Die Klinge von Namara: Roman (German Edition)
her, seit ich mir zum letzten Mal ein drittes Getränk gegönnt hatte, aber dieses Mal tat es mir überhaupt nicht leid. Die Reise über Qethars Durathstraße hatte mir einen schlimmen Fall von Krabbeltiergänsehaut eingetragen, die zusammen mit meiner Sorge um Faran mehr als Grund genug war, meiner Impulsivität die Spitze zu nehmen, ehe ich ernsthaft versuchen konnte, weitere Informationen aus unserem Durkothfreund herauszuprügeln, der, dessen war ich mir sicher, mehr wusste, als er uns verraten wollte.
»Warum verschwindet Ihr nicht gleich jetzt?«, fragte ich Fei. »Wir wissen beide, was dieser Ort da unten zu bedeuten hatte. Sagen wir, es gelingt Euch, das Kothmerk-Problem so zu lösen, dass Ihr bei Eurem König nicht dauerhaft in Ungnade fallt, würdet Ihr dann ernsthaft bereit sein, Euren Dienst für einen Mann wieder aufzunehmen, der Euch derart missbraucht hat, wie Thauvik es getan hat?«
Feis Mienenspiel wechselte von griesgrämig zu zornig, als sie ihr Bier abstellte, beide Hände auf die Tischplatte legte und sich zu mir herüberbeugte. »Kommt mir nicht so scheinheilig,Klinge. Ich habe nicht dem untergegangenen Haus der Gerechtigkeit den Rücken zugekehrt, nur um mich als billiger Schattenlöhner zu verdingen.«
Das traf mich härter als ein Schlag ins Gesicht und viel härter, als es mich getroffen hätte, würde mir Faran nicht unentwegt durch den Kopf spuken. Ich hatte mich von ihr und all den anderen Schülern abgewandt, so sicher, wie ich dem Tempel den Rücken zugekehrt hatte, auch wenn mir das bis jetzt nicht bewusst gewesen war. Ich stellte mein Glas ebenfalls ab, sorgte instinktiv dafür, dass ich die Hände zum Kampf frei hatte.
Aber Fei wich nicht von ihrer Linie ab. »Bei meiner Arbeit ging es nie um diesen Bastard, der die Krone trägt, und ich hatte nie den Luxus von euch im Tempel herangewachsenen Gewächshausblümchen, über den Dreckskerl, der auf dem Thron hockt, zu Gericht sitzen zu dürfen. Ich klebe auch nicht an den hübscheren Teilen dieser Stadt, wie es die strahlenden Ritter der regulären Garde tun. Ich war nie Zhani genug für solch einen Rang. Verdammt, ich habe es anfangs nur mit größter Mühe geschafft, mich in die Nachtgarde in den Stolprern zu schmeicheln. Und nun sitze ich hier fest und muss den verdammten Frieden zwischen all diesen Ungeheuern und Unholden auf jede mir nur mögliche Art wahren.
Ich weiß, dass viele Leute auf mich herabblicken, weil ich mir bei all diesem Schattenseitendreck, den ich durch meine Arbeit anfassen muss, die Finger schmutzig mache. Ich will Leben retten und dafür sorgen, dass die Stadt nicht durch die Schattenkriege in der Luft zerrissen wird, und das bedeutet, ich muss mich mit jedem vorstellbaren Nassauer und jedem Gesetzesbrecher gut stellen. Mir ist klar, was das aus mir macht. Aber ich werde mir von Aral, dem verdammten Königsmörder, keine Vorträge über das Übertreten moralischer Grenzen halten lassen. Ich mag ein Gauner sein, der schlimmere Gauner davon abhält, allzu großen Schaden zu verursachen, aber ich weiß wirklich nicht, inwiefernsich das so großartig davon unterscheiden soll, im Namen der Götter Schwarzlöhnerei zu betreiben.«
Eigentlich hatte ich erwartet, Zorn zu empfinden, als sie fertig war, und ich spürte, dass Triss wegen meiner möglichen Reaktion besorgt war – seit wir die Fähigkeit der Telepathie entwickelt hatten, konnte ich seine Gefühle immer besser und besser wahrnehmen. In gewisser Weise hätte ich Zorn willkommmen geheißen. Das wäre leichter gewesen, weniger schmerzhaft. Aber da war kein Zorn. Nicht nach meiner Erfahrung mit dem Knochenformer und den Dingen, über die ich im Anschluss hatte nachdenken müssen.
Was ich empfand, war Mitgefühl und Scham. Zwar war mir das nie bewusst gewesen, doch Fei und ich hatten verdammt viel gemeinsam. Wir waren beide das Endergebnis der Zersetzung von Idealisten. Statt Fei also ebenso anzugehen wie sie mich, nickte ich nur.
»Da ist was dran.«
»Was?« Fei sank kraftlos auf ihren Platz, fiel in sich zusammen wie ein Kugelfisch am Haken. »Ihr habt nicht vor, mich selbstgerecht herunterzuputzen und mir zu erzählen, wie viel besser Eure Göttin gegenüber meinem König doch ist?«
»Nein. Meine Göttin ist tot, Fei. Ich kann ihr nicht mehr dienen. Das ist mir erst kürzlich klar geworden.« Ich nahm noch einen Schluck Whiskey und stellte fest, dass das Glas leer war. »Ich kann immer noch mein Bestes geben, um der Gerechtigkeit zu dienen, und
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