Die Klinge des Löwen 02
des Grafen Max von Ortenburg, und
der ebenfalls anwesende Dietrich vom Hain, ein Mitglied der
Ritterschaft, haben auf ihrer Reise ein ehebrecherisches Verhältnis
miteinander begonnen. Sie hatten dazu reichlich Gelegenheit, da sie
viele Tage zusammen unterwegs waren. Man kann sich lebhaft
vorstellen, was in der Wildnis, die sie durchquerten, vorgefallen
ist. In einer Gegend, wo sie normalerweise kein wachsames Auge
fürchten mußten...“
„ Wart
Ihr denn dabei?“ Die scharfe Frage Elisabeths fuhr wie ein
Speer in die Stille und ließ den Ankläger verdutzt
schweigen. Aber kurz darauf kam spöttisch die Antwort. „Nein,
werte Frau von Husen, ich war nicht dabei. Aber das spielt auch keine
Rolle, denn ich habe zwei Zeugen, die meine Anklage bestätigen
werden.“
Auf
seinen Befehl wurde nun einer der beiden hereingeholt. Dietrich
starrte betroffen auf den Mann, der sporenklirrend an der Seite eines
Gerichtsdieners den Saal betrat. Zögernd und offenbar
verunsichert durch die große Versammlung, deren Köpfe sich
ihm neugierig zuwandten, blieb der Kriegsknecht am Eingang stehen.
„ Komm
hierher, Erdmann!“ rief ihm der Ankläger zu. Der
Söldnerführer des Geroldseckers nickte und trat mit nur
mühsam verdeckter Scheu vor das Tribunal. Für einen
Augenblick streifte er die beiden Angeklagten mit einem verschlagenen
Blick. Dann mußte er seine Aufmerksamkeit dem Richter zuwenden,
der ihn kritisch betrachtete.
„ Hoheit,
das ist der Hauptmann eines Teils der bei mir im Sold stehenden
Reisigen“, stellte Graf Urban seinen Zeugen vor. „Sein
Name ist Erdmann. Er wird bezeugen, was ich soeben in meiner
Anklagerede erklärt habe.“
Herzog
Berthold musterte Erdmann abschätzend von oben bis unten. Seiner
Miene war nicht zu entnehmen, welche Meinung über den Zeugen
sich in seinem Kopf formte. Dietrich ahnte, daß er jetzt seine
ganze Aufmerksamkeit auf die bevorstehende Befragung konzentrieren
mußte. Vielleicht war die Beurteilung des Richters hinsichtlich
der Glaubwürdigkeit Erdmanns noch zwiespältig. Mit der
nötigen Geistesgegenwart, hoffte Dietrich, würde es ihm
vielleicht gelingen, den vermuteten Zwiespalt zu vergrößern...
Der
Richter stützte den rechten Ellenbogen auf die Armlehne seines
Stuhles, faßte mit der Hand unter sein Kinn und musterte den
vor ihm stehenden Zeugen mit durchdringenden Blicken. „Weißt
du, warum du hier stehst?“
„ Äh,
ja“, antwortete der Söldnerführer leise, als habe die
Autorität, die der Herzog ausstrahlte, ihn eingeschüchtert.
„ Kerl,
weißt du nicht, wie du mich anzureden hast?“
Der
Ankläger mischte sich ein. „Vergebung, Hoheit, er ist ein
rauher Waffenknecht und nicht vertraut mit den höfischen
Regeln!“
Ein
spöttisches Auflachen des Herzogs ging seiner hohntriefenden
Antwort voraus. „Ihr hättet diesen Tölpel eben auf
den heutigen Tag vorbereiten sollen!“
Mit
dunkelrotem Gesicht deutete Urban eine Verbeugung an. „Ich
bitte um Verzeihung für diese Unterlassung.“
Herzog
Berthold winkte mit einer gnädigen Geste ab und wandte sich
wieder dem Zeugen zu. „Weißt du auch, was dein Herr den
hinter dir stehenden Angeklagten vorwirft?“
Erdmann
wandte flüchtig den Kopf und beeilte sich dann, zu antworten.
„Er hat mir gesagt, daß sie Ehebruch begangen
hätten...Hoheit.“
„ So?
Hat er das! Und du, Bursche, hast es geglaubt?“
„ Äh,
nein...Eure Hoheit. Nicht geglaubt. Ich wußte es...weil ich
dabei war!“
„ Ach,
nein! Du warst dabei - wobei?“
„ Ich
begleitete die beiden Angeklagten auf ihrem Ritt zur Husenburg.“
„ Und?
Was passierte da? Mann, laß dir nicht die Würmer einzeln
aus der Nase ziehen!“
„ Äh...wie
man so sagt...sie buhlten miteinander.“
„ So?
Wie ging das vor sich?“
„ Na
ja, sie waren sehr freundlich zu einander.“
„ Und
was kam dann?“
„ Dann?
Ja, das war es eigentlich. Das war die Buhlschaft!“
Jetzt
war es an Herzog Berthold, rot anzulaufen. Voller Zorn rief er dem
Ankläger zu: „Sagt, wollt Ihr diese Gerichtssitzung zu
einer Narrenposse verkommen lassen? Mir scheint, neben Euch habt Ihr
mir nun einen weiteren Narren präsentiert! Der glaubt
anscheinend, hier als Spaßmacher auftreten zu können! Ich
denke, wir werden ihm die Peitsche zu schmecken geben, bis er
begriffen hat, daß Buhlschaft wohl etwas anderes ist, als die
Freundlichkeit zwischen zwei Menschen.“
Graf
Urbans Gesichtröte war bei den ätzenden Worten des Richters
abrupt umgeschlagen: Aschfahl und mit
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