Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Klinge: Roman (German Edition)

Die Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
Vom Netzwerk:
Das wusste er noch, weil er im letzten Frühling dort gewesen war. Sie hatten sich mit einigen anderen Paaren zum Abendessen getroffen: Ronald und Dale, Mary und ihr Freund …
    Lester konnte sich nicht mehr an seinen Namen erinnern. Und wollte es auch nicht. Der Typ war genauso gewesen wie alle anderen Freunde Marys: gut aussehend wie ein Fotomodel, arrogant und langweilig.
    Helen, Ronald, Dale und der Schönling.
    Ohne Mary und die Margaritas wäre das Essen eine Qual gewesen.
    Mary, eine neue Lehrerin an der Grand Beach High, war vielleicht nicht das jüngste Mitglied der Fakultät, aber mit Sicherheit das hübscheste. Lester hatte den Eindruck, dass sie für eine Lehrerin ein wenig oberflächlich war. (Mein Gott, man musste sich nur die Typen ansehen, mit denen sie ausging!) Aber an diesem Abend im Willow Inn war sie einfach atemberaubend mit ihrem wallenden dunklen Haar, den leuchtenden Augen, dem wilden Lachen … und dem tief ausgeschnittenen Kleid.
    Dieses Kleid würde Lester niemals vergessen. Genauso wenig wie die glatten, sonnengebräunten Oberseiten von Marys Brüsten. Oder wie er hin und wieder während des Essens einen tiefen Blick in ihr Dekolleté hatte werfen können.
    Er hatte Ronald ertappt, wie er sie ebenfalls verstohlen begafft hatte.
    Aber nicht der Schönling. Dieser widerliche Typ war wahrscheinlich der Meinung gewesen, dass er es nicht nötig hatte. Raffiniert, wie er war, würde er sein Gesicht im Laufe der Nacht ohnehin zwischen ihren nackten Brüs ten reiben.
    Warum kann mir so was nicht mal passieren?
    Solche Frauen stehen nicht auf Männer wie mich.
    Aber manchmal kann ich sie wenigstens ansehen, dachte er. Von Mary habe ich an diesem Abend eine Menge gesehen.
    Näher werde ich ihr wahrscheinlich nie kommen.
    Schade, dass sie nicht im Veranstaltungskomitee war.
    Aber ich wette, dass sie auf der Halloween-Party auftaucht.
    Letztes Jahr war sie als Bauchtänzerin gekommen.
    Plötzlich bemerkte Lester, dass er nur noch einen Häuserblock vom Willow Inn entfernt war – und sein Glied erigiert wegen der Gedanken an Mary.
    Hör auf, an sie zu denken. Denk an etwas Unangenehmes.
    Denk an Helen, das sollte reichen.
    Er dachte an Helen, und es funktionierte.
    Obwohl es düster im Inneren war, fühlte Lester sich beobachtet, als er über den dicken Teppich zur Bar schritt. Es war das erste Mal, dass er allein in eine Cocktailbar ging.
    Keine große Sache, sagte er sich. Das ist keine echte Bar, sie ist Teil des Restaurants.
    Entspann dich. Es gibt nichts, wovor du Angst haben musst.
    Doch, alles Mögliche.
    Was, wenn mich jemand hier sieht?
    Na und? Es ist schließlich kein Verbrechen. Und ich bin nicht mit einer anderen Frau hier.
    Ihm war heiß vor Aufregung, und er kam sich mutig vor, als er sich auf einen der Barhocker setzte. Auf der anderen Seite der Theke standen beleuchtete Reihen von Schnapsflaschen.
    Der Barkeeper kam zu ihm. »Was kann ich Ihnen bringen?«, fragte er. Er hatte nichts Barsches oder Aufdringliches an sich. Ein ganz normaler, freundlicher Mann, wie ein Kellner im Restaurant.
    »Ich hätte gern eine Margarita«, sagte Lester. »Mit Eis.«
    »Kommt sofort.«
    »Danke.«
    Er sah zu, wie der Barkeeper seinen Drink mixte.
    Irgendwie aufregend, dachte er. Ich sollte öfter in solche Läden gehen.
    Als die Margarita fertig war, legte der Barkeeper eine Serviette vor Lester auf die Theke und stellte das Glas darauf. »Soll ich einen Deckel machen?«
    »Was?«
    »Soll ich einen Deckel für Sie machen?«
    »Oh. Ja, ich glaub schon.« Lester errötete. »Klar. Danke.«
    Der Barkeeper nickte und wandte sich ab.
    Wahrscheinlich hält er mich für einen Vollidioten.
    Was soll’s, dachte er. Ich bin eben kein alter Hase, was Kneipen angeht.
    Er griff nach seinem Drink.
    »Ach, Sie sind das«, sagte eine Stimme hinter ihm. Eine Frauenstimme. Mit einem schleppenden Südstaatentonfall. »Ich wusste doch gleich, dass ich Sie irgendwoher kenne, Mr. Bryant.«
    Oh Gott.
    Er drehte sich mit dem Hocker um und blickte im Halb dunkel zu einem faltigen Gesicht auf. Das Lächeln und die traurigen Augen waren von rotem Haar eingerahmt. »Ach, hallo«, sagte er. »Wie geht’s Ihnen, Emily Jean?«
    »Tja, ganz gut.« Sie lachte leise. »Zuerst habe ich Sie kaum erkannt, ohne Helen an Ihrer Seite. Wussten Sie, dass das Umfeld für das Wiedererkennen eine größere Rolle spielt als die Gesichtszüge? War Ihnen das klar, Mr. Bryant?«
    »Ich habe es vermutet«, sagte er, obwohl er nicht genau wusste,

Weitere Kostenlose Bücher