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Die Klinik

Die Klinik

Titel: Die Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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gehörte, die aufkreischten und um einen Morgenrock rannten.
    »Hallo«, sagte er. »Ich bin kein Einbrecher. Ich bin Adam Silverstone.«
    »Silverstone. Irgendwie mit den Booksteins verwandt?«
    Ihre Stimme klang belegt, aber sowohl das tiefe Register als auch das kurzsichtige Starren waren vielleicht darauf zurückzuführen, daß sie getrunken hatte. Sie tappte herein und stand schwankend da.
    »He«, sagte er, streckte den Arm aus, um sie zu stützen, und entdeckte einen Augenblick später zu seiner Verblüffung, daß sie sich an ihn lehnte, den Kopf an seiner Brust.
    »Nicht verwandt«, sagte er. »Ich arbeite mit Rafe. Er hat die Objektträger vergessen.«
    Sie ließ den Kopf zurücksinken und sah ihn an, ohne von ihm abzurücken. »Er hat von Ihnen gesprochen. Der Rivale.«
    »Ja.«
    »Der arme Rafe«, sagte sie. »Guten Tag.« Sie küßte ihn; ihr Mund war warm und bitter von Gin.
    »Guten Tag«, sagte er höflich. Diesmal küßte er sie, und der Gedanke war da, bevor der Kuß vorbei war. Als er sie ansah, wußte er, daß er Meomartino auf eine absurd klassische Art vernichten konnte: im eigenen Haus des Gegners, während Spurgeon unten im Wagen wartete und das Dienstmädchen sie jeden Augenblick überraschen konnte.
    Aus einem anderen Teil der Wohnung hörte er den kleinen Jungen fröhlich lachen.
    Außerdem war die Dame betrunken.
    »Entschuldigen Sie mich«, sagte er.
    Er machte sich los, nahm die Glasplättchen und ließ die Frau mitten im Zimmer zurück. Der kleine Junge war mit seinem Essen fertig und saß vor dem Fernsehschirm.
    »Wiedersehen!« rief er, ohne die Augen von Bozo dem Clown abzuwenden.
    »Wiedersehen«, sagte Adam.
     
    Zwei Tage später kam sie ins Krankenhaus.
    Sie kamen eben alle von den Visiten in Adams Büro, und als er die Tür öffnete, sah er als erstes den über seinen Stuhl geworfenen Nerzmantel. Sie trug ein schickes schwarzes Kostüm und sah wie ein Photomodell einer Zeitschrift der eleganten Welt aus.
    »Liz«, sagte Meomartino.
    »Man sagte mir, daß ich dich hier treffen könnte, Rafe.«
    »Ich glaube, du kennst diese Herren noch nicht«, sagte Meomartino. »Spurgeon Robinson.«
    »Oh, hallo«, sagte Spurgeon und drückte ihr die Hand.
    »Adam Silverstone.«
    Sie streckte ihm die Hand hin, und er nahm sie, als sei es eine verbotene Frucht. »Guten Tag.«
    »Guten Tag«, sagte sie.
    Er konnte Meomartino nicht ansehen. Ein Shakespearezitat über einen Hahnrei fiel ihm ein. Er murmelte einen Abschiedsgruß, während die übrigen vorgestellt wurden, kehrte auf die Station zurück, arbeitete schwer, war jedoch unfähig, den Gedanken an die Frau, die sich ihm im Pyjama ihres Mannes angeboten hatte, zu verdrängen.
    Mitten am Nachmittag, als er zum Telephon gerufen wurde, wußte er schon, bevor er sich meldete, wer es war.
    »Hallo«, sagte sie.
    »Wie geht’s?« murmelte er mit schwitzenden Handflächen.
    »Ich fürchte, ich habe etwas in Ihrem Büro verloren.«
    »Was denn?«
    »Einen Handschuh. Schwarzes Ziegenleder.«
    »Ich habe ihn nicht gesehen. Leider.«
    »O Himmel. Wenn Sie ihn finden, verständigen Sie mich?«
    »Ja. Natürlich.«
    »Danke. Adieu.«
    »Adieu.«
    Als er eine Viertelstunde später in sein Büro zurückkehrte, kroch er unter den Schreibtisch, wo der Handschuh noch immer lag, und wohin sie ihn zweifellos geworfen hatte. Er holte ihn hervor, saß einen Augenblick da und rieb das weiche teure Leder zwischen den Fingern. Wenn er ihn an die Nase hielt, brachte das Parfüm sie zu ihm zurück.
    Jetzt ist sie nüchtern, dachte er.
    Er suchte die Nummer im Telephonbuch, wählte sie, und sie antwortete sofort, als hätte sie gewartet.
    »Ich habe ihn gefunden«, sagte er.
    »Was?«
    »Den Handschuh.«
    »Oh, fein«, sagte sie. Und wartete.
    »Ich kann ihn Rafe mitgeben.«
    »Er ist so zerstreut. Er wird ihn nie heimbringen.«
    »Nun, ich bin morgen dienstfrei. Ich kann vorbeikommen.«
    »Ich hatte vor, Einkäufe zu machen.«
    »Ich muß auch verschiedenes besorgen. Treffen wir uns doch, ich übergebe Ihnen den Handschuh und lade Sie auf einen Drink ein.«
    »Gut«, sagte sie. »Zwei Uhr?«
    »Wo?«
    »Kennen Sie The Parlor? Es ist nicht weit vom Prudential Center.«
    »Ich werde es finden«, sagte er.
     
    Er war zu früh dran. Er setzte sich auf eine Steinbank im Prudential Center und sah den Eisläufern zu, bis seine Sitzbacken und Füße erstarben, dann gab er es auf, ging die Boylston Street hinunter und in die Halle. Abends würden hier zweifellos einige

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