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Die Klinge

Titel: Die Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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Silhouette der beiden Türme immer noch vor sich. Tweed sagte etwas zu ihr, was sie aber nicht verstand.
    »Alles in Ordnung mit Ihnen?«, wiederholte er und legte ihr die Hand auf die Knie.
    »Ja.« Sie schlug die Augen wieder auf und lächelte ihn zuversichtlich an. »Die Fahrt durch den Tunnel hat mich irgendwie müde gemacht«, flunkerte sie.

    »Wie schon gesagt, jetzt sind wir in einer völlig anderen Welt«, sagte Tweed. »Hier im Tessin überwiegen der romanische Einfluss und die mediterrane Kultur. Das merkt man schon daran, dass hier im südlichsten Kanton der Schweiz Italienisch gesprochen wird. Hier sagt man ristorante und nicht mehr Gasthof wie im deutschsprachigen Norden.«
    »Ich habe mir das Tessin aber ganz anders vorgestellt, nicht so kahl und felsig.«
    »Warten Sie, bis wir weiter unten sind. In Lugano werden Sie sehen, was ich meine. Es ist ein subtropisches Paradies, in dem es zur Hochsaison leider ziemlich zugeht. Jetzt dürfte es dort aber viel ruhiger sein.«
    »Ich kann es kaum erwarten.«
    Paula hatte gerade ihren Satz beendet, als Newmans Mobiltelefon sich meldete. Er wechselte ein paar Worte mit dem Anrufer, ehe er den Apparat an Tweed weiterreichte. »Es ist Beck.«
    »Hallo, Tweed. Ich bin gerade mit dem Hubschrauber in Airolo gelandet. Konnte leider nicht früher anrufen. In den Bergen habe ich keine Verbindung bekommen …«
    »Ich traue diesen neumodischen Dingern sowieso nicht über den Weg. Die kann man viel zu leicht abhören. Wir sollten lieber auf einem anderen Weg miteinander kommunizieren.«
    »In der Not frisst der Teufel Fliegen«, sagte Beck, der stolz auf sein flüssiges und idiomatisch korrektes Englisch war. »Ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich schon mal nach Lugano weiterfliege. Von dort aus bringt mich ein Wagen nach Bellinzona, wo ich auf Sie warten werde.«
    »Unser Abteil liegt im dritten Waggon, gleich hinter dem Speisewagen.«
    »Verstanden. Passen Sie gut auf sich auf.«
    Tweed gab das Handy mit spitzen Fingern an Newman zurück und erzählte seinen Leuten, was Beck gesagt hatte.
    »Wieso Bellinzona?«, sagte Paula und schaute auf den Fahrplan.
    »Das ist der letzte Halt vor Lugano«, sagte Tweed. »Von dort sind es nur noch zwanzig Minuten.«
    »Aber wieso macht er sich die Mühe, nach Bellinzona zu kommen?«, fragte Paula verwundert. »Er könnte doch ebenso gut in Lugano auf uns warten.«
    »Er wird schon seine Gründe dafür haben. Aber Bellinzona wird Ihnen gefallen, auch wenn wir nur kurz dort halten. Dort gibt es nämlich mehrere Burgen.«
    Paula wurde auf einmal sehr müde und fiel dann auch tatsächlich in tiefen Schlaf. Offensichtlich hatte die Fahrt durch den Tunnel sie doch stärker mitgenommen, als sie gedacht hatte. Erst als Tweed ihr wieder die Hand aufs Knie legte, wurde sie schlagartig wach und sah sich erstaunt um.
    »Sind wir schon in Bellinzona?«
    »Nein, aber in zehn Minuten. Ich dachte, Sie wollten vielleicht einen Blick nach draußen werfen.«
    Vor dem Fenster zog jetzt eine ganz andere Landschaft vorbei. Die Berge waren viel niedriger, und rechts und links neben dem Gleis erstreckten sich frisch gepflügte Felder. Hier und da waren schon die ersten Laubbäume zu sehen. Der Zug fuhr jetzt wieder schneller. Paula fiel auf, dass Tweed weiterhin die rechte Hand in seine Jacke geschoben hielt und sie nur hin und wieder herausnahm, um die Finger zu strecken.
    »Ist etwas mit Ihrer Hand nicht in Ordnung?«, fragte sie besorgt.
    »Nein«, antwortete er grinsend, »ich fühle mich nur recht wohl als Napoleon.«
    Der Zug verlangsamte die Fahrt und rollte auf Bellinzona zu. Tweed hatte nicht übertrieben, die kleine Stadt war tatsächlich von einer mächtigen Burganlage umschlossen, die ihr ein ziemlich wehrhaftes Aussehen verlieh.

    »Ich gehe schon mal vor und schaue nach, ob ich Beck irgendwo entdecke«, sagte Paula und machte Anstalten, das Abteil zu verlassen.
    »Jeder bleibt auf seinem Platz und rührt sich nicht von der Stelle«, sagte Tweed mit schneidender Stimme.
    Er klang so kalt und hart, dass Paula sich diesen plötzlichen Stimmungsumschwung nicht erklären konnte. Außerdem starrte ihr Chef unablässig hinaus auf den Gang. Auf einmal herrschte eine derart angespannte Atmosphäre, dass Paula es nicht einmal wagte, nach ihrer Tasche zu greifen, in der sich die Browning befand. Und dann geschah alles rasend schnell.
    Der Zug hielt an, und Paula hörte, wie sich draußen auf dem Gang die Automatiktüren zischend öffneten. In diesem

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