Die Klinge: Roman (German Edition)
grinste mit dem Pfeifenstiel zwischen den Zäh nen.
»Ich glaub, das ist ziemlich offensichtlich«, sagte sie.
»Wirklich?«
»Hör auf damit.«
»Vielleicht liebe ich dich immer noch, trotz deines Betrugs.«
»Ich habe dich nicht betrogen.«
»Du bist schwanger geworden.«
»Wenn du mich lieben würdest, würdest du es nicht Betrug nennen. Also fahr zur Hölle. Ich bekomme das Kind, und ich bin fertig mit dir.«
»Aber vielleicht bin ich noch nicht fertig mit dir.« Er blies ihr Rauch ins Gesicht.
Janet wedelte ihn weg. »Doch«, sagte sie. »Auch wenn du es vielleicht noch nicht gemerkt hast.« Sie löste die Sicherungskette. »Aber mach dir nichts draus«, sagte sie. »Du hast bestimmt keine Probleme, einen angemessenen Ersatz zu finden.«
»Vielleicht will ich keinen Ersatz.« Er blies ihr erneut eine Rauchwolke entgegen.
»Die Welt strotzt nur so vor jungen Frauen, die geradezu danach lechzen, eine beiderseitig befriedigende Beziehung mit einem so charmanten Mann wie dir einzugehen.«
Er lachte. »Aber ich will dich.« Wieder nebelte er sie ein.
Janet schlug ihm die Pfeife aus dem Mund. Als sie auf dem Boden aufschlug, flogen Asche und glühende Tabakstückchen heraus.
Dave hob sie auf. Er trat die Glut aus. »Du solltest wirk lich etwas gegen diese Neigung zur Gewalt unternehmen«, sagte er.
Janet öffnete die Tür. »Tschüss.«
»Wir sehen uns bald, Schätzchen.«
»Bitte nicht.«
»Oh doch. Verlass dich drauf.«
12 HAPPY HOUR
Als er Montagnachmittag Feierabend hatte, zog Lester die hohe Eichentür der Bibliothek des Blessed Virgin College zu und schloss sie ab. Den Blick zu Boden gerichtet, stieg er die Treppe hinab und ging die gewundene Straße entlang. Er hatte es nicht eilig. Es gab keinen Grund, nach Hause zu gehen. Helen würde Klassenarbeiten korrigieren oder Prüfungen vorbereiten.
»Guten Tag, Mr. Bryant.«
Er erkannte die Stimme und sah auf. »Hallo, Schwester Eunice.« Er versuchte, gut gelaunt zu klingen.
»Ist das nicht ein herrlicher Tag heute? So neblig und golden.« Sie lachte leise. »Es liegt natürlich am Smog, aber ist es nicht herrlich?«
»Es ist wunderschön«, sagte Lester.
»Ich fand es schon immer paradox, dass giftige Abgase so schön aussehen können, wenn die Sonne richtig steht. Eine von Gottes kleinen Gnaden, vermute ich. Tja, Sie haben es bestimmt eilig, nach Hause zu kommen. Einen schönen Abend noch. Grüßen Sie Ihre bezaubernde Frau von mir.«
»Mach ich, Schwester. Guten Abend.«
Er ging zum Auto und fuhr vom Parkplatz. Die Straße, die den steilen Hügel hinabführte, war so eng und kurvig, dass manche Fahrer, wenn sie es eilig hatten, über die Mittellinie fuhren. Aber nicht Lester. Er wich nie von seiner Straßenseite, und vorsichtshalber hupte er außerdem noch vor jeder unübersichtlichen Kurve.
Er wusste, wie gefährlich diese Straße war. Während seines Jahrs an der Blessed Virgin hatte es bereits drei Frontalzusammenstöße gegeben.
Nein, nur zwei.
Er hupte und nahm den Fuß vom Gas, ehe er in die Kurve fuhr.
Der dritte Unfall war kein Frontalzusammenstoß gewesen. Der Fahrer, der bergab fuhr, war ausgewichen – und von der Straße abgekommen und sechzig Meter in die Tiefe gestürzt. Die Flammen aus dem Wrack hatten ein Buschfeuer entzündet, bei dem ein Haus abgebrannt war. Ein Student hatte in dem Wagen gesessen.
Und Schwester Joan.
Schwester Joan mit den hellen grünen Augen wie Nikki.
Lester wurde zu schnell für die nächste Kurve.
Vielleicht sollte ich …
Warum nicht?, dachte er. Warum zum Teufel eigentlich nicht?
Das würde der Schlampe recht geschehen.
Welcher? Helen oder Nikki?
Er trat auf die Bremse. Die Reifen quietschten auf dem Asphalt und griffen.
»Euch beiden«, murmelte er. »Euch beiden. Ihr beschis senen Schlampen.«
Verdammt, als würde ich mich wegen zwei beschissenen Schlampen umbringen.
Es sind nicht die einzigen Frauen auf der Welt.
Die Welt ist voller Frauen.
Einige davon würden viel darum geben, mit einem Mann wie mir zusammen zu sein.
Nicht zum ersten Mal fragte sich Lester, warum er sein Leben mit einer frigiden, herablassenden Frau wie Helen vergeudete. Sie schien sich nur für ihre Arbeit zu interessieren. Für ihn interessierte sie sich gewiss nicht. Er sollte sich scheiden lassen und eine Frau suchen, die ihn liebte.
Das sollte ich wirklich tun. Bevor es zu spät ist.
»Ja«, sagte er.
Und beschloss, sich einen Drink zu genehmigen. Eine Margarita.
Im Willow Inn gab es gute.
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