Die Klingen der Rose: Ein unwiderstehlicher Schurke (German Edition)
für die Erben!« London schüttelte abwehrend den Kopf, wusste jedoch insgeheim, dass sie es nicht leugnen konnte. Nicht einmal vor sich selbst.
»Aber deshalb hat Ihr Vater Sie doch mitgenommen«, erklärte Day. »Er braucht Sie, um eine Quelle zu finden. Sie sollen die Inschrift auf den Ruinen von Delos übersetzen. Und wenn er Sie deshalb mit nach Griechenland genommen hat und Sie in die Angelegenheiten der Erben involviert, dann muss es sich um eine sehr mächtige Quelle handeln.«
»Wir haben kürzlich erfahren«, ergänzte Athene, »dass die Erben unlängst in Afrika die legendäre Urquelle in ihren Besitz bringen konnten.«
»Die Urquelle ist die älteste und mächtigste Quelle überhaupt«, erläuterte Day grimmig. »Niemand weiß, was geschieht, sollten die Erben ihr Geheimnis entschlüsseln. In jedem Fall etwas Unvorstellbares. Jetzt können wir nur noch verhindern, dass sie sich noch weiterer Quellen bemächtigen, einschließlich der hier in Griechenland.«
Das hieß im Klartext: Auf London lastete das Schicksal von unzähligen Menschen. Beinahe hätte sie aufgelacht. Sie war doch nichts Besonderes! Nur eine kultivierte Witwe, die sich zufällig für Sprachen interessierte. Man hatte ihr von Kindesbeinen an beigebracht, dass sie der Familie zur Ehre zu gereichen hatte. Ein hübsches Schmuckstück sollte sie sein, das über die rauen Seiten des Lebens hinwegsehen ließ. Doch wer hatte ihr das beigebracht? Ihr Vater. Ein Erbe von Albion. Und wenn sie nun wollte, konnte sie ihm und den Erben einen Strich durch die Rechnung machen.
»Deshalb haben Sie mich also hierher verschleppt.« Sie deutete auf das Kaik. »Weil erst meine Übersetzung den Erben von Albion den Weg weisen wird.«
»Ja.« Day trat dicht vor sie. Sie blickten einander unverwandt in die Augen. Selbst inmitten dieses Durcheinanders spürte London erneut die unbändige Anziehungskraft, die zwischen ihnen bestand. Diese Kraft besaß selbst die Wirkung eines Zaubers, gegen den es kein Mittel gab. Als er die Hand nach ihr ausstreckte, wich sie nicht zurück. Und als er unendlich sanft mit den Fingern über ihre Wange strich, schloss sie für einen Moment die Augen. Er spendete ihr Trost und gab ihr Halt in dieser neu entdeckten Welt. »Die Klingen brauchen Sie, London«, sagte er leise.
Jetzt wich sie zurück, wandte sich von ihm ab und trat an die Reling. Auf allen Seiten herrschte endlose Dunkelheit. Wasser und Himmel waren schwarz, die Sterne funkelten in der klaren Nacht. Sie wünschte sich, von der Last der Geheimnisse hinabgezogen und von der Finsternis verschluckt zu werden. Irgendwo dort draußen befanden sich ihr Vater, Fraser und Chernock. Sie alle gehörten den Erben von Albion an. Wie lange würde es dauern, bis sie ihr Verschwinden bemerkten? Und was dann?
»Ich weiß nicht, was Sie von mir erwarten«, sagte London, den Blick auf das Meer gerichtet.
»Kommen Sie auf unsere Seite«, erwiderte er dicht hinter ihr. »Schließen Sie sich unserem Kampf an.«
London brachte ein ersticktes Lachen hervor. »Sie sind wirklich sehr amüsant, Mr Day. Vielleicht haben Sie es noch nicht gemerkt, aber ich bin keine große Kämpferin. Als Sie mich aus meiner Kabine entführt haben, hatte ich Ihnen nicht das Geringste entgegenzusetzen.«
»Wir bringen Ihnen bei, wie man sich verteidigt …«
»Und ich habe keine magischen Kräfte.«
»Athene ist eine Ausnahme unter den Klingen. Keiner von uns darf Magie verwenden, es sei denn, sie steht uns von Geburt an zur Verfügung oder man hat sie uns geschenkt. Athene entstammt einem alten Hexengeschlecht. Und ich«, sagte er und trat noch näher an sie heran, sodass sie seine Körperwärme spüren konnte, »bin nur ein einfacher Mann.«
Als London plötzlich bewusst wurde, dass sie nur ihre Nachtwäsche trug und nichts darunter, hielt sie die Luft an. Erst jetzt, da er so dicht hinter ihr stand, bemerkte sie ihre relative Nacktheit. Vielleicht verfügte er nicht über echte Magie, aber auf sie übte er einen ganz eigenen Zauber aus.
Sie drehte sich zu ihm um und musste den Kopf in den Nacken legen, um in seine Augen zu sehen. »Das ist unmöglich. Ich kann meinem Vater, meiner Familie und allem, was mir vertraut ist, nicht einfach den Rücken kehren. Ich muss meinem Vater die Chance geben, all Ihre Behauptungen zu widerlegen«, hauchte sie.
Day öffnete den Mund, um ihr zu widersprechen, doch da schaltete sich Athene ein: »Wir dürfen sie nicht zwingen, Bennett. Eine Klinge muss immer aus
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