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Die Klingen der Rose: Ein unwiderstehlicher Schurke (German Edition)

Die Klingen der Rose: Ein unwiderstehlicher Schurke (German Edition)

Titel: Die Klingen der Rose: Ein unwiderstehlicher Schurke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoë Archer
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Augen geöffnet. Und nun sah sie mehr, als ihr lieb war.
    »Ein ziemlich trister Ort, finden Sie nicht?«, fragte Fraser. »Nichts als Steine, Unkraut und halb verschüttete Ruinen.«
    Sie suchten sich ihren Weg über den unebenen Boden. Wild wachsende Disteln und spärliche Grashalme strichen über Londons Rocksaum, der kräftige Nordwind zerrte an ihrem Hut. Schutz bot lediglich der Windschatten des Berges Kythos, der das Erkennungsmerkmal der Insel war. Delos war einst Pilgerstätte und reiches Handelszentrum gewesen. Jetzt wirkte die Insel nur noch rau und unbelebt. Sonne und Zeit hatten den Glanz früherer Zeiten zerstört.
    »Ich fühle mich dieser Insel verwandt«, murmelte sie.
    »Was heißt das?« Fraser blinzelte sie an.
    »Es gefällt mir hier«, erklärte London. »Die Insel ist von einer gewissen schlichten Eleganz, die auf alles Überflüssige und Unwichtige verzichtet.«
    Fraser tupfte sich mit einem Taschentuch die Stirn ab. »Ach so, ja, absolut.« Er steckte das Tuch zurück in seine Jackentasche. »Wir sind fast da. Dann können Sie sich abkühlen und etwas ausruhen. Und wenn Sie sich besser fühlen, versuchen Sie es noch einmal mit den Inschriften.«
    London schwieg. Die Nervosität der Erben wuchs, auch wenn sie ihr gegenüber ihre Ungeduld nicht äußerten. Stattdessen tänzelten ihr Vater und Fraser dienstfertig um sie herum und boten ihr Klappstühle, Feldflaschen mit Wasser und sogar geschälte Aprikosen an. Als gelte es, eine reizbare launische Göttin zu besänftigen, brachten sie ihr Opfergaben dar. Mit mäßig gezügelter Gereiztheit warteten die Erben darauf, dass sie die Geheimnisse der Ruinen lüftete.
    Sie hatten Delos am gestrigen Morgen erreicht. Während das Lager errichtet wurde, brachten ihr Vater und Fraser sie zu den Ruinen, die weit entfernt von der Ausgrabungsstätte der französischen Archäologen im Westen der Insel lagen.
    »Außer den Erben, die diese Stelle vor wenigen Monaten entdeckt haben«, hatte ihr Vater erklärt, »kennt sie niemand sonst. Wir haben uns große Mühe gegeben, die Franzosen von hier fernzuhalten.«
    Sie ahnte, wie diese »Mühe« aussah. Vielleicht hatten sie die Franzosen bestochen. Oder ihnen Gewalt angedroht. Alles schien möglich.
    Sie hatte gestern und heute den ganzen Tag bei den Ruinen verbracht und die Inschriften studiert. Aber je mehr Worte sie entschlüsselte, desto weniger verstand sie den Sinn dahinter. Auf diesem von Sonne und Wind umflorten Fleckchen Erde befielen sie Unsicherheit und Zweifel. Einsamkeit ergriff sie, nicht weniger schneidend als der Wind.
    »Da sind wir«, sagte Fraser. Das Lager der Erben lag am südwestlichen Rand von Delos und bestand aus einem Dutzend Zelten und drei Holztischen. Verglichen mit dem alten Marmor, der überall auf der Insel zu sehen war, wirkte das alles erbärmlich vergänglich. Bei klarer Sicht konnten sie im Süden hin und wieder die Inseln Paros und Naxos erkennen.
    Als London und Fraser auf das Lager zukamen, unterbrachen die bewaffneten Männer vom Schiff ihre Patrouille und ergriffen ihre Gewehre. »Fraser und Mrs Harcourt«, verkündete Fraser auf Englisch.
    Zufrieden mit dieser Auskunft setzten die Wachen ihren Rundgang fort. Londons Blick zuckte zu den Waffen, mit denen die Männer geschickt und selbstbewusst umgingen. Ihr Vater und Fraser behaupteten, die Wachen seien zu ihrem Schutz da, auf London wirkten sie allerdings wie Gefängniswärter.
    Fraser brachte sie zurück in ihre »Zelle«. London teilte sich ein Zelt mit Sally. Als sie näher kamen, stürzte die Zofe bereits heraus. Zwischen ihre Brauen grub sich eine tiefe Sorgenfalte.
    »Ist alles in Ordnung, Madam?«, fragte sie besorgt. Als Sally einigermaßen von ihrer Seekrankheit genesen war, hatte Londons Vater ihr eine gepfefferte Strafpredigt über die Vernachlässigung ihrer Aufgaben gehalten. Jetzt wachte die Zofe ebenso scharf über sie wie die Männer mit den Gewehren.
    »Alles in Ordnung, ich …«, begann London, doch Fraser unterbrach sie.
    »Mrs Harcourt ist überhitzt. Sie braucht Erfrischung und Ruhe.«
    Sally holte sofort eine Feldflasche mit Wasser und reichte sie London mit einem Knicks. London trank einen kleinen Schluck, um ihren Mund vom Staub zu befreien. Auf Delos gab es kein Wasser, und wenn ihre Vorräte zur Neige gingen, musste das Dampfschiff auf Mykonos Nachschub besorgen. Abgesehen von Unkraut gediehen auf Delos nur Eidechsen, die über die Steine flitzten und die Menschen mit wachen glänzenden Augen

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