Die Klinge
leicht. Aber mit einem verrückten Serienkiller haben wir es ganz bestimmt nicht zu tun. Bis jetzt wissen wir nicht viel mehr, aber früher oder später stolpern wir ganz bestimmt über eine heiße Spur. Bei der Aufklärung von so manchem Mordfall spielt eben das Glück eine entscheidende Rolle. Aber jetzt kann ich wirklich nicht länger bleiben.«
»Gehen Sie nur. Ich will Sie nicht länger aufhalten.« Marienetta sah Paula aus ihren schräg stehenden Katzenaugen an. »Sophie macht sich über diese Sache noch die wenigsten Gedanken. Sie hat nur das Geschäft im Kopf. Ich weiß gar nicht, wie oft sie schon in Boston bei unserer dortigen Fabrik war. Stellen Sie sich vor, sie hat sogar einen General im Pentagon dazu bewegen können, uns einen großen Rüstungsauftrag zuzuschanzen.«
»Das freut mich für Sophie«, sagte Paula, während sie aufstand.
Paula eilte in Richtung Tweeds Suite, als sich ihr eine große, kräftige Gestalt in Wollpullover und Sporthosen in den Weg stellte.
»Auf ein Wort, bitte«, sagte Broden und hielt seine Zimmertür für sie auf.
Paula wollte ihm die Bitte zuerst abschlagen, überlegte es sich dann aber anders. Bis auf den kurzen Wortwechsel im ACTIL-Büro in Zürich hatte sie nur wenig mit ihm gesprochen. Broden rang sich sogar ein Lächeln ab, als er
ihr einen Sessel anbot und sie fragte, was sie zu trinken haben wolle.
»Ein Kaffee wäre mir recht, danke.«
»Der Zimmerservice hat vor zwei Minuten eine frische Kanne gebracht. Milch und Zucker?«
»Nein, einfach nur schwarz.«
»Schwarz wie die Sünde. Die Lady hat Geschmack«, sagte er, während er eingoss und ihr die Tasse reichte. »Wissen Sie, ich habe ja schon viel erlebt, aber der Mord an Black Jack hat mich wirklich überrascht.« Er nahm ihr gegenüber in einem Sessel Platz. »Abraham Seale und diese Brucan waren zwei derart verschrobene Gestalten, die früher oder später einmal ein solches Ende nehmen mussten. Ich war anwesend, als Mr. Arbogast mit ihnen in seinem Büro gesprochen hat, deshalb weiß ich, was ich sage. Bei Black Jack war das anders. Er war der Typ, von dem ich dachte, dass er uralt werden und friedlich im Bett sterben würde. Wenn man sich von ihm nichts gefallen ließ, ist man eigentlich recht gut mit ihm ausgekommen.«
»Was ist mit Hank Foley, dem Hausmeister in Pinedale?«
»Tja, den Fall werden Sie wahrscheinlich nie lösen. Stört es Sie, wenn ich rauche?«
»Nein.«
Während er sich einen Zigarillo anzündete, den er aus einem silbernen Etui auf dem Tisch genommen hatte, betrachtete Paula den Mann noch einmal ganz genau. Nase, Lippen und Kinn in dem wettergegerbten Gesicht erinnerten an die eines Boxers, und die Augen hinter den schweren Lidern waren glasig wie die einer Eidechse und verrieten keinerlei Gemütsregung.
»Wieso glauben Sie, dass wir den Mörder von Hank Foley nie finden werden?«, fragte sie.
»Dieser Parrish, der Deputy in Pinedale, ist dumm wie Bohnenstroh. Ich kann das gut beurteilen, weil ich nämlich
einmal einen ganzen Abend lang mit ihm Bier getrunken habe. Außerdem habe ich einen guten Freund beim FBI in Boston, und der hat mir gesagt, dass sie mit dem Fall noch keinen Schritt weiter sind.«
»Haben Sie denn eine Vermutung, wer der Mörder sein könnte?«, fragte Paula, stand auf und wandte sich zum Gehen.
»Wenn ich Sie wäre, würde ich ihn unter den Gästen hier in diesem Hotel suchen.«
Als Paula endlich in Tweeds Suite ankam, wollte Tweed gerade zum Frühstück gehen. »Bitte, warten Sie noch«, sagte Paula. »Ich habe Ihnen so einiges zu erzählen.«
Tweed setzte sich gehorsam und unterbrach sie nicht ein einziges Mal, während sie ihre Unterhaltung mit Marienetta und ihr Gespräch mit Broden schilderte. Sein einziger Kommentar bezog sich auf ihre Beschreibung des überraschenden Zusammentreffens mit dem Sicherheitschef von ACTIL.
»Ich glaube, wir haben Mr. Broden bisher sträflich vernachlässigt«, bemerkte er.
»Und dann hatte ich auch wieder einen schrecklichen Albtraum«, sagte Paula. »Der war so echt und Furcht einflößend …«
Wieder hörte Tweed ihr zu, ohne sie zu unterbrechen. Ihre Schilderung des Traums war so realistisch, dass es Tweed fast so vorkam, als hätte er ihn selbst geträumt. Paula, die sich normalerweise unter Kontrolle hatte, nestelte nervös mit den Händen. Gelegentlich schloss sie sogar die Augen, um sich besser erinnern zu können. Mit einem tiefen Seufzer beendete sie ihre Erzählung.
»Tut mir Leid, dass Sie so
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