Die Knickerbocker Bande 35 - Die Geisterreiter
Morast zu kommen. Ihre Schuhe wurden ihr vom Schlamm von den Füssen gezogen, aber das war nebensächlich. Nach bangen Minuten war das Superhirn der Bande soweit, daß es den Oberkörper vorbeugen und auf den festen Boden vor dem Loch sinken lassen konnte. Mit beiden Händen packte Lilo das trockene Gras und bot alle ihre Kräfte auf, um ihre Beine herauszuziehen. Schließlich mußte das Moor auf- und sein Opfer freigeben.
„Du mußt schnell nach Hause, sonst holst du dir in dem nassen Zeug den Tod!“ ermahnte Dominik seine Freundin wie ein besorgter Vater. Die beiden Jungen stützten das Mädchen auf dem Weg zurück zu den Fahrrädern.
Diesmal mußten sie nicht mehr rennen. Der Geisterreiter war verschwunden. Sie konnten genau auf den Weg achten und auf dem ausgetretenen Pfad bleiben, der ihnen einigermaßen sicher erschien. Die vier Freunde atmeten auf, als sie den Asphalt der Landstraße unter ihren Füßen spürten und sich auf die Fahrräder schwingen konnten.
Im Internat angekommen, stellte sich Lieselotte sofort unter die heiße Dusche und ließ das Wasser lang über ihren durchfrorenen Körper rinnen. Nach und nach tauten auch ihre Erinnerungen und Gedanken auf. Eine Frage ließ sie nicht los: Was wollte der Geisterreiter bei ihr? Hatte er sie vielleicht retten wollen und war von ihren Kumpeln vertrieben worden?
Sobald Lilo an den geheimnisvollen Geist dachte, kehrte die Kälte in ihre Arme und Beine zurück, und sie erschauderte.
Hinweise
Der Mittwoch brach für Lieselotte schon sehr früh an. Sie erwachte kurz vor sechs und konnte nicht mehr einschlafen. Draußen war es noch dunkel, und am langsamen und tiefen Atmen ihrer Knickerbocker-Freunde erkannte sie, daß Axel, Poppi und Dominik noch schlummerten.
Das Mädchen wälzte sich auf den Rücken und starrte zur Decke. Es versuchte Ordnung in die Gedanken zu bringen, die ihm durch den Kopf schwirrten. Lilo ließ noch einmal die Ereignisse der vergangenen beiden Tage an sich vorbeiziehen und kam immer mehr zu dem Schluß, daß es eine einzige entscheidende Frage gab: Warum spukte es plötzlich in St. Martin? Oder genauer: Warum spukte es bei Mr. und Mrs. Gilles und in der Umgebung ihres Hauses?
Nach dem Frühstück kam die Leiterin der Sprachschule und meinte sichtlich beleidigt: „Der ehrenwerte Mr. Gilles hat mich gebeten, euch vorläufig frei zu geben. Ich werde dieser Bitte nachgeben. Sollte ich aber herausfinden, daß ihr diese Großzügigkeit mißbraucht, müßt ihr mit einer harten Strafe rechnen - das garantiere ich euch!“
Axel wollte ihr am liebsten eine Frechheit ins Gesicht schleudern, weil er sich so über die arrogante Art ärgerte.
Lilo aber trat ihm auf die Zehen. „Die dumme Gurke ist es nicht wert, daß du dich über sie aufregst“, flüsterte sie ihm zu.
Als die Bande aus dem Internatsgebäude trat, fragte Poppi: „Und? Was hast du jetzt vor, Lieselotte?“ Das Mädchen mußte zugeben, daß ihm noch keine wirklich gute Idee gekommen war.
Da hielt ein Auto, und Mr. Dexter stieg aus. Der Mann, der um die fünfzig sein mußte, hatte große Ähnlichkeit mit einer Vogelscheuche. Schuld daran war der lächerliche Haarersatz, den er auf dem Kopf trug. Das Ding paßte nicht und sah wie ein zerzaustes Vogelnest aus. Mr. Dexter versuchte stets witzig zu sein, was aber immer danebenging. Bemerkte er dann die verständnislosen Gesichter der Schüler, war er beleidigt.
„Guten Morgen! Ich habe gehört, daß ihr Detektive seid!“ sagte er scherzhaft. „Wer von euch ist denn Sherlock Hohnes und wer Doktor Watson? Und was tun die Mädchen? Kochen die für euch?“
Die Knickerbocker-Freunde sahen ihn abweisend an. Das war wohl der dämlichste Witz, den sie je zu Ohren bekommen hatten.
Mr. Dexter schnaubte ärgerlich und wollte an den Freunden vorbei ins Haus. Da die vier aber genau vor der Tür standen, scheuchte er sie mit einer zusammengefalteten Zeitung, die er in der Hand hielt, auseinander.
„Entschuldigung, Mr. Dexter. Was ist das für eine Zeitung?“ wollte Lieselotte wissen.
Der Mann drehte sich um und faltete sie auf. „St. Martin Post“ stand auf der Titelseite.
„Danke!“ meinte Lilo und drehte sich zu ihren Kumpeln um. „Jetzt weiß ich, was wir tun!“ verkündete sie.
Die Bande radelte in die Stadt und suchte nach dem Haus, in dem die Zeitungsredaktion untergebracht war. Es war nicht schwer zu finden, denn St. Martin war eigentlich keine Stadt, sondern allerhöchstem ein Städtchen. Die meisten
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