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Die Klinge des Löwen 02

Die Klinge des Löwen 02

Titel: Die Klinge des Löwen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Weil
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nicht zugunsten
dieses Mannes ausgefallen. Er wandte sich mit deutlicher Skepsis in
der Stimme an den Ankläger. „Ist das Euer zweiter Zeuge,
Graf Urban?“

„ Ja,
Hoheit. Er berichtete mir, was er im Geroldswald sah.“
    „ Im
Geroldswald?“ Ein mißtrauischer Blick des Herzogs
streifte Jörg Wigand. „Was hatte er denn dort zu suchen?“
    „ Er
ist Köhler, Hoheit.“
    „ So,
so - ein Köhler. Da muß er sich aber für den heutigen
Tag tüchtig geschrubbt haben. Man sieht ja keinerlei Rußflecken
an ihm!“
    Lachen
klang auf im Saal. Die Versammlung schien die bissige Bemerkung von
der heiteren Seite zu nehmen. Der Blutige Jörg allerdings fand
wohl des Herzogs Worte nicht lustig, denn sein glattes, bleiches
Gesicht verfinsterte sich.
    „ Du
weißt, warum du hier bist?“ fragte der Herzog in strengem
Ton.
    Ehe
Jörg Wigand den Mund aufmachen konnte, hatte sich Graf Urban
schon eingemischt. „Er ist Augenzeuge gewesen, Eure Hoheit, und
hatte Gelegenheit, die buhlerische Verbindung zwischen den
Angeklagten ungesehen zu beobachten.“
    „ So?"
sagte Herzog Berthold mit unüberhörbarem Zweifel in der
Stimme und ohne den vor ihm stehenden Zeugen aus den Augen zu lassen.
"Nenne mir deinen Namen!“
    „ Ich
heiße Jörg Wigand.“
    „ Man
nennt ihn auch den 'Blutigen Jörg'!“
    Es
war Dietrich, der sich nicht länger hatte zurückhalten
können. Sein unvermittelter Zwischenruf schien des Herzogs
Argwohn gegen den Zeugen zu verstärken. Sein Gesichtsausdruck
wurde immer düsterer, je länger er Jörg Wigand
betrachtete. Dann aber wandte er sich plötzlich an Dietrich,
wobei sein Antlitz eine ebenso freundliche wie interessierte Miene
annahm.
    „ Woher
wißt Ihr das?“
    „ Wir
alle", Dietrich warf Ida einen kurzen Blick zu, "die wir
auf der Reise zur Kastelburg waren und den Geroldswald durchqueren
mußten, haben diesen sogenannten Zeugen und seine Komplizen zur
Genüge kennengelernt. Er ist nichts weiter als der Hauptmann
einer Räuberbande, die im Geroldswald ihr Unwesen treibt.“
    „ Ich
protestiere gegen die Einmischung des Angeklagten, Hoheit!“
rief Graf Urban empört. „Es steht ihm nicht zu, einen
Zeugen der Anklage herabzusetzen, noch ehe dieser zu Wort gekommen
ist.“
    Mit
bedächtigem Kopfnicken und leiser Ironie antwortete der
herzogliche Richter: „Das ist wahr. Ihr kennt die
Prozeßvorschriften trefflich gut, Graf Urban!" Und als er
sich anschließend noch einmal an Dietrich wandte, schwang ein
Ton des Bedauerns in seinen Worten mit: "Ich muß Euch
bitten, junger Ritter, Euch zurückzuhalten.“ Und zu Jörg
Wigand gewandt, mit einer unwilligen Geste: „Der Zeuge möge
nun berichten!“
    Wortlos
und argwöhnisch sah Jörg Wigand sich um, als fürchte
er, gleich selbst zum Angeklagten gestempelt zu werden. Erst nach
einer erneuten Aufforderung des Herzogs machte er den Mund auf.
    „ Also,
das war so“, begann er umständlich. „Zusammen mit
ein paar Gehilfen war ich im Wald unterwegs, um Holz zu schlagen. Da
hörten wir Stimmen. Da wir Waldleute vorsichtige Menschen sind,
befahl ich meinen Gehilfen, zu warten. Ich selbst schlich mich dann
näher und erblickte einen Mann und zwei Frauen. Auch ein kleiner
Junge war dabei. Sie alle befanden sich auf einem hohen Felsen, den
man den Heidentempel nennt und der mitten im Walde liegt. Ich sah,
wie der Mann und die beiden Frauen nackt auf der flachen Felsenplatte
tanzten und wie sie sich anschließend in unzüchtiger Weise
miteinander vergnügten und dazu immer wieder lüstern
lachten. Das Schlimmste von allem aber war, und das hat mich sehr
bedrückt, daß das Kind diese Unzucht mit ansehen mußte.“
    Während
Ida vor Entsetzen über die niederträchtige Lüge
aufstöhnte, ballte Dietrich in wachsendem Zorn die Fäuste.
Allein die Autorität des Herzogs hielt ihn davon ab, sich auf
den gemeinen Lügner zu stürzen und ihn niederzuschlagen.
    Herzog
Berthold hatte sich den Bericht des Zeugen mit unbewegter Miene
angehört. Im Saal war es unruhig geworden. Das empörte
Gemurmel schwoll an, ohne das man erkennen konnte, ob die Empörung
den Angeklagten galt oder sich gegen Jörg Wigand richtete.
    „ Ich
bitte mir Ruhe aus!“ rief der Herzog unwillig und wandte sich
dann mit finsterem Blick an Jörg Wigand. „Erkennst du in
den Angeklagten die Personen wieder, von denen du eben gesprochen
hast?“
    Der
Zeuge drehte sich um und warf mit seinen unsteten Augen einen
flüchtigen Blick auf Ida und Dietrich. Dann wandte er sich
wieder dem Herzog

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