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Die Knoblauchrevolte

Die Knoblauchrevolte

Titel: Die Knoblauchrevolte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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sah Gao Ma mißvergnügt an und fragte: »Du hier? Was willst du?«
    Gao Ma lächelte ihn an: »Ich will euch besuchen.« Er ging an Fang Yixiang vorbei in den Hof. Die Familie saß um einen Tisch herum beim Abendessen. Es brannte kein Licht. Der Tisch stand im Dunkeln, man konnte nicht erkennen, was es zu essen gab. Gao Ma trat vor und faßte sich, wenn auch beklommen, ein Herz: »Onkel Vier, Tante Vier, ihr seid beim Essen?«
    Onkel Vier schnaubte bloß verächtlich, Tante Vier sagte zurückhaltend: »Ja. Hast du schon gegessen?«
    Gao Ma erwiderte, er habe schon gegessen, und Tante Vier befahl Jinjü schroff, Licht zu bringen.
    »Wozu Licht?« kommentierte Onkel Vier. »Steckt sich etwa einer das Essen in die Nase?«
    Jinjü ging ins Haus, zündete die Petroleumlampe an und stellte sie mitten auf den Tisch.
    Gao Ma sah einen Weidenkorb auf dem Tisch stehen, der einen Stapel dünner Mehlfladen und eine Schüssel Sojabohnenpaste enthielt. Daneben lagen Knoblauchsprossen auf dem Tisch.
    »Willst du wirklich nichts essen?« fragte Tante Vier.
    »Ich bin satt«, sagte Gao Ma. Er sah, daß Jinjü den Kopf gesenkt hielt und steif dasaß. Sie aß nichts und trank nichts. Fang Yijün und Fang Yixiang nahmen jeder einen dünnen Fladen, bestrichen ihn mit Sojabohnenpaste, legten Knoblauchsprossen darauf, rollten alles zusammen und führten es mit beiden Händen zum Mund. Sie aßen schmatzend. Auf ihren Gesichtern traten die Muskeln hervor. Onkel Vier hielt eine langstielige Pfeife in der Hand, sog schlürfend den Rauch ein und musterte Gao Ma mit kalten Augen.
    Tante Vier starrte vor sich hin und bemerkte zu Jinjü: »Warum ißt du nichts? Weshalb sitzt du so stocksteif herum? Übst du etwa, eine Heilige zu werden?«
    »Ich habe keinen Hunger.«
    Tante Vier sagte: »Ich weiß, was du im Kopf hast. Das ist völlig ausgeschlossen.«
    Jinjü blickte Gao Ma an und sagte laut: »Ich will das nicht. Ich will Liu Shengli nicht heiraten.«
    »Widersetzen willst du dich, falsche Brut«, schimpfte Onkel Vier und schlug mit der Tabakspfeife auf den Tisch.
    »Wen möchtest du denn heiraten?« fragte Tante Vier.
    »Gao Ma«, erklärte Jinjü.
    Gao Ma machte einen Schritt nach vorne und sagte: »Onkel Vier, Tante Vier, das Ehegesetz legt fest …«
    Er hatte noch nicht ausgesprochen, da brüllte Onkel Vier: »Prügelt ihn mir fort, diesen Schweinehund, wir werden es ihm zeigen.«
    Die Brüder ließen ihre Mehlfladen fallen, ergriffen die Hocker, auf denen sie gesessen hatten, und stürzten sich auf Gao Ma. Sie schlugen rücksichtslos auf ihn ein. Klatschend traf das Holz seinen Körper. Gao Ma versuchte, sein Gesicht zu schützen, und rief: »Tätlichkeiten sind gesetzwidrig. Gewalt ist gegen das Gesetz.«
    »Ich kenne kein Gesetz«, rief der Ältere Bruder, »das mich hindert, dich totzuschlagen.«
    Jinjü rief weinend: »Gao Ma, mach, daß du wegkommst!«
    Über Gao Mas Kopf floß Blut. »Schlagt mich nur, ich werde euch nicht anzeigen, aber an der Sache mit Jinjü ändert ihr nichts.«
    Tante Vier zielte quer über den Tisch mit dem Nudelholz nach Jinjüs Kopf und traf sie mitten auf die Stirn. »Du unverschämtes Ding, du quälst deine Mutter zu Tode.«
    »Gao Ma, verflucht seien deine Ahnen!« schimpfte Onkel Vier lauthals. »Eher bring ich sie um, als daß ich erlaube, daß sie deine Frau wird.«
    Gao Ma wischte sich das Blut ab, das ihm über die Stirn rann. »Onkel Vier, wenn ihr mich schlagt, das kann ich verkraften, aber wenn ihr Jinjü auch nur ein Haar krümmt, dann zeige ich euch an.«
    Onkel Vier hob die Pfeife und ließ sie auf Jinjüs Kopf niedersausen. Das Mädchen stieß einen Schrei aus und sank zu Boden.
    »Geh nur und zeig mich an!« schimpfte Onkel Vier.
    Als Gao Ma sich bückte, um Jinjü aufzuhelfen, traf ihn der jüngere Bruder voll mit dem Schemel.
    Als er wieder zu sich kam, lag er auf der Gasse. Etwas Haariges stand vor ihm, das dattelbraune Fohlen. Ein paar Sterne leuchteten zwischen den Wolkenschichten hervor und gaben nur ein klägliches Licht. In Gao Zhilengs Haus kreischten die Papageien. Er tastete mit einer Hand nach oben und berührte den seidenglatten Hals des Fohlens. Das Glöckchen an seinem Hals klingelte hell, als das Fohlen mit seinen Lippen über Gao Mas Handrücken strich.
    Am Tag nach der Schlägerei ging Gao Ma zur Gemeindeverwaltung und suchte den Zivilassistenten auf.
    Der Zivilassistent hatte sich bereits einen Rausch angetrunken. Er saß auf einem kaputten Sofa und schlürfte Tee. Als Gao

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