das Licht Saidars sie ein.
Einen Augenblick später umgab das Licht jede Frau in der Kutsche mit Ausnahme von Egwene. Sie betrachteten einander wie streunende Katzen, die kurz davor standen, sich anzufauchen, kurz davor standen, mit den Krallen zuzuschlagen. Nein, nicht jede: Katerine und die hochgewachsene Schwester neben ihr sahen sich nicht einmal an. Dafür warfen sie den anderen genügend finstere Blicke zu. Was beim Licht ging hier vor? Die gegenseitige Feindseligkeit lag so dick in der Luft, dass Egwene sie wie Brot hätte schneiden können.
Schließlich ließ Felaana Katerines Handgelenk los und lehnte sich zurück, aber keine ließ die Quelle los. Egwene hatte plötzlich den Verdacht, dass keine bereit war, den ersten Schritt zu tun. Ihre Gesichter wiesen im bleichen Mondlicht alle einen gelassenen Ausdruck auf, aber die Braune hatte die Fäuste in die Stola gekrallt, und die Schwester, die mit Katerine nicht in Berührung kommen wollte, glättete ununterbrochen ihre Röcke.
»Ich finde, es ist endlich Zeit hierfür«, sagte Katerine und webte
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