Die Klinge: Roman (German Edition)
Mr. Bryant. Fahren Sie mit ihr im nächsten Sommer nach Europa.«
Lester entwich ein schroffes Lachen. Er schüttelte den Kopf. »Sie hat bereits ihre eigenen Pläne geschmiedet. Sie hat sich bereit erklärt, mit einer Schülergruppe nach England, Frankreich, Spanien und so weiter zu fahren.« Er runzelte die Stirn und trank.
Emily Jeans Martini war fast leer.
»Kann ich Ihnen noch einen Drink ausgeben?«, fragte er.
»Sehr gern.«
Der Barkeeper war nirgends zu sehen, aber eine Kellnerin lief zwischen den Tischen herum. Er gab ihr ein Zeichen, zu ihnen zu kommen.
»Wir nehmen noch eine Runde«, sagte er. Zufrieden mit sich selbst fügte er hinzu: »Der Barkeeper hat mir schon einen Deckel gemacht.«
»Und was möchten Sie?«
»Ich nehme einen doppelten Martini, Schätzchen«, meldete sich Emily Jean, »aber nicht zu viel Wermut, bitte.«
»Und für mich noch eine Margarita.«
Als die Kellnerin gegangen war, drückte Emily Jean Lesters Unterarm. »Das ist sehr freundlich von Ihnen«, sagte sie.
»Ist mir ein Vergnügen.«
»Was Ihren Ausflug nach Europa angeht, fahren Sie auch nach Wales? So ein herrliches …«
»Ich fahre nirgendwohin. Ich bleibe im sonnigen – nebligen – Grand Beach. Ich kann nicht weg. Ich habe im Sommer nicht frei.«
»Und Sie erlauben Helen, ohne Sie zu fahren?«
Er nickte.
»Mein Exmann Robert wäre eher mit dem Floß nach Peru gepaddelt, als mir zu erlauben, allein zu verreisen.«
»Helen tut, was ihr gefällt.«
»Sie ist wirklich eine eigensinnige Frau.«
»Sie hat Eier in der Hose.«
»Mr. Bryant!« Emily Jean kicherte. »Es ist schrecklich, so etwas über seine eigene Frau zu sagen.«
»Stimmt.«
Beide schwiegen, während die Kellnerin die Servietten austauschte und die Getränke servierte.
Als sie gegangen war, sagte Lester: »Es muss doch wenigstens noch ein oder zwei Frauen auf der Welt geben, die sich nicht damit brüsten, selbstständig und unausstehlich zu sein.«
»Die Welt wimmelt von solchen Frauen.« Leise wiederholte sie: »Sie wimmelt geradezu davon.«
»Das ist schön zu hören.« Lester sah sie an. »Aber ich bin nicht sicher, ob ich das glauben kann.«
»Es ist einfach die Wahrheit. Wenn Helen nicht zu schätzen weiß … Ich glaube, die meisten Frauen würden sich geehrt fühlen …«
Schnell wandte sie das Gesicht ab. »Entschuldigen Sie mich bitte, Mr. Bryant?« Sie zog ein Taschentuch aus ihrer Handtasche und drückte es sich an die Nase. Dann rutschte sie aus der Nische.
Lester beobachtete, wie sie durch den schwach beleuchteten Raum ging. Ein paarmal geriet sie ins Taumeln und musste sich an einem Tisch abstützen.
Er hatte noch nie eine Frau mit so dünnen Beinen gese hen. Ein Wunder, dass sie überhaupt darauf stehen konnte. Natürlich schwankte sie, weil sie zu viel getrunken hatte. Vielleicht hätte er ihr keinen weiteren Martini anbieten sollen. Sie musste schon einige getrunken haben, bevor er gekommen war.
Und ich komme rein und gebe ihr noch einen aus und bringe sie zum Weinen.
Er hasste es, Frauen weinen zu sehen.
Während er auf sie wartete, trank Lester seine Margarita aus. Emily Jeans Glas war noch nicht ganz leer.
Ob sie noch einen will?
Sie braucht auf jeden Fall keinen mehr, dachte er.
Was erlaube ich mir eigentlich, zu sagen, was sie braucht?
Er winkte der Kellnerin. Als sie an den Tisch kam, bestellte er sich eine weitere Margarita.
»Noch einen Martini für die Dame?«, fragte sie.
»Ich glaube nicht. Im Moment nicht. Vielleicht, wenn sie zurückkommt.«
Er schlürfte langsam die frische Margarita und dachte über Emily Jean nach. Sie schien ein trauriger Fall, wenn man bedachte, dass sie an einem Montagnachmittag direkt von der Schule in einen solchen Laden ging und dort allein trank …
Hofft sie, dass jemand sie abschleppt?
Warum nicht?, dachte er. Sie macht auf jeden Fall einen einsamen Eindruck.
Da sind wir schon zu zweit.
Dann begann er sich zu fragen, wo sie blieb.
Nachdem er seine Margarita ausgetrunken hatte, gab er der Kellnerin ein Zeichen. Sie kam an den Tisch.
»Noch eine?«, fragte sie.
»Im Moment nicht. Erinnern Sie sich an die Frau, die hier mit mir gesessen hat?«
»Die Rothaarige?«
»Ja. Sie ist zur Toilette gegangen … das muss schon bald eine halbe Stunde her sein. Würde es Ihnen etwas ausmachen, mal nach ihr zu sehen? Ich mach mir ein wenig Sorgen, dass etwas nicht stimmt.«
»Klar, ich sehe nach.«
Nach einer Weile kam sie kopfschüttelnd und mit nach oben gedrehten
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