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Die Klinge: Roman (German Edition)

Die Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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ähnelte einem Kommodenaufsatz. Die Armreifen, Ringe, Broschen und Ohrringe darin waren leicht und elegant. Reichlich Diamanten und Perlen. Klassisches Zeug.
    Er trat zur anderen Seite der Kommode und öffnete das zweite Schmuckkästchen aus schlichtem Holz. Keine Diamanten, keine Perlen. Viel Messing und Silber, viel Holz, viel Türkis. Rustikaler Indianerschmuck.
    Er zog eine Schublade auf. Auf einem Stapel heller Unterhosen lag ein weißer Plastikzylinder, ungefähr dreißig Zentimeter lang und an einem Ende abgerundet. Er nahm ihn wie eine Taschenlampe in die Hand und betätigte den Schalter. Mit einem leisen Summen begann er zu vibrieren.
    Er erinnerte sich an den Lippenstift auf der Kaffeetasse.
    War der »Ehemann« eine Frau?
    Keine Zeit, mir darüber den Kopf zu zerbrechen, dachte er.
    Ich muss hier raus! Charlene plaudert wahrscheinlich gerade mit den Bullen! Erzählt ihnen alles. Beschreibt mich!
    Männlicher Weißer, siebzehn Jahre alt, ein Meter fünfundsiebzig …
    »Wow!«
    Er musste sich zusammenreißen, um nicht vor Begeisterung in die Luft zu springen.
    Männlich? Scheiße, nein!
    Er ließ den Morgenmantel zu Boden gleiten und ging durchs Schlafzimmer zu der blonden Perücke.

19   LESTER VERSUCHT SEIN GLÜCK
    Seit Tagen hatte Lester mit dem Gedanken gespielt, noch einmal ins Willow Inn zu gehen. Doch jedes Mal, wenn er an die Kreuzung gekommen war, an der er links hätte abbiegen können, war er weiter geradeaus nach Hause gefahren und hatte sich gefragt, ob Emily Jean Bonner in der Bar saß und auf ihn wartete.
    Heute wird es anders sein, sagte er sich, während er sich wieder der Kreuzung näherte. Heute würde er abbiegen.
    Als er die Ampel sah, setzte er den Blinker. Er bremste ab. Die Ampel sprang auf Gelb, dann auf Rot. Er hielt vor dem Zebrastreifen.
    Mein Gott, soll ich das wirklich machen?
    Was, wenn Emily Jean nicht dort ist?
    Vielleicht trinke ich mit jemand anderem. Waren beim letzten Mal noch andere Frauen dort?
    Es war ziemlich leer gewesen.
    Emily Jean wird dort sein. Sie muss einfach.
    Nachdem er sich an der Bar eine Margarita geholt hatte, schlenderte Lester durch den schwach beleuchteten Raum. Es waren mehr Gäste da als bei seinem letzten Besuch. Er sah sich um, betrachtete die Gesichter an den Tischen.
    Emily Jean war nicht darunter.
    Aber er sah drei andere Frauen, die infrage kamen.
    Zwei, die zusammen an einem Tisch saßen, und eine, die allein saß.
    Lester nahm an einem Tisch in der Nähe der einzelnen Frau Platz.
    Sie wirkte gepflegt und lässig. Ihr blondes Haar war kurz geschnitten. Die Chiffonbluse stand am Hals weit offen, und durch den dünnen Stoff konnte man ihre aufgerichteten Nippel sehen.
    Hübsch, dachte Lester. Sehr hübsch.
    Zu hübsch. Sie will mit einem Typen wie mir garantiert nichts zu tun haben.
    Er richtete seine Aufmerksamkeit auf die beiden anderen Frauen.
    Sie saßen sich gegenüber und nippten an Drinks, die aussahen wie Whiskey Sours. Von seinem Platz aus konnte er von der Brünetten nur den Rücken sehen. Ihre blonde Freundin hatte eigentlich ein nettes Gesicht, aber etwas daran stieß ihn ab. Er beobachtete, wie sie redete und zuhörte und antwortete. Schließlich erkannte er das Problem. Sie grinste ununterbrochen.
    Vergiss sie. Und vergiss ihre Freundin auch. Sie sind wahrscheinlich beide zum Weglaufen.
    Er sah wieder zu der einzelnen Frau.
    Sie wirkte einsam – allein mit ihrem Martini, den sie locker in der Hand hielt, auch wenn er vor ihr auf dem Tisch stand. Nicht einmal während Lester sie beobachtete, hob sie den Blick von ihrem Glas.
    Er fragte sich, ob er es bei ihr versuchen sollte.
    Kein Ehering.
    Aber eine Frau wie sie konnte unmöglich auf ein Abenteuer aus sein. Es musste einen dazugehörigen Mann geben, wahrscheinlich einen Anwalt oder Arzt oder Hollywood-Produzenten.
    Es sei denn … es gab viele andere Möglichkeiten. Sie könnte kürzlich geschieden worden oder verwitwet sein. Sie könnte eine Hausfrau sein, die sich gern herausputzt und sich am Nachmittag einen Quickie mit einem Frem den gönnt, ehe ihr Mann von der Arbeit kommt. Sie könnte eine Lesbe sein. Oder eine Edelhure.
    Warum es nicht mal bei ihr versuchen?, dachte Lester. Schlimmstenfalls kriege ich einen Korb.
    Ihr Glas war leer. Sie drehte den Kopf und hielt nach der Kellnerin Ausschau.
    Mit klopfendem Herzen stand Lester auf und ging zu ihr. Kurz bevor sie ihn ansah, fiel ihm sein Ehering ein. Schnell streifte er ihn ab.
    »Kann ich Ihnen einen Drink

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