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Die Klinge

Titel: Die Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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aus. Tweed nahm sie in den Arm und streichelte ihr beruhigend übers Haar. Schließlich löste sich Paula aus seiner Umarmung und trocknete sich mit dem Taschentuch das Gesicht.
    »Tut mir Leid«, sagte sie leise. »So was ist normalerweise nicht meine Art.«
    »Das sind die verspäteten Auswirkungen des Schocks. Eine zwangsläufige Reaktion auf das, was passiert ist. Ich schlage vor, Sie trinken erst mal einen Schluck Wasser, und dann wollen wir den Champagner probieren.«
    »Ich hatte solchen Durst, ich habe schon mal einen halben Liter aus der Wasserflasche getrunken, die hier im Zimmer stand. Aber kommen Sie mit auf den Balkon hinaus, diese Aussicht müssen Sie gesehen haben.«
    Sie nahm Tweed beim Arm, während sie mit der anderen Hand nach ihrem Champagnerkelch griff. Dann führte sie ihn hinaus auf den Balkon. »Hier ist es ja kälter als in Zürich«, sagte sie fröstelnd. »Wieso eigentlich?«
    »Das liegt an den Bergen. Bei meinem letzten Besuch hier war es genauso. Besonders am späten Nachmittag sinkt die Temperatur rapide, selbst wenn, wie jetzt, die Sonne scheint.«
    Sie stießen an. Paula trank erst einen kleinen, dann einen größeren Schluck. Der Champagner war köstlich und rieselte
ihr wie prickelndes Feuer die Kehle hinab. Sie spürte, wie sie sich allmählich entspannte. Das fiel auch Tweed auf, dessen Arm sie noch immer hielt. Nach einer Weile entschuldigte sich Paula, ging ins Zimmer zurück und zog sich eine wärmere Jacke an. Tweed setzte sich inzwischen an den Balkontisch und blickte hinaus auf den See. Als er ihre munteren Schritte hörte, stellte er erleichtert fest, dass es ihr offenbar wieder besser ging. Paula setzte sich auf den Stuhl neben Tweed.
    »Da drüben ist der Monte Brè«, erklärte er, während er auf den linken Berg zeigte. »Auf den Gipfel führt eine Seilbahn hinauf. Allerdings ist das ein ziemlicher Schwindel. Wenn man in der Talstation eine Fahrkarte kauft, sagt einem nämlich niemand, dass man weiter oben in eine zweite Seilbahn umsteigen muss. Zuerst fährt man mit einer großen, geräumigen Kabine zu einer Zwischenstation, und von dort geht es dann mit einer sehr viel kleineren Kabine weiter, in der man sich wie in einem Schuhkarton fühlt. Bei meinem ersten Besuch hier war ich so sauer, dass ich gar nicht bis zum Gipfel hinaufgefahren, sondern gleich mit der nächsten Bahn wieder ins Tal zurückgekehrt bin.«
    »Und wie heißt der Berg auf der rechten Seite?«
    »Seinen Namen kenne ich nicht. Aber etwas weiter rechts von uns liegt der Monte San Salvatore. Auf den kann man in einem Rutsch mit der Seilbahn bis ganz oben fahren. Vom Gipfel aus hat man einen atemberaubenden Blick auf den See, der am Fuß des Berges einen Knick nach links macht.«
    »Schade, dass wir hier nicht auf Urlaub sind. Ich muss ständig an den Mörder denken. Und immer wieder an die Frage, warum er die Köpfe von drei seiner Opfer mitgenommen hat, den der armen Elena Brucan aber nicht.«
    »Wie Beck gesagt hat - sie wurde mitten in einer großen Stadt getötet, und das am helllichten Tag. Das Viertel um
die Sihl ist zwar sehr ruhig, aber der Mörder konnte trotzdem nicht sicher sein, dass nicht jemand vorbeikam und ihn sah.« Tweed hätte noch ausführlicher werden können, aber er wollte die Unterhaltung von dem düsteren Thema weglenken.
    »Wenn mir nur einfallen würde, was ich unbewusst mitbekommen haben muss«, sagte Paula. »Ich bin mir sicher, dass es von entscheidender Bedeutung ist. Aber ich kann mich ja nicht einmal erinnern, wer es zu mir gesagt hat.«
    »Noch einmal: Denken Sie nicht mehr dran. Irgendwann fällt es Ihnen wie von selbst ein. Möchten Sie noch ein Schlückchen Champagner?«
    »Aber wirklich nur ein Schlückchen. Sie verwöhnen mich viel zu sehr. Ich habe vorhin das Etikett gesehen. Das ist ein echter Krug, den wir hier trinken.«
    »Für Sie ist mir das Beste gerade gut genug«, entgegnete Tweed und füllte erneut ihr Glas.
    »Beck ist wirklich ein Schatz«, sagte Paula. »Er hat alles von uns fern gehalten und die Sache mit dem Killer im Zug ganz allein erledigt. Als wir aus dem Warteraum kamen, war der Zug bereits weitergefahren.«
    »Ja, Beck hat das großartig organisiert. Ich habe auf dem Weg zum Taxi kurz mit ihm gesprochen. Er hat gewartet, bis alle Fahrgäste, die in Lugano aussteigen wollten, den Bahnsteig verlassen hatten. Diejenigen, die einsteigen wollten, hat er von seinen Leuten mit irgendeiner Geschichte im Bahnhof zurückhalten lassen. Erst dann kam der

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