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Die Klinik

Die Klinik

Titel: Die Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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bog, sah er, daß der kleine Junge bereits aus der Höhle geflohen war, die seine Familie bewohnte.
    Der Junge hockte im Rinnstein und siebte Staub. Sein dunkles Gesicht leuchtete auf, als er Adam müde auf sich zutrotten sah.
    »Mensch, wer ist hinter dir her?« flüsterte er.
    »Das Todeskomitee«, antwortete Adam.

ZWEITES BUCH
 
Herbst und Winter

5
 
R A F A EL MEOM AR TI N O
    Die einzigen Geräusche im Büro Rafe Meomartinos waren die Stimme der Frau und das Singen der komprimierten Luft, die wie Blut durch die Rohre kreiste, die an der Dekke des kleinen Raumes entlang liefen. Das summende Geräusch erfüllte ihn immer mit dem Gefühl einer unerklärlichen heimwehkranken Euphorie, bis er eines Morgens erkannte, daß es dasselbe Gefühl war, das er in einer anderen Welt, in jenem anderen Leben erlebt hatte, als er auf der Veranda des Klubs saß, El Ganso Oro, der »Goldenen Gans«, eines der Stammlokale seines Bruders am Prado; damals war er zwar von Alkohol betäubt gewesen, aber er hörte doch, wie der heiße kubanische Wind in den Palmen krächzend stöhnte, ähnlich dem Geräusch, das jetzt aus den Heißluftrohren des Krankenhauses kam.
    Sie sieht müde aus, dachte er, aber es war nicht nur Müdigkeit, die die Gesichter der beiden Schwestern unterschied; die Frau auf Zimmer zu hatte einen weichen, fast schlaffen Mund, etwas schwächlich vielleicht, aber auch sehr feminin. Der Mund dieser Zwillingsschwester war… eher weibhaft als weiblich, entschied er. Da war keine Schwäche. Wenn die harten, gemeißelten Züge durch das Make-up hindurch überhaupt etwas ausstrahlten, dann war es die Andeutung einer Sprödigkeit, die wie eine Schutzmaske über dem Gesicht lag.
    Während er sie beobachtete, strichen seine Finger über die winzigen Engel, die als Basrelief in die schweren Silberdeckel seiner Taschenuhr, die jetzt vor ihm auf dem Schreibtisch lag, gebosselt waren. Das Spielen mit der Uhr war eine Schwäche, ein nervöser Fetischismus, in den er nur verfiel, wenn er sich in einem Spannungszustand befand; als er es merkte, ließ er davon ab.
    »Wo haben wir Sie endlich erwischt?« fragte er.
    »Bei Harold in Reno. Ich habe gerade ein vierzehntägiges Engagement beendet.«
    »Vor drei Tagen waren Sie in New York. Ich habe Sie abends im Fernsehen in der Sullivan Show gesehen.«
    Sie lächelte zum erstenmal. »Nein, dieser Teil der Show wurde schon vor Wochen auf Band aufgenommen. Ich habe gearbeitet und daher nicht einmal Gelegenheit gehabt, es mir selbst anzuschauen.«
    »Es war sehr gut«, sagte er wahrheitsgetreu.
    »Danke.« Das aufblitzende Lächeln wurde automatisch strahlender und verschwand sofort wieder. »Wie geht’s Melanie?«
    »Sie braucht eine neue Niere.« Wie Dr. Kender dich schon telephonisch unterrichtete, dachte er, bevor du ihm die Andeutung machtest, daß es wahrscheinlich keine von dir sein würde. »Gedenken Sie eine Zeitlang in Boston zu bleiben?«
    Sie erkannte die Bedeutung dieser Frage. »Ich weiß noch nicht. Wenn Sie mich erreichen müssen: ich bin im Sheraton Plaza abgestiegen. Als Margaret Weldon gemeldet«, fügte sie nachträglich hinzu. »Mir wäre es lieber, wenn es nicht bekannt wird, daß Peggy Weld hier ist.«
    »Ich verstehe.«
    »Warum muß es meine sein?« fragte sie.
    »Es muß nicht«, sagte er.
    Sie sah ihn an, bemüht, ihre Erleichterung zu verbergen.
    »Wir könnten Mrs. Bergstrom eine Niere aus einer Leiche übertragen, aber wir werden keine immunologisch so gut passende wie die Ihre bekommen.«
    »Kommt das daher, weil wir Zwillinge sind?«
    »Wenn Sie eineiige Zwillinge wären, dann würden Ihre Gewebe voll harmonieren. Aber soviel uns Melanie erzählt hat, sind Sie zweieiige Zwillinge. Wenn das stimmt, dann ist die Sache schon nicht mehr so vollkommen, aber Ihre Gewebe würden vom Körper Ihrer Schwester bereitwilliger angenommen werden als irgendein anderes, das wir finden könnten.« Er zuckte die Achseln. »Sie hätte damit eine größere Chance.«
    »Ein Mädchen hat nur zwei Nieren«, sagte sie.
    »Nicht jedes Mädchen.«
    Sie schwieg. Dann schlug sie die Augen auf und sah ihn an.
    »Man braucht nur eine Niere zum Leben. Viele Leute sind bloß mit einer Niere geboren worden und haben doch ein hohes Alter erreicht.«
    »Und einige Leute haben eine Niere gespendet, und dann ist mit der anderen etwas schiefgegangen. Und sie sind gestorben«, sagte sie ruhig. »Ich habe das Meine getan.«
    »Stimmt«, gab er zu.
    Sie nahm eine Zigarette aus der Handtasche und

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