Die Klinge
nicht so recht vorankommt - gehe ich mit Black Jack zum Essen. Man kann ihm zwar nicht über den Weg trauen, aber er ist ein lustiger Mensch, der mich immer wieder aufheitert. Ich versuche es immer so einzurichten, dass Sophie von unseren Verabredungen nichts mitbekommt. Wenn sie davon nämlich erfährt, dreht sie durch und ist sogar imstande, mir mit Mord zu drohen.«
»Das meinen Sie doch nicht im Ernst, oder?«
»Doch, das ist mein voller Ernst«, erwiderte Marienetta nach einer Weile nachdenklich. »Sophie ist ja so launisch. Mal will sie Black Jack unbedingt heiraten, dann lässt sie ihn wieder am ausgestreckten Arm verhungern. Es ist eine verworrene Beziehung. Aber ich schweife ab. Reden wir lieber über Abraham Seale. Er war schon ein seltsamer Kauz. Und jetzt ist der arme Kerl der fürchterlichen Axt zum Opfer gefallen. So, mehr weiß ich leider nicht über die Morde. Und wie steht es bei Ihnen?«
Ihre Katzenaugen blickten Paula auffordernd an. Hoffte sie, dass ihre Gesprächspartnerin mehr herausgefunden hatte?
»Ich habe viel darüber nachgedacht, dass der erste Mord ausgerechnet in Maine verübt wurde«, begann Paula. »Wann haben Sie Russell Straub eigentlich kennen gelernt?«
»Das war auf einer Party in New York. Da hat er sich regelrecht an mich rangeschmissen und wollte, dass ich alles stehen und liegen lasse und mit ihm nach Kalifornien fliege. Ich habe natürlich abgelehnt.«
»Ist Straub eigentlich verheiratet? Das sollte ich zwar wissen, aber irgendwie ist mir diese Information entgangen.«
»Er war verheiratet. Seine Frau hat sich von ihm scheiden lassen. In aller Stille, versteht sich.«
»Warum hat sie das getan?«
»Sie hat mal zu mir gesagt, sie hätte es satt, einen Mann zu haben, der nicht mit ihr, sondern mit der Politik verheiratet ist. Russell ist ein Fanatiker, hat sie zu mir gesagt, einer, der über Leichen geht, um Präsident zu werden. Und eines Tages wird er das sein. Er hat bereits viele Gruppierungen und einflussreiche Personen um sich geschart, die ihn unterstützen.«
»Ein Fanatiker?«, wiederholte Paula.
»Genau so hat ihn seine Frau genannt.«
Sie unterhielten sich noch eine Weile, bis Paula ihren Chef zurückkommen und zu den Aufzügen gehen sah. Sie bedankte sich eilig bei Marienetta für die Einladung und verabredete für später ein weiteres Treffen mit ihr. Als Paula ihren Mantel an der Garderobe abholte - sie hatte ihn mit nach unten genommen, falls Marienetta nach dem Tee noch einen Spaziergang vorgeschlagen hätte -, sah sie, wie Roman Arbogast, in einen dicken Wintermantel gehüllt, gerade das Hotel verließ.
Einem Impuls folgend, zog Paula kurzerhand ihren Mantel an und folgte ihm. Draußen war es bereits dunkel.
Um diese Jahreszeit brach der Abend früh herein. Arbogast, der einen großen, offenbar ziemlich schweren Aktenkoffer trug, bog in die Bahnhofstraße ab. Als Paula ihm durch die hell erleuchtete, aber wie ausgestorben wirkende Bahnhofstraße hinterherging, hörte sie auf einmal Schritte, die sich ihr rasch von hinten näherten. Sie drehte sich um und sah, dass Newman ihr nacheilte.
»Was machen Sie denn, Paula? Nach Einbruch der Dunkelheit sollten Sie nicht allein draußen umherspazieren.«
»Ich verfolge Roman Arbogast. Da vorn geht er. Bitte, sagen Sie Tweed nichts davon.«
»Das muss ich mir noch überlegen.«
Auf einmal war Arbogast verschwunden. Offenbar war er in die erste Seitenstraße links abgebogen. Wo will er nur hin?, fragte sich Paula. Newman ergriff ihren Arm und schob sie mit Bestimmtheit in Richtung Hotel.
»Ich sehe niemanden. Gehen wir zurück.«
Im Hotel begleitete Newman sie noch zum Lift, fuhr aber selbst nicht mit nach oben. Paula eilte auf ihr Zimmer, zog den Mantel aus und hängte ihn an die Garderobe. Dann ging sie zu Tweeds Zimmer und klopfte an die Tür. Tweed öffnete mit ernster Miene.
»Was war los?«, fragte Paula und setzte sich.
»Monica hat Beck angerufen und ihm gesagt, sie müsse mich ganz dringend über eine sichere Leitung sprechen. Also hat sein Fahrer mich ins Präsidium gebracht, und ich bin auch sofort zu Monica durchgekommen.«
»Warum wollte sie, dass Sie sie anrufen?«
»Ich bin mir sicher, dass Monica wieder mal vierundzwanzig Stunden durchgearbeitet hat. Sie hat in der ganzen Welt herumtelefoniert und doch tatsächlich den Stammbaum der Familie Arbogast zusammengetragen. Sie ist zwar noch lange nicht damit fertig, aber bei ihren Recherchen ist sie auf unschätzbar wertvolle
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