Die Knickerbocker Bande 36 - Im Wald der Werwoelfe
- die Frau Doktor hat zu tun und darf unter keinen Umständen gestört werden!” versuchte er die beiden sofort abzuwimmeln.
“Es handelt sich ... nicht gerade ... um eine Verletzung ...” begann Axel.
“Dann kommt später wieder!”
Nein, so ließ sich Axel nicht behandeln! “Wir möchten bitte Frau Doktor Moss sprechen, und zwar auf der Stelle. Es ist sehr wichtig!” sagte er bestimmt.
Igor, der sich schon weggedreht hatte, blickte ihn mit verkniffenem Gesicht an. “Kinder können frech sein!” zischte er. “Wieso habe ich diese Tätigkeit hier nur angenommen? Ich habe so etwas doch gar nicht notwendig.”
Becky sah sich suchend um. Wo steckte die Ärztin überhaupt? Das Zelt war mit Hilfe von Stellwänden in verschiedene Bereiche gegliedert. Es gab ein kleines Labor, einen Raum mit drei Betten, ein Behandlungszimmer und einen Lagerraum.
Becky, die ein besonders praktisch denkendes Mädchen war, bückte sich und blickte unter den Stellwänden durch. Sie erkannte zwei elegante Damenbeine und zwei kräftige Sportlerwaden. Dr. Moss war also da, und einer der erwachsenen Sportler schien sich gerade Rat bei ihr zu holen.
“Raus, raus, raus!” schimpfte Igor und versuchte die beiden Besucher zu verscheuchen.
“Komm, sie ist hinter dieser Wand! Wir gehen einfach zu ihr!” sagte Becky und spazierte frech hinter den Paravent. Axel folgte ihr, und Igor stürzte ihnen wutschnaubend nach.
Im Behandlungsraum erlebten Axel und Becky eine Überraschung. Dr. Moss und Ben Bennet standen eng umschlungen gegen einen Kasten gelehnt und küßten einander. Sie waren so vertieft, daß sie die beiden Kinder zuerst gar nicht bemerkten. Nur durch Igors Gezeter wurden sie auf sie aufmerksam und lösten sich voneinander.
“Was soll das?” schrie Ben Bennet, als hätten ihn die beiden gerade bei einer höchst verbotenen Sache erwischt.
Becky grinste. “Wir haben auch Kummer, wenn auch keinen Liebeskummer, und müssen Ihnen deshalb die Frau Doktor kurz entreißen!”
Dr. Moss lachte auf und warf ihr frisch geföntes Haar über die Schultern nach hinten. Mister Bennet schien nicht zu wissen, was er tun oder sagen sollte. Deshalb beschloß er zu gehen. Er hatte schon fast den Raum verlassen, als er plötzlich umdrehte, zurückkam und ein weißes Papiersäckchen vom Schreibtisch der Ärztin nahm. Hastig ließ er es in der Tasche seiner Trainingsjacke verschwinden und ging.
“Ich habe die Fratzen aufgehalten, aber sie waren so frech, einfach ...!” jammerte Igor.
“Schon in Ordnung!” lachte Dr. Moss und gab ihrem Assistenten ein Zeichen, daß er sich zurückziehen konnte. “Was kann ich für euch tun?” Sie lächelte Becky und Axel freundlich an.
Stammelnd begannen die beiden von den eigenartigen Ereignissen zu erzählen. Axel ergänzte dann, daß er Ben Bennet mit einem Prügel beobachtet und einen Schuß gehört hatte. Es erschien ihm wichtig.
Die Ärztin hörte aufmerksam zu, stellte einige Zwischenfragen und nickte. Sie schien den Bericht sehr, sehr ernst zu nehmen. Als die beiden endlich fertig waren, warteten sie auf ihren Rat. Die Ärztin überlegte kurz und fragte dann: “Sagt mal, nehmt ihr Drogen?”
Empört schüttelten Axel und Becky den Kopf.
“Trinkt ihr Alkohol?”
Axel ekelte vor Alkohol, und Becky hatte erst einmal in ihrem Leben an einem Glas Sekt genippt und ihn für scheußlich befunden.
“Es tut mir leid, aber ihr habt eine zu lebhafte Phantasie”, meinte die Ärztin.
Axel und Becky waren enttäuscht. Dr. Moss glaubte ihnen nicht.
“Axel, du hast etwas erwähnt, das mich sehr stutzig gemacht hat. Du willst Ben vor zwei Nächten gesehen haben ... mit einem Stock ... Das ist gar nicht möglich. Vor zwei Nächten war ich mit ihm zusammen. Er ist ein alter Freund, und wir haben uns hier nach langer Zeit wiedergesehen. Ben hat mich nach Barkerville eingeladen. Wir waren essen und sind erst nach Mitternacht zurückgekommen. Ich glaube, es war halb eins. Sagt, habt ihr vielleicht Angst vor den bevorstehenden Wettkämpfen? Ihr seid doch beide sehr gut, und soviel ich weiß, liegt jeder von euch an zweiter Stelle. Ich gebe euch einen Rat: Vergeßt die Geschichte! Und jetzt Abmarsch!”
Axel und Becky war nicht sehr wohl zumute. Wenn nicht einmal die Ärztin ihnen glaubte, wer dann?
Bis zum Nachmittag hatten die Wettkampfteilnehmer frei. Um drei Uhr begann dann das Langstreckenschwimmen.
Axel hatte allen Mut zusammengenommen und war sogar in den Wald gelaufen. Er wollte nach Spuren
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