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Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition)

Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition)

Titel: Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Archer
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müssen aufbrechen. Sofort!«
    Doch die Männer beachteten ihn nicht, selbst als Thalia sie auf Mongolisch drängte und Gabriel sie mit jedem englischen Schimpfwort bedachte, das er kannte. Sie banden die Zweige an die Schwänze ihrer Pferde und stiegen wieder auf. Einer der Männer, den Gabriel vom Nadaam kannte, sprach kurz mit Thalia, bevor er sein Pferd antrieb. Die zwanzig Männer ritten mit ihm in Richtung Westen davon. Dabei schleiften die an den Pferdeschwänzen befestigten Zweige über den Boden und wirbelten gelbe Staubwolken auf. Ein dichter gelber Schleier hing in der Luft.
    »Was zum Teufel machen die da?«, fragte Gabriel. »Sie hinterlassen eine Spur.«
    »Aber nicht unsere Spur«, erwiderte Thalia und schüttelte den Kopf.
    Gabriel lachte schroff auf. Sie hatte recht. Mit ihrer riesigen Staubwolke gaukelten ihre mongolischen Verbündeten den Erben vor, Thalia und Gabriel ritten Richtung Westen, brachten ihre Verfolger so von ihrer Fährte ab und gewährten ihnen Deckung. »Ein alter Trick aus den Tagen Dschingis Khans«, erklärte einer der zurückgebliebenen Reiter. Gabriel bewunderte unweigerlich ihren Mut. Sie hatten Eier aus Stahl. Doch ihm blieb keine Zeit für Bewunderung. Thalia, er und die anderen Reiter wendeten ihre Pferde und rasten weiter in die erbarmungslose Wüste.
    Henry Lamb wirkte wie ein Schwuler, fand Jonas Edgeworth. Er hatte sich bei seinem Vater darüber beklagt, dass er ihn mit einem Kerl in die Mongolei schickte, dessen Unterhosen intensiver gestärkt waren als bei anderen Männern die gesamte Garderobe; einschließlich der Hemden für die Kirche. Herrgott, Lamb spielte noch nicht einmal Kricket . Doch Joseph Edgeworth hatte darauf bestanden, dass sein Sohn Lamb begleitete.
    »Schwul oder nicht«, hatte sein Vater gesagt, »Lamb ist ein wertvolles Mitglied der Erben. Er kann dir dort draußen einiges beibringen, das du zu Hause nicht lernst.«
    Jetzt lernte Jonas gerade, dass man Henry Lamb niemals verärgern durfte. Der Mann mochte homosexuell sein, aber wenn ihn die Wut packte – der Teufel stehe ihm bei. Satan persönlich würde sich vor Angst in seine Schwefelhosen pinkeln.
    Als Lamb begriff, dass man sie ausgetrickst hatte und sie einen Tag lang nicht hinter Thalia Burgess und ihren Begleitern hergeritten waren, konnten nur Gott und Königin Victoria ähnlichen Schrecken verbreiten. Die achtzig kampferprobten skrupellosen Fanatiker, die Tsend besorgt hatte, kauerten unterwürfig beieinander. Lamb tobte und wütete, riss einen kleinen Baum aus dem Boden und donnerte den Stamm einem unglücklichen Lockvogel, den sie erwischt hatten, auf den Kopf.
    Jonas, dem Gewalt eigentlich nicht fremd war, konnte nicht mitansehen, wie Blut und Gehirnmasse zahlreiche Flecken auf Lambs makelloser Kleidung hinterließen. Als der Bursche schon so gut wie tot war, tobte Lamb sich noch immer an ihm aus. Mit seinem erstklassigen funkelnden Sheffieldmesser schnitt er ihn in Stücke, die er den Tieren überließ. Jonas wurde übel, er befürchtete jedoch, dass jedes Anzeichen einer Schwäche Lamb nur noch rasender machte. Also schluckte er heftig dagegen an und sah weg, als Henry Lamb sein wahres Gesicht zeigte.
    Nach einer halben Stunde schien Lamb sich so weit beruhigt zu haben, dass Jonas mit ihm sprechen konnte. »Jesus, Lamb«, sagte er, als beide aufstiegen, »das war aber nicht nötig, oder?«
    Lamb würdigte die geschändeten Überreste kaum eines Blickes. Ihn beunruhigten mehr die Flecken auf seiner Kleidung aus der Bond Street. Er schnalzte missbilligend mit der Zunge und runzelte die Stirn wie ein Diener, der die Folgen nächtlicher Ausschweifungen auf einem Dinnerjacket begutachtete.
    »Ach das«, erwiderte Lamb gedehnt. »Das ist nichts verglichen mit dem, was ich mit diesem Kerl aus Yorkshire vorhabe.«
    »Und das Mädchen?«
    Bei dem Leuchten in Lambs Augen krampfte sich Jonas’ Magen zusammen. »Bei ihr wird es nicht ganz so schnell gehen.«
    Mit diesen Worten schickte Lamb die Männer los, und keiner von ihnen beklagte sich, egal wie müde und hungrig sie waren. Kein einziger. Jonas ritt neben Lamb und fragte sich, was er, wenn überhaupt, seinem Vater erzählen sollte.

15
    FREUND ODER FEIND?
    Die Ruhe war nur von kurzer Dauer.
    So sehr Thalia den Mut und die Genialität ihrer Mitstreiter bewunderte, nichts konnte die Erben für immer aufhalten, es sei denn eine echte Niederlage. Und sie wusste nicht, wie sie das erreichen sollten. Sie waren nur noch zu sechst, die Erben waren

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