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Die Knoblauchrevolte

Die Knoblauchrevolte

Titel: Die Knoblauchrevolte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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Knoblauchstengel zu Mus verfaulen, mein Gehalt bekomme ich immer noch.«
    »Laßt es gut sein«, sagte Vater, »laßt es gut sein, wir sind alle eine Familie. Verwandte sollten zusammenhalten und nichts in den Mund nehmen, was die Beziehungen stört.«
    »Es geht ums Prinzip«, beharrte Assistent Yang.
    »Laßt mal einen alten Mann was sagen«, erklärte Liu Jiaqing. »Es kommt selten genug vor, daß wir alle miteinander zusammen sind. Die Angelegenheiten des Staates sind nicht unser Problem. Unsere Sache ist es, den Getränken zuzusprechen.«
    »Ja, trinkt noch ein Glas, trinkt noch ein Glas«, stimmte der Ältere Bruder zu, »Großonkel, du auch.«
    »Mein Lieber«, wandte sich Assistent Yang an den älteren Bruder, »mit euch Brüdern muß ich auch ein ernstes Wort reden. Wo ist überhaupt dein Bruder?« Ausgegangen, sagte der Ältere Bruder. »Ihr habt Gao Ma ganz schön zugerichtet.«
    »Diese Mißgeburt totzuschlagen wäre immer noch zu gnädig für ihn«, warf Vater ein.
    »Onkel Vier«, sagte Assistent Yang, »du bist auch so ein hirnloser Kerl. Es ist verboten, Menschen zu schlagen.«
    »Er ist bei uns eingedrungen, und er hat Jinjü den Kopf verdreht«, sagte Vater. »Er ist selbst schuld.«
    »Sich in die Heiratspläne anderer Leute einzumischen ist wirklich gemein«, rief Liu Jiaqing.
    »Gao Ma wollte euch anzeigen«, berichtete Assistent Yang, »aber ich habe ihn abgewimmelt. Es heißt ja, bei Verwandten muß man ein Auge zudrücken. Aber wenn es sich um Fremde gehandelt hätte, wäre die Sache anders ausgegangen.«
    »Onkel Acht«, sagte der Ältere Bruder, »wir sind dankbar für Ihre Umsicht.«
    »Mach deinem Bruder klar, daß ihr in Zukunft keinen Menschen mehr verletzen dürft.«
    »Onkel Acht, Sie wissen doch, wir zwei Brüder sind immer anständig und bescheiden gewesen. Aber dieser Kerl hat uns so provoziert, daß uns die Hand ausgerutscht ist.«
    »Wenn ihr schon zuschlagen müßt, dann schlagt auf den Hintern, auf das weiche Fleisch, aber nicht auf den Kopf.«
    »Onkel Acht, glauben Sie, er kann uns noch weiter Schwierigkeiten machen?«
    »Dieser Mensch …«
    Alle begannen zu flüstern. Jinjü kletterte aufs Fensterbrett und legte das Ohr ans Fensterpapier, um besser zu hören.
    »Wenling ist erst siebzehn«, sagte Cao Jinzhu. »Sie wird keine Heiratserlaubnis bekommen.«
    »Gibt es keinen Weg durch die Hintertür?«
    »Erwartet ihr, daß ich etwas tue, was gegen die Vorschriften ist?«
    »Bei Lanlan wird die Sache noch schwieriger. Sie ist erst sechzehn.«
    »Wenlings Meldepapiere kann man ändern. Aber bei Lanlan geht das nicht, sie gehört nicht zu unserer Gemeinde. Auch mit der größten Hand kann man nicht den ganzen Himmel bedecken.«
    »Laßt das Kind herauskommen, ich möchte mit ihr reden«, sagte Liu Jiaqing laut. Seine Zunge war schon etwas schwer.
    »Ruf sie«, befahl Vater. Auch er hatte Schwierigkeiten beim Sprechen.
    Hastig kletterte Jinjü vom Fensterbrett herunter, streckte sich aus und zog sich das Laken über den Kopf.
    Das tappende Geräusch von Schritten kam immer näher. Sie hoffte, die Dunkelheit könnte sie schützen. Vor Angst zitterte sie am ganzen Körper.
3
    Eh man sich’s versah, nahte schon das Ende des achten Monats nach dem Mondkalender. Die Überwachung durch Vater, Mutter und die Brüder wurde allmählich gelockert. Am Abend wurde das Hoftor nicht mehr abgesperrt, tagsüber durfte sie aus dem Haus gehen. Der Ältere Bruder war doppelt so freundlich zu ihr wie vorher. Erst kürzlich hatte er ihr ein Paar Lederschuhe gekauft. Aber sie warf sie aufs Ofenbett, ohne sie eines Blickes zu würdigen.
    »Schwester«, sagte der Ältere Bruder am Vormittag des 25. August. »Es ist nicht nötig, daß du immer zu Hause hockst. Komm mit mir Bohnen pflücken. Der zweite Bruder muß heute Assistent Yang beim Brikettmachen helfen, und allein schaffe ich die Arbeit nicht.«
    Jinjü ließ sich die Sache durch den Kopf gehen, holte ihre Sichel und begleitete den Bruder.
    In den zwei Monaten, die sie im Hause geblieben war, hatten sich die Felder sehr verändert. Die Ähren des Sorghums hatten sich geöffnet, und die Sonne beschien die dunkelroten Körner. Die Fäden der Maisseide waren vertrocknet. Die Blätter der Bohnen begannen zu vergilben. Der Himmel war blau und die Erde weit. Der kleine Zhou-Berg glich einem umgedrehten dunkelgrünen Fächer, der am Ende des Feldes in der Erde stak. Hoch in der Luft zwitscherten die Vögel, die aus ihren Nestern herausgekommen waren. Ihr

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