Die Klinik
herauszuziehen und sie als ein arterielles Übertragungsstück umgekehrt einzupflanzen, so daß die Ventile sich in die gleiche Richtung öffnen würden, in der das Blut durch die Arterie floß. Aber Mr. Strattons Venen hatten sich als miserabel erwiesen, nur zwei Zehntel Zentimeter im Durchmesser, ungefähr ein Viertel des Durchmessers, den die Ärzte gern gesehen hätten. Sie hatten die große arteriosklerotische Platte herausgeschnitten, die den Kreislauf blockierte, und hatten die Arterie mit einem Plastikersatz zusammengefügt, was nur für ein oder bestenfalls zwei Jahre gehalten hätte, aber es ging von Anfang an daneben. Nun war das Bein ein weißes, totes Ding, das man abnehmen mußte.
»Wann wird er heraufgebracht?«
»Ich weiß nicht. Wir versuchen seinen Anwalt zu erreichen, damit er ihn dazu bringt, die Dokumente zu unterzeichnen. Mr. Stratton ist verheiratet, aber seine Frau liegt mit einer gefährlichen Erkrankung im Beth Israel, daher kann nicht sie unterzeichnen. Ich vermute, daß er oben sein wird, sobald der Rechtsanwalt da ist. Wir versuchen ihn seit gestern abend zu erreichen.«
Adam seufzte, als er auflegte, nahm einen grünen Operationsanzug vom Stapel und ging in den Umkleideraum der Jungchirurgen, um seinen weißen Anzug abzulegen. Der Operationsanzug fühlte sich vertraut und behaglich an. Er hob ein Paar schwarzer Plastikstiefel auf, riß die perforierten Oberteile ab und legte die so gewonnenen Plastikstreifen zwischen seinen bestrumpften Fuß und seinen Schuh, bevor er die Stiefel mit elastischen Bändern an seinen Knöcheln befestigte. Dann, zum Kampf gegürtet, gestiefelt und gespornt gegen die Möglichkeit eines elektrischen Funkens, der einen sauerstoffgeladenen OP in einer feurigen Explosion hochgehen lassen könnte, kehrte er zu seiner Küchenbank und seinem Buch zurück, aber nicht für lange.
Als er sich diesmal am Telephon meldete, war es die Unfallstation. »Wir schicken euch einen Mesenterialinfarkt hinauf. Sie können schon anfangen, sich die Hände zu schrubben. Dr. Kender treibt eine ganze Versammlung zusammen, um den Fall zu besetzen.«
»Louise«, rief er, als er auflegte. Die OP-Schwester, die am Fenster saß, legte ihre Stickerei hin.
»Fröhliche Weihnachten«, sagte sie.
Es war eine erfreuliche Tatsache, daß man so viele chirurgische Talente in so kurzer Zeit versammeln konnte. Vierzehn Leute – Schwestern, Chirurgen, Anästhesisten – drängten sich in dem kleinen OP mit den vielen Geräten. Der Patient war grauhaarig, unrasiert und im Koma. Er mochte in den späten Fünfzigern oder frühen Sechzigern sein, hatte einen kräftigen Körper, aber einen großen weichen Bierbauch. Die Polizei, die ihn in seiner Wohnung im Koma gefunden hatte, wußte bereits, daß er herzkrank war und Digitalis nahm. Man nahm an, daß sein Kreislauf als Nebeneffekt der Digitalisdosis in Mitleidenschaft gezogen worden war, obwohl man keine Ahnung hatte, wieviel und wann er es genommen hatte.
Man hatte ihn heraufgebracht, während er schon intravenöse Flüssigkeit bekam, und ein Facharztanwärter für Anästhesie betätigte ein fahrbares Sauerstoffgerät, um ihm atmen zu helfen.
Adam beobachtete Spurgeon Robinson, wie er die Brust des Mannes wusch. »He«, sagte Spurgeon und winkte ihn herbei. Eine Tätowierung. Adam las über den Patienten gebeugt den Satz, und ihm war lächerlich zumute, als er betete: »Lieber Gott, bitte nimm diesen Mann in den Himmel auf… seine Zeit in der Hölle hat er schon abgedient.« Was für ein Leben mochte wohl eine solche Verzweiflung ausgelöst haben, daß sie den Mann veranlaßt hatte, diesen Gedanken wie eine Rüstung zu tragen? Er prägte ihn sich ein, als Spurgeon mit seinen Bausch darüberfuhr und der Satz unter Betadin verschwand. Falls es eine Quelle für dieses Zitat gab, funktionierte Adams Computer nicht.
Der Patient war bereits an einen Schrittmacher angeschlossen. Andere Apparate waren dicht an den Operationstisch gerollt worden, ein Gerät zur Messung der Blutgase, eines zur Messung des Blutvolumens, ein Elektrokardiograph, der wie ein tollwütiges Tier aus Glas und Metall ein Biip-biip-biip von sich gab, und die aufleuchtenden Kurven marschierten über seinen Schirm, während das Herz des Mannes weiter kämpfte.
Kender wartete ungeduldig, bis die Vorbereitungen für die Sterilisation des Operationsfeldes vollendet waren, dann trat er an den Operationstisch heran, nahm das Skalpell von Louise entgegen und machte schnell den
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