Die Klinik
Krankenhaus, möglicherweise verbrannt wie Mr. Grigio. Es passiert jeden Tag, daß Kinder Betrunkene anzünden.
Aber der Anruf kam von seinem Vater persönlich, sagte die Telephonistin. Fünfmal ein 25-Centstück, ein 5- und ein 10-Centstück.
»Adam? Bist du’s, mein Sohn?«
»Was ist los, Paps?«
»Nun, ich brauche ein paar Hunderter. Ich will, daß du sie mir beschaffst.«
Erleichterung und Zorn, wie eine Kinderschaukel.
»Ich habe dir das letzte Mal Geld gegeben. Deshalb bin ich auch wie ein Vagabund hier hergekommen und mußte mir selbst Geld leihen, einen Vorschuß vom Krankenhaus.«
»Ich weiß, daß du selbst keines hast. Ich habe gesagt: beschaff es mir. Hör zu. Borg es dir wieder aus.«
»Wozu brauchst du es?«
»… krank wie ein Hund.«
Plötzlich war es ganz leicht. Er mußte betrunken sein, sonst hätte er nicht so plump gelogen. Nur nüchtern war er gerissen und gefährlich. »Geh in die Medical School und sag Maury Bernhardt – Dr. Bernhardt –, daß ich dich schicke. Er wird mich anrufen, und ich sage ihm, daß er dir alle Pflege angedeihen lassen soll, die du brauchst.«
»Ich brauche Geld, das Geld.«
Es hat eine Zeit gegeben, dachte Adam, da hätte ich etwas versetzt, nur damit du es bekommst.
»Von mir bekommst du nichts mehr.«
»Adam –«
»Wenn du stockbesoffen bist, und es klingt ganz danach, dann werde nüchtern und such dir Arbeit. Ich schicke dir zehn Dollar Zehrgeld.«
»Adam, tu mir das nicht an. Sei barmherzig, Sohn…« Das Schluchzen kam prompt wie auf ein Stichwort. Er war geschickt; er konnte weinen, einfach weil er sich vor die Wirklichkeit gestellt sah. Lachen zu imitieren war schwieriger.
Adam wartete, bis der Anfall vorbei war, und wurde um eine Spur nachgiebiger. »Ich lege noch fünf drauf. Fünfzehn Dollar, aber das ist alles.«
Sein Vater schneuzte sich gemächlich in Pittsburgh auf Kosten der Zusatzgebühr für Ferngespräche. Als er wieder sprach, lag die alte Arroganz wieder in seiner Stimme. »Ich habe ein Zitat für deine Sammlung, du Dampfplauderer.«
»Paps…« Aber dann wartete er aufmerksam.
»Schade, daß du klüger geworden bist, schade, daß du größer geworden bist… Verstanden?«
Adam wiederholte es.
»Ja«, sagte Myron Silberstein und legte auf. Oh, der alte Schurke, wie er den großen Abgang liebte!
Adam stand mit dem Hörer am Ohr da und wußte nicht, sollte er lachen oder weinen, die Augen geschlossen gegen das beharrliche Dröhnen im Kopf, das immer lauter wurde. Er spürte, wie er wegen seiner Gedanken von dem Engel gepackt, hochgehoben, durch die eisige Finsternis geschleudert, von den schrecklichen wartenden Händen aufgefangen und wieder zurückgeschleudert wurde. Als er den Hörer auflegte, läutete das Telephon sofort wieder, und gehorsam warf er die von der Zentrale geforderten zusätzlichen dreißig Cents ein.
Er ging wieder zu Bett, aber an Schlaf war nicht zu denken. Er kannte das Zitat nicht. Schließlich gab er es auf, zog sich an und ging in die Krankenhausbibliothek, um in Bartletts »Zitatenschatz« nachzuschlagen. Das Zitat stammte von Aline Kilmer, deren Gatte Joyce schon früh, als sie sich vermutlich noch immer liebten, getötet worden war. Es standen noch zwei Zeilen dabei:
Schade, daß du klüger geworden bist, schade, daß du größer geworden bist.
Mir warst du lieber, als du noch dumm warst, mir warst du lieber, als du noch klein warst.
Der Stich saß, wie sein Vater es beabsichtigt hatte. Ich sollte ihn einfach vergessen, dachte er, ihn aus meinem Leben streichen.
Statt dessen setzte er sich hin, schrieb einen kurzen Brief, legte die fünfzehn Dollar bei und sandte ihn mit einer Flugpostmarke ab, die er im Schwesternzimmer stahl, während Helen Fultz so tat, als bemerkte sie es nicht.
Gaby Pender.
Sie hatte ihn hypnotisiert, mit ihrer Sonnenbräune am ganzen Körper und mit ihrer saftigen Pflaume. Er dachte ständig an sie, rief sie zu oft an. Sie war beim Studentischen Gesundheitsdienst gewesen, erzählte sie, als er fragte; der Knoten hatte sich als ein Nichts herausgestellt, es war nicht einmal ein Knoten, nur ein Muskel, eine Einbildung. Dankbar sprachen sie über anderes. Er wollte sie wiedersehen, so bald wie möglich.
Susan Garland trat dazwischen, als sie starb. Die Rettung von Joseph Grigios Leben wog den Verlust von Susan Garland nicht auf: Adam entdeckte, daß es in der Medizin keinen Punkteausgleich gibt.
Er wurde von einer Weltmüdigkeit angesteckt, die ihn erschreckte,
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