Die Knoblauchrevolte
fragte er: »Kannst du nicht etwas schneller machen? Ich schneide drei Reihen, du nur zwei, und trotzdem stehst du mir im Weg.«
»Ich habe keine Kraft mehr«, stöhnte Jinjü halb weinend.
Gao Ma sagte: »Eigentlich ist das ja auch keine Arbeit für Frauen.«
»Man kann sich an alles gewöhnen.«
»Wenn ich einmal heirate, soll meine Frau im Haushalt nach dem Rechten sehen, Essen kochen, Kleider nähen, Hühner und Enten füttern. Um die Feldarbeit braucht sie sich nicht zu kümmern.«
Sie blickte ihn an und keuchte ein wenig, als sie sagte: »Da wird aber jemand Glück haben.«
»Jinjü, kannst du mir sagen, was die Leute im Dorf über mich reden?«
»Ich habe nichts gehört.«
»Hab keine Angst, ich kann das für mich behalten.«
»Es gibt welche, die sagen – du darfst nicht böse werden –, sie sagen, du hast in der Armee einen Fehler begangen.«
»Ja, ich habe einen Fehler gemacht.«
»Man sagt, du hast etwas mit der Frau des Regimentskommandeurs gehabt, und er hat euch ertappt.«
Gao Ma lächelte bitter. »Es war nicht seine Frau, es war seine Schwägerin. Aber ich habe sie nicht geliebt. Ich hasse sie, ich hasse sie alle.«
»Du mußt viel von der Welt gesehen haben«, sagte Jinjü bewundernd.
»Einen Dreck habe ich gesehen«, blaffte Gao Ma. Er legte die Sichel hin, ergriff ein Bündel Weizen, band es zur Garbe, richtete sich wieder auf und versetzte der Weizengarbe einen Fußtritt. »Einen Dreck.«
Etwa um diese Zeit erschien Jinjüs hinkender Bruder, ein etwas über vierzigjähriger Mann, dessen Haare schon grau wurden. Sein ganzes Gesicht bestand aus Falten, das linke Bein war kurz und dünn, so daß sein Gang etwas Schaukelndes hatte. Er blieb in einiger Entfernung stehen und brüllte:
»Jinjü, willst du hier Wurzeln schlagen, warum kommst du nicht essen?« Dabei hielt er, um sie besser beobachten zu können, die flache Hand schützend über die Augen.
Gao Ma fragte leise: »Behandelt dein Bruder dich immer so?«
Jinjü biß sich auf die Lippe. Zwei große Tränenperlen rollten über ihre Wangen.
Seither, seit einem Jahr, seit ich dich weinen sah, findet mein Herz keine Ruhe mehr. Jinjü, ich liebe dich, ich will dich zur Frau. Jedesmal, wenn ich mit dir reden will, weichst du mir aus. Ich will dich aus der Hölle befreien. Sing noch zehn Verse, Zhang Kou, dann werde ich ihre Hand nehmen, auch auf die Gefahr hin, daß sie aufschreit, auf die Gefahr hin, daß ihre Mutter, Tante Vier, sich umdreht und mir eine runterhaut, aber sie wird nicht schreien, sie wird auf keinen Fall schreien, sie ist nicht zufrieden mit dieser unglücklichen Verlobung, die an dem Tag vereinbart wurde, als ihr Bruder sie von der Weizenernte, bei der ich ihr half, nach Hause rief, ein drei Familien bindender Vertrag zwischen ihren Eltern, dem Großvater von Liu Shengli und den Eltern von Cao Wen, ein Drei-Familien-Abkommen, das drei Männer und drei Frauen wie Heuschrecken zusammenband. Was für ein unseliges Tauschgeschäft. Sie hat nichts gegen mich. Ihr Gefühl für mich ist gut. Jedesmal, wenn ich ihr allein begegne, senkt sie den Kopf und huscht an mir vorüber. Aber mir ist nicht entgangen, daß sie Tränen in den Augen hatte. Mein Herz schmerzt, meine Leber drückt, meine Lunge brennt, meine Eingeweide stechen, alles in meinem Bauch tut weh.
»Kommandeur, erteil sofort Befehl, die Truppen aus den Huaying-Bergen in Marsch zu setzen, um das Leben von Schwester Jiang zu retten.« Am gelb strahlenden Schirm der Petroleumlampe hatten sich unzählige grüne Insekten zu Tode gestürzt. »Schwester Jiang wurde verhaftet. Die Volksmassen bangen um ihr Leben. Genossen, ihr müßt einen kühlen Kopf bewahren, die Verhaftung von Jiang Jie macht mir das Herz noch schwerer als euch. Die Mutter schwenkt zwei Pistolen, ihr weißes Haar sträubt sich, aus ihren Augen fallen Tränen«, rezitierte Zhang Kou. Er sang weiter: »Bis heute ist mein Mann noch nicht aus dem Gefangenenlager zurück. Die Hinterbliebenen, Witwen und Waisen, müssen die Revolution weiterführen.« Zhang Kou, sing noch zwei Verse, zwei Verse noch, dann habe ich ihre Hand. Ich bin schon ganz durchdrungen von ihrer Körperwärme, ich rieche den Schweiß ihrer Schultern. »Revolution machen heißt nicht blindlings losschlagen, man muß behutsam Schritt für Schritt vorgehen.«
Plötzlich dröhnte es in Gao Mas Kopf, das Lampenlicht vor seinen Augen dehnte sich zu einer rotierenden, farbigen Wolke. Seine Hand schoß vor, und sei es, daß seine Hand
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