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Die Klinge von Namara: Roman (German Edition)

Die Klinge von Namara: Roman (German Edition)

Titel: Die Klinge von Namara: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
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zuckenden Schwanz erkannte, dass er immer noch zutiefst besorgt war.
    Genau wie ich.
    Ganz zu schweigen von ängstlich und leidend. Es kostete mich enorm viel Willenskraft, meine Hände wieder an mein Gesicht zu führen. Dieses Mal legte ich die Fingerspitzen an die Ränder meiner Wangenknochen, die sich nach wie vor wund anfühlten, und strich von dort aus mit den Daumen hinab zum Kiefergelenk. Es fühlte sich an, als würde jemand Nägel in meinen Kiefer hämmern, als ich die Daumen nach vorn bewegte   – und dabei Knochen und Fleisch verschob. Dieses Mal schrie ich nicht. Ich wagte es nicht, nicht, solange ich an meinem Kieferknochen arbeitete. Aber, ach, wie ich wimmerte   …
    Die Augenwinkel waren das, was mich fertigmachte. Ich hatte vorgehabt, sie so umzuformen, dass sie weniger fremd aussahen. Nie hätte ich mich so verändern können, dass ich wie ein echter Zhani ausgesehen hätte, nicht mit meinen minimalen bildhauerischen Fähigkeiten. Aber ich hoffte, die Differenz zwischen meinen varyanischen Wurzeln und meiner Zhani-Heimat verringern zu können. Doch die Nerven in meinen Lidern waren einfach zu empfindlich für das, was ich da zu tun versuchte, und ich drohte, das Bewusstsein zu verlieren.
    Ich konnte spüren, wie mir bei diesem Unterfangen die Kontrolle über den Zauber entglitt, und ich kämpfte darum, durchzuhalten, war aber einfach nicht mehr in der Lage, die Dinge im Griff zu behalten. Die Glyphen unter meiner Haut fingen an zu pulsieren und zu hüpfen, als der Zauber eine Gegenreaktion freisetzte und meine Finger tief in mein Gesicht hineintrieb. Ich fühlte, wie sich die Knochen zur Reaktion auf den Zauber bogen und verdrehten, und ich wusste, ich war nur Sekunden davon entfernt, mein Gesicht in zwei Hälften zu zerreißen.
    Das war der Moment, in dem die Stimme in meinem Geist erklang. Du bist eine Klinge Namaras. Die letzte Klinge. Du wirst dich beherrschen, wie es sich für einen Diener der Göttin geziemt, und du wirst es überstehen.
    Die Stimme war fest, kalt und geschlechtslos, aber enorm vertraut, und mein einziger Gedanke war, dass jenseits aller Hoffnung, aller Gebete, sogar jenseits des Todes, die Gerechtigkeit selbst zu mir sprach. Der Gedanke wurde verstärkt durch das Gefühl eines zweiten, geisterhaften Händepaares, das sich über meine Hände legte, kaum spürbar an ihnen zupfte und versuchte, sie von meinem Gesicht zu lösen. In diesem Augenblick war ich überzeugt, dass meine Göttin zurückgekehrt war, um mir einen letzten Befehl zu erteilen.
    Und ich gehorchte.
    Was hätte ich sonst auch tun sollen? Ich griff durch die Qual und die Gegenreaktion und die Krämpfe und übernahm wieder die Kontrolle über meine Handlungen und meinen Schmerz. Ich folgte der Führung der geisterhaften Hände und hinderte meine eigenen daran, an meinem Gesicht zu reißen. Nie zuvor hatte ich solch einen Schmerz erlebt wie zu dem Zeitpunkt, da ich langsam und vorsichtig den Schaden richtete, den ich mirselbst zugefügt hatte. Am liebsten hätte ich mich zum Sterben zusammengerollt, aber immer, wenn ich glaubte, ich könnte nichts mehr zusetzen, sprach die Stimme wieder in der Dunkelheit meines Geistes.
    Du bist Aral Königsmörder. Du wirst nicht versagen. Du kannst nicht versagen. Ich liebe dich, und ich werde nicht zulassen, dass du versagst. Du wirst es schaffen. Du wirst überleben, und du wirst triumphieren.
    Und irgendwo in all dem erkannte ich, dass die Stimme, die ich hörte, nicht Namara gehörte, sondern Triss. Die Hände, die meine führten, waren kalt und seiden, ein zarter Hauch, gesponnen aus Schatten, die uns über all die unüberwindbaren Linien des Diagramms hinweg verbanden. Das hätte niederschmetternd sein müssen, ganz so, als hätte ich meine Göttin ein zweites Mal verloren, aber so war es nicht. Es war zutiefst tröstlich.
    Nie in all den Jahrhunderten, die mein Orden überdauert hatte, hatten Klinge und Finsterling so miteinander kommuniziert, Worte, klar und deutlich von Geist zu Geist gesprochen. Dass dies nun in größter Not geschah, war ganz einfach ein Wunder. Meine Göttin mochte tot sein, aber es gab keine Macht außer der Gerechtigkeit, die einer Klinge solch eine Gunst gewähren konnte. Nicht, nachdem wir vom Hof des Himmels selbst verdammt worden waren. Irgendwo lebte der Geist der Gerechtigkeit fort und hatte mir gegeben, was ich brauchte, als ich es am dringendsten brauchte.
    Mit diesem Halt und Triss Führung vervollständigte ich die schwierige Aufgabe,

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