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Die Knoblauchrevolte

Die Knoblauchrevolte

Titel: Die Knoblauchrevolte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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»Angeklagte Fang, geborene Wu, deine Schilderungen beziehen sich nicht auf den hier verhandelten Fall.«
    »Es ist nicht richtig«, sagte Tante Vier, »daß ihr Beamten euch gegenseitig in Schutz nehmt.«
    »Angeklagte Fang, geborene Wu, du weinst und randalierst vor Gericht. Das ist eine Verletzung der Gerichtsordnung. Ich erteile dir im Namen des Gerichtes einen Verweis.« Ungeduldig fügte der Vorsitzende hinzu: »Die Verteidiger haben jetzt das Wort.«
    Von der Verteidigerbank erhob sich ein junger Offizier in Uniform. Der Mann kam Gao Yang bekannt vor, aber er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wo er ihn schon einmal gesehen hatte.
    Der junge Offizier stellte sich vor: »Ich bin Dozent im Range eines Divisionskommandeurs am Seminar für Marxismus-Leninismus der Artillerie-Akademie der Volksbefreiungsarmee. In Übereinstimmung mit Paragraph sechsundzwanzig, Absatz drei der Strafprozeßordnung der Volksrepublik China habe ich das Recht, meinen Vater, den Angeklagten Zheng Changnian, zu verteidigen.«
    Auf den Zuhörerbänken wurde es sofort lebendiger. Von der gewölbten Decke des Saals hallte das Echo der Stimmen. Die Angeklagten drehten die Köpfe nach links und rechts, um einen Blick auf den in ihrer Mitte stehenden alten Mann mit dem weißen Bart zu werfen.
    »Ruhe!« rief der Vorsitzende.
    Die Menge beruhigte sich und wartete darauf, daß der junge Offizier das Wort ergriff.
    Er nahm vor dem Richter Aufstellung. »Herr Vorsitzender, bevor ich mit der Verteidigung meines Vaters beginne, gestatten Sie mir bitte eine Erklärung, die nicht direkt mit dem Thema dieser Verhandlung zu tun hat, aber trotzdem in Beziehung dazu steht.«
    »Ich räume dir das Recht dazu ein«, sagte der Vorsitzende.
    Nun wandte der Offizier das Gesicht der Menge zu. Er stotterte leicht und sprach manche Worte undeutlich aus, aber sein Vortrag war voller Ausdruck und Überzeugungskraft.
    »Verehrtes Gericht, verehrte Zuhörer. Seit der Dritten Plenartagung des Elften ZK der Kommunistischen Partei Chinas hat es in der Situation auf dem Lande gewaltige Veränderungen gegeben. Unser Kreis Paradies bildet da keine Ausnahme. Im Vergleich zur Zeit der Kulturrevolution haben sich die Lebensbedingungen der Bauern wesentlich verbessert. Das ist offenkundig. Aber in den letzten Jahren sind viele von den Vorteilen, die die Wirtschaftsreform den Bauern gebracht hat, Stück für Stück wieder abgebaut worden.«
    Der Vorsitzende klopfte auf den Tisch und sagte: »Verteidiger, schweife nicht zu weit vom Thema ab.«
    »Vielen Dank für den Hinweis. Ich werde sofort mit der eigentlichen Verteidigung beginnen. In den letzten Jahren sind die Belastungen für die Bauern größer geworden. In dem Dorf, in dem mein Vater wohnt, muß man für jeden Morgen, den man mit Knoblauch bepflanzen will, neun Komma acht Yüan Landwirtschaftssteuer bezahlen, dazu zwanzig Yüan Gemeindeabgabe, dreißig Yüan an die Dorfverwaltung und Steuern für den Aufbau der Kreisstadt von fünf Yüan pro Kopf. Beim Verkauf der Knoblauchstengel fallen für die Bauern zusätzlich noch Marktverwaltungssteuer, Eichungsabgabe, Straßenverkehrsgebühr und Umweltsteuer an. Dazu kommen noch alle möglichen Bußgelder. Die Bauern haben für diese Art von Belastungen einen besonderen Ausdruck geprägt. Sie sagen: Die fliegende Wildgans wird gerupft. In den letzten Jahren hat es offene oder versteckte Preiserhöhungen für chemischen Dünger, Schädlingsbekämpfungsmittel und andere landwirtschaftliche Produktionsmittel gegeben, die erheblich waren. Dadurch ist der Gewinn der Bauern immer weiter zurückgegangen. Seit Beginn dieses Jahres haben sich alle diese Erscheinungen, die im Widerspruch zur offiziellen Politik stehen, so verschlimmert, daß die Lage unerträglich geworden ist. Deshalb bin ich der Ansicht, daß es nicht von ungefähr zur ›Knoblauchrevolte‹ im Kreis Paradies gekommen ist.«
    Der Vorsitzende schaute auf seine Armbanduhr.
    »Als es um den Verkauf der Knoblauchernte ging, hat die Ankaufsgenossenschaft gegen die Interessen der Bauern gehandelt. Sie hat auf der Basis persönlicher Beziehungen als erstes die Knoblauchstengel der auf Kreis- und Gemeindeebene tätigen Kader bevorzugt angekauft. Die Massen, die über keine persönlichen Beziehungen verfügten, waren Tag und Nacht erfolglos unterwegs. Das brachte den Volkszorn zum Kochen. Daß sie ihre Knoblauchstengel nicht los wurden, war die Zündschnur zu dieser Revolte. Aber die eigentliche Ursache liegt in der konfusen

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