Die Klinik
Quartalsäufer und Männer und Frauen nach Vergnügen jagen. Jetzt waren nur Stundenten zu einem späten Mittagessen da. Er bestellte eine Tasse Kaffee.
Als sie hereinkam, waren ihre Wangen vor Kälte hochrot. Er bemerkte zum zweitenmal, daß sie einen ausgezeichneten Geschmack besaß. Sie trug einen schwarzen Tuchmantel mit Biberpelz, und als er ihr heraushalf, sah er anerkennend ein beigefarbenes Strickkleid, sehr einfach geschnitten, als ein einziges Schmuckstück eine alte Kamee.
»Möchten Sie einen Drink?« fragte er.
Sie blickte auf seine Kaffeetasse und schüttelte schnell den Kopf. »Es ist wirklich zu früh dafür, nicht?«
»Ja.«
Sie bat um eine Tasse Kaffee, und er bestellte ihn, aber als er gebracht wurde, sagte sie, sie wolle ihn nicht. »Fahren wir ein Stück?« fragte sie.
»Ich besitze keinen Wagen.«
»Oh, dann gehen wir zu Fuß.«
Sie zogen die Mäntel an, verließen die Halle und gingen in Richtung Copley Square. Er konnte sie nicht ins Ritz oder ins Plaza oder sonst ein elegantes Hotel führen, dachte er. Sie würden unweigerlich in jemanden hineinlaufen, den sie kannte. Es war sehr kalt, sie begannen beide zu frösteln. Er sah sich verzweifelt nach einem Taxi um.
»Ich fürchte, ich muß einmal verschwinden«, sagte sie.
»Macht es Ihnen etwas aus, zu warten?«
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite lag das Regent, ein drittklassiges Hotel, und er lächelte sie bewundernd an.
»Aber gar nicht«, sagte er.
Während sie in der Damentoilette war, nahm er ein Zimmer. Der Portier nickte uninteressiert, als er sagte, daß ihr Gepäck vom Flughafen Logan nachkommen würde. Als sie in die kleine Halle zurückkam, nahm Adam sie am Ellbogen und führte sie sanft zum Lift. Sie sprachen nicht. Sie hielt den Kopf hoch und starrte vor sich hin. Als er die Tür des Zimmers Nr. 314 hinter sich geschlossen hatte, wandte er sich ihr zu, und sie sahen einander an.
»Ich habe vergessen, den Handschuh mitzubringen.«
Später schlief sie, während er neben ihr in dem überheizten Zimmer lag und rauchte, und schließlich erwachte sie und sah, daß er sie beobachtete. Sie streckte die Hand aus, nahm ihm die Zigarette aus den Lippen, zerdrückte sie sorgfältig in dem Aschenbecher neben dem Bett, dann wandte sie sich ihm zu, und das Ritual begann von neuem, während sich draußen das graue Licht verdunkelte.
Um fünf Uhr stieg sie aus dem Bett und begann sich anzukleiden.
»Muß das sein?«
»Es ist fast Zeit fürs Abendessen.«
»Wir können hinuntertelephonieren. Ich würde aber liebend gern darauf verzichten.«
»Ich habe einen kleinen Jungen zu Hause«, sagte sie. »Er muß gefüttert und zu Bett gebracht werden.«
»Oh.«
Sie kam im Unterkleid zu ihm, setzte sich auf das Bett und küßte ihn. »Warte hier auf mich«, sagte sie. »Ich komme zurück.«
»Gut.«
Als sie gegangen war, versuchte er zu schlafen, konnte aber nicht atmen, das Zimmer war zu heiß. Es roch nach Samen, nach Zigarettenrauch und nach ihr. Er öffnete ein Fenster und ließ die arktisch kalte Luft herein, dann zog er sich an, ging hinunter und bestellte ein Sandwich, das er gar nicht wollte, und eine Tasse Kaffee, ging zum Copley Square, setzte sich in die öffentliche Leihbücherei und las alte Exemplare der Saturday Review.
Als er um acht Uhr zurückging, war sie bereits da, unter der Bettdecke. Das Fenster war geschlossen, und es war wieder zu heiß. Die Lampen waren abgedreht, aber das Hotelschild vor dem Fenster blinkte, und wenn es aufblitzte, sah das Zimmer wie eine psychedelische Malerei aus. Sie hatte ihm ein Sandwich mitgebracht, Eiersalat. Sie teilten es miteinander um elf Uhr, und der Geruch von hartgekochtem Ei wurde zu einem Teil der starken Gerüche, die den Tag in sein Gedächtnis einbrannten.
Am Weihnachtsmorgen hatte Adam als Bereitschaftschirurg allein Dienst im OP. Er lag auf der langen Bank in der Küche der chirurgischen Station und hörte den einsamen Geräuschen der Kaffeemaschine zu, als das Telephon läutete.
Es war Meomartino. »Sie werden heute nachmittag irgendwann eine Amputation vornehmen müssen. Ich bin dann schon weg.«
»Schön«, sagte er kalt. »Wie heißt der Patient?«
»Stratton.«
»Den kenne ich gut«, sagte er mehr zu sich als zu Meomartino.
In der vergangenen Woche hatten sie versucht, auf einem arteriellen Umweg die Zirkulation in Mr. Strattons Bein zurückzubringen. Der ursprüngliche Plan war gewesen, die saphena, die Große Vene im Unterschenkel,
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