Die Klingen der Rose: Ein unwiderstehlicher Schurke (German Edition)
Chernock und Fraser daneben und bemühten sich um möglichst ausdruckslose Mienen. Edgeworth hätte ihnen am liebsten einen Gewehrkolben ins Gesicht gehämmert. Doch er brauchte Männer für die Mission, also zügelte er seine Wut und ließ sie an leblosen Gegenständen aus. Das verschaffte ihm jedoch keine echte Genugtuung.
Man hatte ihn bestraft. Genau das war es – eine Strafe. Sein eigenes Kind, sein Herzblut. Als kleines Mädchen hatte sie kurze Röcke getragen, später dann weiße Ballkleider und schließlich ein Hochzeitskleid. Er hatte sie verwöhnt und vor der bösen Welt beschützt. Sie hatte mehr Spielzeug und mehr Puppen und Kleider besessen, als irgendein Mädchen brauchte. Er hatte ihre Launen und verrückten Ideen geduldet, zumindest bis zu einem gewissen Punkt. Sie wollte auf die Universität gehen. Stattdessen hatte sie eine Erzieherin bekommen, als sie schon längst dem Alter entwachsen war, in dem sie noch etwas Sinnvolles lernen konnte. Er hatte sich große Mühe gegeben, sie zu einer vorbildlichen Engländerin zu erziehen, ihr die Werte des Landes nahezubringen und sie nach dem britischen Ideal zu formen.
Noch immer sah er London auf dem Boot der Klingen stehen, wie sie die Hand gehoben und ihm zum Abschied zugewinkt hatte. Wie am Fenster eines Zuges, der lärmend und dampfend den Bahnhof verließ, um sie ihrem Ziel entgegenzutragen. In Londons Fall hieß dieses Ziel Verrat. Und er blieb auf dem Bahnsteig zurück … nachdem er ihr die Fahrkarte für diese Reise gekauft hatte.
Eine Frau zu involvieren, verstieß gegen die heiligen Prinzipien der Erben von Albion. Nun erhielt er die Strafe dafür. Er hatte es nicht anders verdient.
Aber er konnte nicht glauben, dass London ihn verraten hatte. Unmöglich! Er war Joseph Edgeworth und sie war sein Kind. Unfassbar, dass sie ihm nicht gehorchte!
Edgeworth stand keuchend inmitten der Trümmer. Schließlich bahnte sich Chernock einen Weg durch die zerstörten Möbel und eingestürzten Zelte und kam zu ihm.
»Day ist ein Schürzenjäger«, sagte der Zauberer. »Er hat das Mädchen ganz offensichtlich verführt. Es ist nicht Ihre Schuld.«
Edgeworth begriff. »Ja … verführt. Genau, das ist es. Frauen sind schwache Wesen, völlig unabhängig von ihrer Intelligenz. Auch meine Tochter ist nur eine Frau. Ihre Gefühle haben sie vom rechten Weg abgebracht.« Grimmig, aber beruhigt spürte Edgeworth, wie seine Wut verrauchte. »Day ist ein Meister im Manipulieren von Frauen. Wer weiß, was er ihr für einen Unsinn erzählt hat, nicht wahr?«
Mit blutverkrustetem und ramponiertem Gesicht stöhnte Fraser: »Wenn ich Day das nächste Mal begegne, schneide ich ihm seine verdammten Eier ab.« Sicher gab es überall in Europa wahre Heerscharen von Männern, die sich ihm mit Freuden anschließen würden.
»Ich kann einen Sturm heraufbeschwören«, bot Chernock an, »der ihr Boot beschädigt. Dann könnten wir …«
»Nein«, fiel ihm Edgeworth ins Wort. »Ich will London nicht in Gefahr bringen. Wenn es uns gelingt, sie von Day zu trennen und seinem Einfluss zu entziehen, wird sie einsehen, dass sie nur verführt wurde. Da bin ich sicher.«
Edgeworth bemerkte nicht, dass Chernock und Fraser einen knappen, aber bedeutungsvollen Blick wechselten.
»Wir müssen herausfinden, wo sie hinfahren«, fuhr Edgeworth fort. »London hat behauptet, die Inschriften der Ruinen nicht zu verstehen, aber wahrscheinlich hat Day sie zum Lügen angehalten.«
»Was ist, wenn die Klingen die Quelle zuerst erreichen?«, fragte Fraser in kläglichem Ton. »Die Erben brauchen diese Quelle. Es hat uns Jahre gekostet, die Tafel zu entschlüsseln und hierher zu finden.«
» Das Griechische Feuer wird aus der Sonne geboren «, zitierte Chernock. Auch er hatte die Tafel viele Male gelesen. Keiner der Erben hatte die Bedeutung gekannt. Erst mit der Entdeckung von Delos hatte alles einen Sinn ergeben.
»Das Griechische Feuer verschafft der britischen Marine unendliche Macht über das Meer«, sagte Fraser. »Aber solange wir die Inschrift nicht verstehen, irren wir blind umher.«
Chernock zeigte sein schreckliches Lächeln. »Machen Sie sich keine Sorgen, Gentlemen. Ich kenne eine zuverlässige Methode, die Flüchtlinge aufzuspüren. Dazu benötige ich lediglich«, er zog einen gefährlich aussehenden Dolch mit schwarzer Klinge aus seinem Gürtel, »ein bisschen Blut.«
* * *
Es fiel ihr leichter, die Kunst des Segelns zu erlernen, als sich mit ihrem neuen Leben zu befassen. Als
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